Arbeitsberatungsstelle in Berlin: Gute Arbeit hat einen Preis
Im Sozialbereich drohen Kürzungen von 30 Prozent. Das könnte auch die Beratungsstelle für Migration und Gute Arbeit (Bema) betreffen.
Die Beratungsstelle Bema beschäftigt sich mit Ausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel. Besonders Menschen, die kein Deutsch sprechen oder ihre Rechte als Arbeitnehmer nicht kennen, fallen diesen Tatbeständen zum Opfer. So erging es der Bema zufolge auch jüngst einer Gruppe junger Menschen aus Polen, über die die Bema als Beispiel für ihre Arbeit berichtet. Drei Monate hätten sie als Kuriere bei einem großen Logistikunternehmen gearbeitet.
Doch auf das Gehalt warteten sie vergeblich. Sie hätten sich bei ihrem Arbeitgeber beschwert und wussten irgendwann nicht mehr weiter. Wie sich herausstellte, hatte nur eine Person von ihnen hat überhaupt einen richtigen Arbeitsvertrag. Die Bema habe sie dann dabei unterstützt, Fahrtrouten zu sammeln und nachträgliche Stundenbücher zu erstellen. „Dabei geht es schlicht um Beweissicherung“, sagt Monika Fijarczyk von der Bema.
Das 16-köpfige Team bietet in elf Sprachen Beratungen für die Bereiche Arbeits- und Sozialrecht an und schult Migrant:innen über ihre Rechte und Möglichkeiten am Arbeitsplatz. Berlin sei ein Schwerpunkt der Wanderarbeit, sagt Katja Karger, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftbundes (DGB) in Berlin-Brandenburg. Außerdem sei die migrantische Community in Berlin besonders groß.
Um den Lohn betrogen
Viele, die das Angebot in Anspruch nehmen, sind um ihren Lohn betrogen worden. Andere kommen, weil sie in ihrer Arbeit keinen Urlaub nehmen dürfen, kein Krankengeld bekommen oder ohne Sozialversicherung beschäftigt sind. Aber auch bei Fragen zu (Schein-)Selbstständigkeit, der Arbeitserlaubnis oder zu Sozial- und Krankenversicherungen gibt das Team Auskunft. 26 Prozent kämen aus der Dienstleistungsbranche, sagt Fijarczyk.
Besonders Kurier- und Lieferdienste, wie die jungen Menschen aus Polen, seien darunter, bilanziert sie. Fijarczyk betreut bei der Bema den Schwerpunkt Arbeitsrecht. Aus ihrer Erfahrung nutzten vor allem Subunternehmen Arbeitnehmer:innen aus. Bei großen Firmen fielen hingegen eher „zivilere“ Arbeitsrechtsfragen an.
Die Beratungsstelle ist beim Projekt „Arbeit und Leben“ des DGB angesiedelt, wird aber vom Senat mit 1,2 Millionen Euro finanziert. Seit Mai 2022 gibt es ein zusätzliches Team für Geflüchtete aus der Ukraine, das 165.000 Euro benötigt. Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe bekundete auf ihrem Rundgang durch die Bema am Mittwoch ihre Unterstützung: „Zwangslagen oder Unkenntnisse über unser Rechtssystem, aber auch Sprachbarrieren werden teilweise schamlos ausgenutzt“, umso wichtiger sei es, für die notwendige professionelle Hilfe zu sorgen, sagte Kiziltepe.
Oft lange blockiert
Von der Bema heißt es, sie komme kaum mit ihrer Arbeit hinterher. Besonders, wenn sich größere Gruppen meldeten, seien Kollegen oft lange blockiert, berichten die Berater:innen. Um die Arbeit weiter leisten zu können, fordert der DGB deshalb eine dauerhafte Finanzierung, aktuell sind die Mittel bis 2025 befristet. „Wir sind sehr froh, dass die Förderungen von Ein- auf Zwei- und schließlich auf Dreijahresabstände verlängert wurde, trotzdem brauchen wir die dauerhafte Unterstützung“, so Gewerkschaftsvorsitzende Karger.
Im vergangenen Jahr konnten Arbeitnehmer:innen mithilfe der Beratungsstelle mehr als 100.000 Euro an nicht bezahltem Lohn erfolgreich einfordern. Die Kuriere aus Polen haben rund 10.000 Euro Lohn zurückerhalten. Trotz der Konkurrenz um sinkende Mittel will Karger für die Bema werben: „Wir sind in Berlin unerlässlich, das weiß auch der CDU-Finanzsenator Evers.“
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