Antisemitismus in Deutschland: Synagogen als Ziel
Antisemitische Vorfälle auf Anti-Israel-Demos häufen sich. Der Zentralrat der Juden fordert Solidarität, die Bundesregierung sichert Schutz zu.
Rund 180 Demonstranten zogen am Mittwoch vor die Synagoge in Gelsenkirchen. In einem per Twitter verbreiteten Video des Zentralrats der Juden sind Sprechchöre mit antisemitischen Inhalten, wie etwa „Scheiß Juden“, zu hören. Die Polizei habe den Zug aufgehalten, teilte sie mit.
In Hannover demonstrierten am Mittwoch rund 550 Personen gegen Israel, einige versuchten Israelflaggen zu verbrennen, so die Polizei. Zwei mutmaßliche Täter hätten davon allerdings abgehalten werden können. Gegen einen Verdächtigen und eine weitere Person seien Strafverfahren wegen der Verletzung von Hoheitszeichen ausländischer Staaten eingeleitet worden.
Bereits am Montag hatte es in Hannover eine Drohung gegenüber der Liberalen Jüdischen Gemeinde gegeben. Ermittlungen seien eingeleitet und der Staatsschutz eingeschaltet worden, so die Polizei. Jüdische Einrichtungen seien ein Schwerpunkt der polizeilichen Schutzmaßnahmen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sicherte ihnen am Mittwoch größtmöglichen Schutz zu: Polizei und Sicherheitsbehörden seien zu höchster Wachsamkeit aufgerufen. Vielerorts wurden entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen.
Brennende Israelflaggen, Steine auf Synagoge
In Mannheim griff ein Unbekannter die dortige Synagoge an, zerstörte eine Scheibe. Eine Polizeistreife habe am frühen Donnerstagmorgen an der Synagoge einen dumpfen Schlag an der Rückseite des Gebäudes vernommen, wie die Beamten mitteilten. Ein Fenster war demnach mit einem bislang unbekannten stumpfen Gegenstand beschädigt worden. Die Scheibe sei großflächig gesprungen, teilte ein Polizeisprecher mit.
Bereits in der Nacht zum Mittwoch wurden in Münster und Bonn Israelflaggen vor den dortigen Synagogen verbrannt. In Bonn wurde der Eingang der Synagoge mit Steinen beschädigt.
Außenminister Heiko Maas verurteilte die Taten. „Für Angriffe auf Synagogen darf es in unserem Land null Toleranz geben“, sagte Maas den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Und so traurig es ist, dass das überhaupt notwendig ist: Der Staat muss ohne Wenn und Aber die Sicherheit der Synagogen gewährleisten“, erklärte Maas.
„Israel und Juden insgesamt sind derweil vor allem in den sozialen Medien Hass und Hetze ausgesetzt“, sagte Josef Schuster am Mittwoch. „Die Bedrohung für die jüdische Gemeinschaft wächst“, so der Vorsitzende des Zentralrats der Juden. Schuster forderte von den Bürger:innen in Deutschland „Solidarität mit Israel und der jüdischen Gemeinschaft“.
Justizministerin fordert Schutz jüdischer Einrichtungen
„Die Täter müssen ermittelt und zur Verantwortung gezogen werden“, betonte Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Mittwoch. „Synagogen und jüdische Einrichtungen müssen konsequent und umfassend geschützt werden“, so Lambrecht.
In Israel finden derzeit heftige Auseinandersetzungen zwischen arabischen und jüdischen Israelis statt. Über tausend Raketen schossen islamistische Terrorgruppen in den vergangenen Tagen aus Gaza auf Israel, das israelische Militär flog Luftangriffe auf Stellungen der Hamas in Gaza. (dpa/afp/taz)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht
Mindestlohn feiert 10-jähriges Jubiläum
Deutschland doch nicht untergegangen
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars