Antipiraterie-Abkommen "Acta": An Parmesan und Tequila gescheitert
Welche Rechte sollen weltweit geschützt sein? In Tokio wollten 38 Staaten das Antipiraterie-Abkommen "Acta" beschließen. Doch USA und EU konnten sich nicht einigen.
Mehr als eine Woche haben Vertreter aus 38 Staaten in Tokio beraten, um dem "Anti-Counterfeiting Trade Agreement" (Acta) den letzten Schliff zu geben. Doch am Samstag endete das Treffen ohne das angekündigte verbindliche Schlussdokument. Offenbar haben Differenzen in Kernfragen zwischen der Europäischen Union und den USA das Ziel des Treffens vereitelt.
Die Geheimverhandlungen zwischen den USA, der EU sowie zehn weiteren Staaten laufen seit mehr als drei Jahren. Mit dem Abkommen sollen international wirksame Maßnahmen gegen Produktfälschungen und Copyrightverstöße beschlossen werden. Produktpiraterie verursacht nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit jährlich Schäden von etwa 250 Milliarden US-Dollar.
Uneinigkeit herrschte in Tokio offenbar noch immer darüber, welche Rechte von Acta eigentlich geschützt werden sollen. Während die USA das Abkommen auf Urheberrechte etwa an Filmen, Musik und Software beschränken wollen, besteht die EU auf den weitergehenden Schutz "geistiger Eigentumsrechte". Dazu gehören auch klassische Markenzeichen und geografische Bezeichnungen für Lebensmittel wie "Parmesan" und "Tequila".
In dem nun vorliegenden Vertragstext bleibt der Konflikt offenbar ungelöst. In einer gemeinsamen Erklärung teilten die Verhandlungspartner am Wochenende mit, das "weitgehend finalisierte" Dokument bedürfe weiterer Prüfungen, die "so schnell wie möglich" beendet werden sollen. Der vorläufige Text soll "in Kürze" veröffentlicht werden. "Ohne die Schließung der verbleibenden Lücken wird es kein Abkommen geben", zitiert Reuters einen an den Verhandlungen beteiligten Vertreter der EU.
Bislang lancierte Acta-Entwürfe hatten für Empörung gesorgt, weil sie vorsahen, dass Internetprovider den Datenverkehr ihrer Kunden überwachen sollten, um Copyrightverstöße zu bekämpfen. Provider, die sich weigerten, als Hilfsscherif zu agieren, sollten für Verstöße ihrer Kunden haften. Nutzern, die wiederholt das Urheberrecht brechen, sollte der Internetzugang gekappt werden.
In einem Ende August lancierten Vertragsentwurf wurden die Haftungsregeln für Provider allerdings abgeschwächt. Sie sollen nun auf der Basis freiwilliger Vereinbarungen Copyrightverstöße im Internet bekämpfen. Vom Tisch scheinen auch die geplanten Internetsperren zu sein. Gleiches gilt für die umstrittene Kriminalisierung günstiger Nachahmermedikamente. Entgegen bisherigen Acta-Plänen soll es nicht mehr zulässig sein, Generika, die für andere Länder bestimmt sind, im Transit zu beschlagnahmen, selbst wenn diese gegen nationales Patentrecht verstoßen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative