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Antrag zu Auslandseinsätzen der PolizeiBlaulicht für die Welt

Union, SPD und Grüne im Bundestag fordern die Regierung auf, mehr Beamte für internationale Polizeimissionen zu stellen.

Afghanische Polizeianwärter während ihrer Ausbildung in Kundus (Archivbild) Foto: dpa

Berlin taz | Beinahe hätte die Bundesregierung ihr Versprechen an die UN gebrochen. Im September 2015 hatte sie sich in New York verpflichtet, mehr Polizisten in internationale Friedensmissionen zu entsenden. Ein Jahr später hat sie die Zusage nur knapp erfüllt: Im vergangenen Herbst waren weltweit 20 deutsche Beamte für die Vereinten Nationen im Einsatz. Heute sind es ganze 24.

Dem Bundestag ist das zu wenig. Am Freitagmittag werden die Abgeordneten über einen gemeinsamen Antrag von Union, SPD und Grünen abstimmen. Darin fordern sie die Regierung auf, deutlich mehr Polizisten für internationale Missionen zur Verfügung zu stellen. Konkret soll Berlin Verpflichtungen erfüllen, die eigentlich schon seit einem EU-Beschluss im Jahr 2000 gelten. Demnach soll Deutschland bei Bedarf bis zu 910 Beamte stellen – nicht nur für die UNO, sondern auch für EU- und OSZE-Einsätze sowie für bilaterale Missionen.

Die Polizisten sollen als zivile Komponente den militärischen Teil internationaler Einsätze ergänzen. „Viele Konflikte lassen sich durch rein militärische Missionen nicht lösen. Krisengeschüttelte Länder brauchen auch eine gut ausgebildete Polizei als Voraussetzung für Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit“, sagt Edelgard Bulmahn (SPD), die den Antrag initiiert hat.

Der CDU-Abgeordnete Thorsten Frei sagt: „Die UNO hat uns vielfach darauf hingewiesen, dass sie gerne mehr Polizeibeamte von uns hätte. Für die Missionen werden vor allem Spezialisten gebraucht – da haben wir Kompetenzen zu bieten, die es in anderen Ländern selten in dem Maße gibt.“ Unter anderem geht es um Fachleute zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption.

Allerdings kann die Regierung nicht auf Knopfdruck mehr Personal entsenden. Der Großteil der deutschen Polizisten untersteht den Innenministerien der Bundesländer. Diese geben ihre Beamten ungern für den Auslandseinsatz frei – sie werden schließlich in den eigenen Dienststellen benötigt.

Kritik aus der Linkspartei

Eine mögliche Lösung: Anders als bisher zahlt der Bund während der Einsätze die Gehälter der Beamten. Der CDU-Abgeordnete Frei sagt: „Der Bund steht in der Pflicht, für die Zeit des Auslandseinsatzes die kompletten Personalkosten zu übernehmen.“ Die SPD-Abgeordnete Bulmahn schlägt einen speziellen Personalpool vor: „Der Bund finanziert aufseiten der Länder 3.000 zusätzliche Stellen, dafür müssen die Länder bis zu 3.000 Beamte für Auslandseinsätze und deren Vorbereitung vorhalten.“

Im Antrag selbst ist diese Forderung so konkret allerdings nicht zu finden. Darin steht lediglich, „der größte Teil der Finanzierung der Auslandseinsätze“ obliege dem Bund. Darüber hinaus wird eine Reihe ergänzender Maßnahmen vorgeschlagen, unter anderem ein eigener Lehrstuhl an der Deutschen Hochschule der Polizei, der die Einsätze evaluierten soll.

Während Union, SPD und Grüne den Antrag gemeinsam erarbeitet haben, kommt aus der Linkspartei Kritik. Die Innenpolitikerin Ulla Jelpke sagt: „Diese merkwürdige große Koalition, die den Antrag einbringt, tut gerade so, als ob solche Missionen stets ein Gewinn an Rechtsstaatlichkeit wären. Da erinnere ich mal an den Einsatz der Bundespolizei in Saudi-Arabien.“ Dort würden „Sicherheitskräfte einer brutalen Diktatur“ ausgebildet.

Jelpke fordert daher dreierlei: Deutsche Polizisten dürften nicht die Sicherheitskräfte von Diktaturen ausbilden. Die Polizeimissionen müssten strikt von militärischen Einsätzen getrennt sein. Und der Bundestag müsse ein umfangreiches Mitspracherecht bekommen – inklusive Parlamentsvorbehalt und Rückholrecht.

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8 Kommentare

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  • Soll die Welt jetzt ausgerechnet am deutschen Polizisten genesen? Die SPD mal wieder - und ihre Juniorpartner!

     

    War denn die deutsche Polizei nicht immer ausschließlich für die innere Sicherheit zuständig? Und lässt sie nicht schon seit Jahren ausrichten, sie wäre schon damit überfordert? Hat, wer immer wieder den Einsatz des Militärs im Inneren fordern muss, weil er alleine nicht zurecht kommt, überhaupt genug Kraft für die Unterstützung (grundgesetzwidriger) Auslandseinsätze der Armee?

     

    Immer mehr sparen bzw. streichen und andererseits immer neue Aufgaben übernehmen geht nicht. Auch nicht bei der Polizei. Der Polizeidienst ist ja schließlich echte Arbeit. Die muss jemand erledigen. Jemand, der dafür bezahlt wird. Wenn der deutsche Bundestag also mehr Sicherheit wünscht, dann sollte er sie auch finanzierbar machen durch seine Haushaltsregelungen – zugunsten der Bürger, die derzeit hier in Deutschland leben.

     

    Ich frage mich ernsthaft, was ein "Versprechen" wert ist, mit dem Regierung und Bundestag ihre Kompetenzen überschreiten. Die Polizeiarbeit ist Ländersache. Landesparlamente aber sind für Bundesländer zuständig, nicht für den großen "Rest" der Welt. Seit 70 Jahren drückt sich die Weltgemeinschaft vor der Aufgabe, die UN mit eigenen Vollzugsbehörden auszustatten. Sollte der Bundestag der EU wirklich helfen wollen, sollte er dagegen was tun.

     

    Er wird sich hüten, fürchte ich. Wären die 910 Beamten der UN direkt unterstellt, könnten sich eitle Abgeordnete schließlich nicht einbilden, sie hätten die Kontrolle über sie und also quasi eigenhändig mitgeholfen beim Friedenschaffen und Konfliktbewältigen (bzw. -schüren).

     

    Übrigens: Dass sich viele Konflikte durch rein militärische Missionen nicht lösen lassen, stimmt. Nur: Selbst Deutschland wäre sofort am Ende, hätte es NUR eine Armee und eine Polizei. Außerdem gilt: Ausbilder muss man nicht exportieren. Man kann auch Azubis ins Land lassen - wenn man sich traut.

  • "Viele Konflikte lassen sich durch rein militärische Missionen nicht lösen." Und das von einem SPD Mann, wow!

     

    Aber wieso Polizisten ins Ausland schicken, wenn in Deutschland seit vielen Jahren eingespart wurde und die Polizei Verstärkung braucht?

  • "Am 13. und 18. Juli wurden die bei UNMISS beteiligten deutschen Polizisten auf Grund der Sicherheitslage ausgeflogen. Als Reaktion luden die Vereinten Nationen Deutschland aus der Mission aus."

     

    Schon das Wort Mission ist verräterisch. Grundsätzlich haben wir nicht zu missionieren, d.h. westliche Werte an Völkert zu vermitteln, die sie zumindest zum Teil gar nicht haben wollen. Ihr Wertesystem müssen fremde Völker selbst finden. Und wenn dann sowas wie in Saudi-Arabien rauskommt, dann ist das halt so.

     

    Dann sollte man sich eingestehen, dass niemand das Leben eines d-Polizisten oder d-Soldaten für diese "Mission" riskieren will. Es zählt absoluter Selbstschutz. Maximal zulässig sind Bombenangriffe, die die Piloten nicht gefährden. Besser noch, nur logistische Unterstützung für andere leisten. Feigheit vor dem Feind. Lasst es sein Leute, das bringt nichts. Am d-Wesen wird die Welt nicht genesen.

    • @A. Müllermilch:

      aus dem englischen "mission" = Einsatz...

      • @Sapasapa:

        Was wollte der Wortschöpfer von "mission accomplished" uns damit sagen?

         

        -Einsatz abgeschlossen

        -Auftrag ausgeführt

        -Mission erfüllt

         

        Ich denke, es ging am ehesten in Richtung "Auftrag ausgeführt"

         

        Auftrag von wem?

        -Der Auftrag

        eines höheren Wesens das wir verehren

        -der moralische Auftrag aller Billig- und Gerechtdenkenden

        -der Auftrag des eigenen Gewissens

        -der des Weltgewissens

         

        irgendwer hat jedenfalls einen Auftrag erteilt, der eine höhere Entscheidungsstufe besitzt als derjenige, der unter dem Auftrag zu leiden hat, und der deswegen gegen diesen Auftrag wäre, wenn man ihn fragen würde.

         

        Der BT schickt die BW nicht nur nach Afghanistan um einen Einsatz zu erledigen. Es steckt der Auftrag dahinter, Werte zu vermitteln. Die Taliban sollen endlich lernen, dass Frauen gleichberechtigt sind, dass der Koran nicht im Widerspuch zu westlichen Werten steht etc.

         

        Es geht dem BT um Wertetransfer. Die unzivilisierten Taliban sollen endlich den Vorzug westlicher Werte erkennen.

         

        Nach meiner Auffasung ist das - völlig wertfrei - Mission.

      • @Sapasapa:

        Halb richtig. Ursprünglich kommt das Wort aus dem Lateinischen. Da heißt "missio" so viel wie "Sendung" oder "Auftrag". Ich weiß ja nicht, wie das bei Ihnen ist, verehrter SAPASAPA, aber ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass ich oder ein anderer "Souverän" dieses Landes die deutsche Polizei selbst oder jemanden, der ihr was zu befehlen hat, offiziell (und sei es auch nur aus Versehen) mit etwas anderem beauftragt hätte, als mit der Wahrung der inneren Sicherheit Deutschlands. Wenn also das deutsche Volk es nicht gewesen ist, wer war es dann? Gott vielleicht? Dann hätte A. MÜLLERMILCH völlig recht: Der Bundestag benimmt sich wie ne Kirche, die ihre Priester ins Ausland sendet, damit sie dort in ihrem Auftrag Heiden missionieren. Und zwar weniger mit dem Wort (es werden ja keine Lehrer abgeordnet), als vielmehr mit Feuer und Schwert.

  • "Fachleute zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption"

    Beim VW - Umweltmisteriums-skandal kann man daran zweifeln, dass die deutsche Polizei da gut aufgestellt ist, und wenn ja, dann haben die viel Arbeit!