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Anti-Kriegs-Demonstration in BerlinWeder Nato noch Putin

Gegen Krieg und jeglichen Nationalismus: Eine linke Demonstration am Samstag setzte auf den Pazifismus der ArbeiterInnenschaft.

Mit roten Fahnen gegen – alle – Herrschenden (Symbolbild) Foto: dpa

„Karl Liebknecht hat es schon erkannt / Der Hauptfeind steht im eigenen Land.“ Diese Parole schallte am Samstagnachmittag durch die Mitte Berlins. Sie fasste gut den Inhalt der antimilitaristischen Demonstration zusammen, die von der Friedrichstraße zum Rosenthaler Platz zog. „Weder Nato noch Putin“ stand auf den Leittransparent. Die vielen schwarzen und schwarzroten Fahnen zeigten die hohe Beteiligung von AnarchistInnen und AnarchosyndikalistInnen auf der Demonstration. Im sozialistischen Block waren rote Fahnen zu sehen, manche davon auch mit Hammer und Sichel verziert.

Aufgerufen hatten unter anderem die Organisation „Perspektive Selbstverwaltung“ sowie einige Berliner Antifagruppen, die Klima-AktivistInnen von Ende Gelände und die Linksjugend Solid von Berlin-Nord. „Es ist ein Erfolg, dass es möglich war, so unterschiedliche Gruppen der außerparlamentarischen Linken zusammenzubringen. Leider ist es uns nicht gelungen, Menschen außerhalb des linken Spektrums zu mobilisieren“, bedauerte Hendrik, der eine rote Fahne trug.

Tatsächlich beteiligten sich an der Demonstration knapp 800 Menschen. „Ich habe mich gefreut, dass ich hier endlich gegen den Krieg in der Ukraine protestieren konnte“, sagte Susanne Krämer, die sich als langjährige Friedensaktivistin bezeichnet und betont, jeden Nationalismus abzulehnen – weil der letztlich immer zu Ausgrenzung und Krieg führe. Bisher sei sie zu den großen Demonstrationen gegen den Einmarsch Russlands nicht gegangen, weil sie die vielen ukrainischen Fahnen gestört hätten und dort auch keine klare Position gegen die Aufrüstung in Deutschland formuliert worden sei.

Kritik an der Bundeswehr

Diese Kritik war auch wohl auch unter den übrigen DemoteilnehmerInnen Konsens. Deshalb wurden die in der Nähe der Route liegenden Botschaften der Ukraine und Russlands ignoriert. Dafür gab es kritische Redebeiträge zum Bundeswehr-Shop in der Nähe der Friedrichstraße sowie bei den Parteizentralen von Grünen und FDP. Ein Gewerkschafter erinnerte daran, dass sich in den letzten Wochen ArbeiterInnen in mehreren Ländern geweigert hätten, Waffen für den Transport zu verladen – in Belorus waren es russische, in Italien und Spanien Natowaffen.

Ein Mitglied des „Internationalen Bündnisses Nordberlin“ rief dazu auf, sich beim traditionellen Berliner Ostermarsch, der am kommenden Samstag um 12 Uhr am Oranienplatz beginnt, am „Wir-zahlen-nicht-für-ihren-Krieg-Block“ zu beteiligen. Zum Schluss rief die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der AntifaschistInnen (VVN/BdA) dazu auf, am 9. Mai, dem Jahrestag der Niederlage des NS-Regimes, gegen jeden Krieg und jeden Nationalismus auf die Straße zu gehen.

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8 Kommentare

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  • Dies wäre die erste Demo, auf die ich im Kontext des Krieges in der Ukraine guten Gewissens hätte gehen können, wäre ich um Berlin zugegen.

    Ich möchte sowohl gegen Putins Krieg als auch gegen die NA(h)TO(d) demonstrieren, iwie bedingen beide ja einander als Rechtfertigung.

    Und mir ist es egal, ob diese Demos von Linken oder Bürgerlichen organisiert ist....hauptsache sie finden statt!

    • @Horstl Fambacher:

      "iwie bedingen beide ja einander als Rechtfertigung."



      Da haben wir es wieder, das Lieblingsargument aller Zuschauer: "Zu jedem Streit gehören zwei" - nämlich Täter und Opfer.



      Ähem, Horstl, nur als Info: Bei diesem Krieg geht´s nicht um NATO vs Russland, sondern Russland vs Ukraine.

      • @Achim Kniefel:

        Ja, die RUS/UKR Geschichte und die jeweilige Auffassung sind Teil der Kofliktlinien in diesem Überfall.

        Sicherlich ist eine weitere die von mir genannte und ganz sicher haben wir noch eine Handvoll, die möglicherweise erst im Rückblick hinreichend offenbar werden. (Imperiales selbstverständnis RUS, insbesondere bei im KGB "erzogenen" Putin z.B.)

        Auf erstgenannte hat die EU/NATO jedoch wenig Einfluss und oder Verantwortung, auf die von mir geäußerte sehr wohl, und da wurde halt aus der "Siegermetalität" viel verbockt imho.

        Und ja klar ist dieser abscheuliche Krieg ein Überfall eines Nationalstaates auf den anderen, isolierte Betrachtungen sind gleichwohl gefährlich.

        Putin=NATO ist natürlich auch Humbug, ist auch nicht meine Sichtweise.

        Ich halte NATO-Militarismus trotz allem für giftig und rückständig.



        Wer meint, dass eine Waffenstarrende NATO den Krieg hätte verhindern können, liegt mMn falsch, da ja das Problem der Atomwaffen als Hemmnis zu offensiverem Einschreiten bestehen bleibt, ganz unabhängig vom konventionellen Bewaffnungsgrad.

        Insofern ist die Rolle der NATO im Ukrainekrieg mMn mit der Chinas im Vietnamkrieg vergleichbar.

  • Schade, verpasst. Aber die Richtung stimmt. Bezeichnend, wer dabei war & wer nicht. Gerade für die radikaleren Jugendbewegungen wäre es jetzt ein guter Zeitpunkt, sich vom Kasperletheater der FFF-Demos, von den reichen, verwöhnten Kindern, deren größte Angst es ist, dass ihre Eltern enteignet werden könnten, explizit abzugrenzen.

    • @JulianM:

      Soll das heißen, dass für den echten Aktivisten der Klimawandel kein Thema ist? Traurig, dass sich inzwischen die Stimmen von ganz links und ganz rechts immer mehr angleichen: Klimawandel Nebensache, Bürgerliche bitte Klappe halten, Putin Volksfreund...

    • @JulianM:

      Hach je, als ob das auf dieser Demo in der Mehrheit nicht irgendwelche reichen Studikids wären, nur weil sie ein paar linksradikale Symbole herumwedeln und öfter mal "Arbeiterklasse" sagen. Jede:r weiß wie der soziodemographische Aufbau der Szene so ausschaut. Man kann es auch aus den Reden förmlich heraustriefen hören.

      Was FFF angeht, die haben im Gegensatz zu Ende Gelände und Co wenigstens versucht den Kairos für die Klimabewegung stärker zu nutzen, der sich mit breiter Skandalisierung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus der russischen Fascho-Diktatur aufgetan hat.



      Dass sie sich von einer Demo fernhalten die diese mit der NATO gleichsetzt, Waffenlieferungen für die Verteidigung der Ukrainer:innen ablehnt und auch sonst im Aufruf einen Haufen stinkenden Käse verzapft, dass die nicht mit Gruppen wie der SDAJ auf die Straße wollen, deren Mutterpartei gerade Putins Pressebüro spielt? Klasse, weiter so. Diese Leute gehören wie alle anderen Menschenfeinde aus der Gesellschaft ausgegrenzt, nicht unterstützt. Vielleicht kapieren das ja zumindest der antiautoritäre Flügel der Szene in Berlin das auch noch irgendwann... Währenddessen unterstützen dann zumindest die Gruppen um Operation Solidarity die Ukraine.

  • "Leider ist es uns nicht gelungen, Menschen außerhalb des linken Spektrums zu mobilisieren“, bedauerte Hendrik, der eine rote Fahne trug"

    Ob es an der roten Fahne lag? Oder gar Hammer und Sichel?

    Selbst-Marginalisierung für Anfänger.

    • @Oliver Tiegel:

      Ja. Eine mittlerweile nur noch totalitär zu lesende, ehemalige Befreiungssymbolik hilft dabei ganz sicher nicht.

      Aber auch eine linke "Bewegung" die sich dann aber auch entsprechend aufstellt, die in Teilen eine Querfront nach Putin-braun bildet während der Rest das munter ignoriert, anstatt auf die ukrainische und russiche Linke zu hören, hat ihre eigene Irrelevanz vollkommen verdient. Ein Glück. Es gab da in Berlin, etwa beim Streik 1932, auch schon andere Zeiten.