piwik no script img

Arbeitsbedingungen in der WissenschaftDer Uni-Nachwuchs strampelt weiter

Gastkommentar von Mathias Kuhnt

Das neue Wissenschaftszeitgesetz kommt den Hochschulen zu sehr entgegen. Diese werden junge Mitarbeiter:innen weiter hängen lassen, nur etwas kürzer.

Erstsemester-Begrüßung an der Universität Köln Foto: Christoph Hardt/imago

W ieder eine gescheiterte Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes? Mit dem nun veröffentlichten Referentenentwurf hat das Wissenschaftsministerium weitestgehend die Position der Hochschulleitungen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen übernommen. Diese wollen, bei allen Lippenbekenntnissen zu einer Verbesserung der Situation des wissenschaftlichen Personals, möglichst wenig an den bestehenden Rahmenbedingungen ändern.

Dass die Hochschulen Beschäftigte nach der Promotion nun über vier statt sechs Jahre bedingungslos befristet beschäftigen dürfen, wird sie nicht dazu bewegen, die bestehenden Personalstrukturen zu verändern. Sie werden weiterhin versuchen, sich durchzumogeln, da sie sich mit ihren kleinteiligen Machtstrukturen in einer Lock-in-Situation befinden, die ohne eine Änderung der Rahmenbedingungen nicht aufzulösen ist.

Die nun vorgeschlagene Aufteilung einer an sich schon willkürlichen Grenze der Postdoc-Befristung von sechs Jahren auf vier Jahre Orien­tierung und zwei Jahre Bewährung ergibt auch inhaltlich keinen Sinn. Ist ein Zeitraum von vier Jahren wirklich zur beruflichen Orientierung geeignet oder nicht doch einfach befristete Arbeitszeit? Welche Ziele sollen innerhalb der folgenden kurzen zwei Jahre erreicht werden?

Hochschulen übernehmen keine Verantwortung

Mathias Kuhnt ist Mitglied im Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden.

Im Zweifelsfall wird sich die Verantwortungslosigkeit, die zum großen Teil an den Hochschulen herrscht, nun von zwölf auf zehn Jahre verkürzen. Die Nach­wuchs­wis­sen­schaft­le­r:in­nen werden alles Mögliche machen und machen müssen, und dennoch weiterhin ungewissen Anschlusschancen hinterherrennen.

Nach den vier Jahren Postdoc-Beschäftigung werden die Hochschulen weiterhin keine Verantwortung übernehmen, sondern wie bisher versuchen, auf der Grundlage von Drittmitteln und von Landeshochschulgesetzen weiter zu befristen oder die Wissenschaftler:innen, die bis dahin überwiegend nicht zur Professur gelangt sind, eben nicht weiterzubeschäftigen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Man kann die Anzahl der in der universitären Forschung Beschäftigten nicht unbegrenzt steigern, zum einen, weil die Mittel dafür nicht unbegrenzt zu Verfügung stehen, wenn andere staatliche Aufgaben nicht vernachlässigt werden sollen, zum anderen weil die vom den Universitäten ausgebildeten Leute auch anderswo gebraucht werden, in den Schulen etwa oder in der Industrie. Man hat also nur die Wahl, viele Leute befristet oder von Anfang an wenige dauerhaft anzustellen. Die Frage ist, ob es sinnvoll ist, jedem die Chance zu geben, ein paar Jahre Forschung zu machen, um sich dann in vielen Fällen was anderes suchen zu müssen. Das hängt sicher auch vom Fach ab uns kann nicht pauschal geregelt werden. Man kann allerdings davon ausgehen, dass die meisten Akademiker nach dem Ende einer befristeten Forschungstätigkeit woanders einen relativ gut bezahlten Job finden, in Natur- und Ingenieurwissenschaften sowieso, mit einer gewissen Flexibilität auch bei Geisteswissenschaftlern. Es geht hier also nicht wirklich darum, Menschen vor Not und Elend zu schützen.

  • Der Brain-Drain hat sich ja ohnehin schon zu einer wahren Flut ausgewachsen.



    Von daher kommt es auch mehr d'rauf an.

  • Seit meinem ersten Semester habe ich erlebt, wie schlecht die Hochschulen von der Politik behandelt wurden. Das hat sich bis heute fortgesetzt.



    Brauchen wir keine Akademiker? Können die ruhig ins Ausland abwandern? Patente? Was ist das?



    Fachkräftemangel - ja woher kommt`s?

    Der Traum von einem deutschen Silicon Valley - lässt sich mit diesen tollen Politikern nicht verwirklichen. Aber 100 Mrd für Rüstung, das geht.



    Was für Versager!

  • "...vier Jahre Orien­tierung und zwei JahreBewährung ergibt auch inhaltlich keinen Sinn.."



    Das stimmt uneingeschränkt.

    Aber wie soll denn die Lösung der Hochschulen, "Verantwortung", aussehen? Die Hochschulen können pro Fachgebiet (=Professur) zur Zeit 0,5 bis 3 Stellen, oft 1 Stelle, den neu zu Berufenden anbieten. Mehr gibt kein einziger Etat her. Wenn die Stelle dann mit dem ersten ausgebildeten Nachwuchswissenschaftler auf Dauer besetzt wird, dann gibt es für die nächsten 30 Jahre keine mehr.



    Hochschulen würden gerne mehr Personal einstellen, weil die Belastung für alle geringer würde. Nur die Landeshaushälterinnen haben irgendwas dagegen... 100 Mrd fehlen alleine schon für die energetische Sanierung der Universitäten....