Anwältin protestiert gegen „Dügida“: Drohungen von rechts
Eine Düsseldorfer Anwältin protestiert gegen den dortigen Pegida-Ableger. Jetzt erhält sie Drohungen per Post und im Internet.
DÜSSELDORF dpa | Unten ziehen die Rechtsradikalen skandierend durch die Geschäftsstraße. Die meisten Fenster sind dunkel aber von einem hell erleuchteten Balkon im vierten Stock tönt ohrenbetäubender Lärm. „Nazi go home“ ist in blauer Leuchtschrift über die Fassade geschrieben. Dort sind die Räume der Düsseldorfer Kanzlei von Rechtsanwältin Gülsen Celebi (43).
„Die marschieren jetzt auf meiner Straße“, sagt Celebi über die anti-islamische „Dügida“. Deshalb stehen sie, ihre Kollegen und Freunde jeden Montag auf dem kleinen Balkon und machen Krach. „Wir schlagen auf Töpfe und spielen Musik“, sagt sie. „Wir wollen diese Rechten da unten einfach nicht hören.“ Doch nun wird Celebi anonym bedroht.
Einige Tage später sitzt die Anwältin an ihrem dunkelbraunen Schreibtisch in ihrem Büro. Der Raum wirkt steril. Nur wenige Bilder haben es in das Büro der Rechtsanwältin geschafft. Hinter ihr hängt eine Zeichnung des Galata Turms in Istanbul. Celebi hat verschiedene Zettel vor sich ausgebreitet. „Wir erwarten von Ihnen Zurückhaltung, von einer Muslima brauchen wir keine Ratschläge“, steht handgeschrieben auf dem einem. „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“, hat jemand unter ein Bild mit Schweinen gekritzelt.
Vom Fenster des Büros sieht man die Graf-Adolf-Straße. Hier reihen sich türkische Bäckereien, Cafés und Döner-Läden. Warum sie die wenigen Rechten nicht einfach ignoriert? „Ignorieren ist falsch, 1933 hat man sie auch ignoriert. Und dann haben wir aus der Geschichte gelernt, was danach passiert ist“, sagt Celebi.
Drohungen im Netz
Beim ersten Mal seien die Dügida-Demonstranten noch erstaunt gewesen angesichts des Protests über ihren Köpfen. Über 1.000 Polizisten sorgen dafür, dass Gegendemonstranten sonst nirgends so nah an den Zug des Häufleins Rechtsextremisten herankommen.
„Die wussten ja nicht, wer das hier oben ist.“ Doch dann begannen die Drohungen - im Netz und im eigenen Briefkasten. Und auch die rechtsextreme Dügida-Organisatorin ruft in einem Internet-Video ihre Anhänger dazu auf, Celebi am Rosenmontag einen Besuch abzustatten. „Da bin ich nicht da“, sagt Celebi. „Da feiere ich Karneval.“
Die 43-Jährige will sich davon nicht unterkriegen lassen. Aber Angst habe sie trotzdem, räumt sie ein. „Ich trau denen alles zu.“ Besonders vor den Dummen müsse man sich fürchten: „Denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Celebi hofft auf den Schutz der Polizei. Ein Sprecher der Düsseldorfer Polizei bleibt einsilbig: „Wir kennen das Video und werden das entsprechend bewerten.“
Für Rosenmontag haben die Rechten ihren Aufmarsch abgesagt. Die Polizei hatte ohnehin vor, ihn zu verbieten. Danach wollen die Rechten wieder marschieren. Dann wird Celebi wieder auf ihrem Balkon stehen und Lärm machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen