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Anti-IS-KoalitionNotfalls auch mit Assad

Frankreich koordiniert sich mit Russland. Die syrischen Rebellen sollen geschont werden. Ist auch die syrische Armee als Partner denkbar?

Francois Hollande und Wladimir Putin am Donnerstagabend in Moskau. Foto: ap

Paris taz | Zwei Wochen sind seit den Attentaten von Paris vergangen. Frankreich hat der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Krieg erklärt. Die Fronten verlaufen nicht nur in Frankreich im Kampf gegen die Terroristen und in der Fahndung nach möglichen Komplizen oder Sympathisanten, sondern vor allem auch in Syrien, im Irak oder Mali. Staatspräsident François Hollande versucht alle diese Aktionen gleichzeitig zu koordinieren.

In einem mehrtägigen diplomatischen Marathon hat er in Gesprächen mit Cameron, Obama, Renzi, Merkel und Putin versucht, eine effizientere internationale Koalition im Kampf gegen IS zu bilden.

Die spektakulärsten Erfolge dürften einerseits der Beschluss der deutschen Bundesregierung sein, mit Aufklärungsflügen den Luftkrieg gegen IS aktiv zu unterstützen, und zweitens eine gewisse Annäherung der russischen Position bezüglich der militärischen Intervention in Syrien. Umgekehrt scheint auch Frankreich im Interesse einer Erweiterung der Allianz gegen IS zu politischen Konzessionen bereit zu sein:

In einem Radio-Interview hat Außenminister Laurent Fabius am Freitag zunächst bloß wiederholt, dass der Krieg gegen die Dschihadisten mit Luftangriffen allein nicht zu gewinnen sei und dass dafür der Einsatz von Bodentruppen erforderlich sei. Dabei könne es sich aber nicht um französische Truppen handeln, weil dies „kontraproduktiv“ wäre. Völlig neu und überraschend aber ist, dass Fabius für diesen Kampf am Boden nun nicht nur die Kämpfer der Freien Syrischen Armee, andere Rebellen - er erwähnt „arabische sunnitische Kräfte“ - und „selbstverständlich auch die Kurden“ vorsieht, sondern auch Soldaten des Regimes von Baschar al-Assad! Das stellt eine wesentliche Wende in der bisherigen französischen Strategie dar.

Gerade weil wir eine Allianz aller Kräfte brauchen, ist eine politische Übergangslösung in Damaskus dringend notwendig.

Laurent Fabius

Für Paris gibt es jetzt eine einzige Priorität: IS zu vernichten. Dass es für Assad in Syrien keine Zukunft und keinen Platz an der Macht gebe, wie dies Hollande seit Monaten unverändert wiederholt, wird nun zum bloßen Lippenbekenntnis. Fabius versucht dies zu beschönigen oder sogar als Vorbedingung darzustellen: „Gerade weil wir eine Allianz aller Kräfte brauchen, die gegen IS kämpfen wollen, ist eine politische Übergangslösung in Damaskus dringend notwendig.“ Damit macht er selber seinen Vorschlag einer eventuellen Integration von syrischen Regierungstruppen oder Nachrichtendienste zu einem reinen Wunschdenken.

Gaullisten regelmäßig bei Assad

Auch dieses entspricht aber einem innenpolitischen Druck von rechts: Die Assad-Dynastie und ihre Baath-Partei stehen seit jeher vor allem den Gaullisten nahe. Seit Monaten reisen Delegationen von Nicolas Sarkozys Partei „Les Républicains“ (LR) nach Damaskus zu Unterredungen mit Spitzenvertretern des Regimes und sogar mit dem Diktator Assad persönlich. Ex-Präsident Sarkozy hatte in einer vehementen Kritik an Hollandes Strategie eine Annäherung an Moskau - und damit indirekt an Assad - gefordert. Noch offener unterstützt der rechtsextreme Front National, der Putins bester Verbündeter in Frankreich ist, eine solche Wende.

Bei seinem Besuch in Moskau am Donnerstagabend scheint sich Hollande nun mit Wladimir Putin auf eine Annäherung der bisher stark divergierenden Positionen geeinigt zu haben. Nach dem Abschuss eines zivilen russischen Flugzeugs durch islamistische Terroristen über dem Sinai steht auch Putin unter einem innenpolitischen Erfolgszwang im Kampf gegen IS. Der kürzliche Zwischenfall mit dem Abschuss eines russischen Militärjets durch die Türkei hat zudem verdeutlicht, wie gefährlich ein russischer Alleingang sein kann.

Hollande hat in diesem Kontext darum erreicht, dass Russland seine Luftangriffe in Syrien mit den westlichen Alliierten „koordiniert“ und dass diese Bombardierungen laut dem französischen Präsidenten nicht andere Kräfte treffen sollen, „die gegen IS kämpfen“. Das ist eine wichtige russische Konzession, auch wenn Putin auch weiterhin grundsätzlich Assad an der Macht halten will, um so den für ihn unverzichtbaren Fortbestand der russischen Militärbasis am syrischen Mittelmeer zu verteidigen.

Fabius präzisierte am Freitag, Putin habe eine Karte mit den Stellungen von Rebellen verlangt, die dann vor russischen Luftangriffen verschont würden. Das habe Putin versprochen, er werde darum diese Karte bekommen. Ganz im Sinne des russischen Präsidenten, bestätigt Fabius auch, dass seines Wissens ein Teil des Erdölschmuggels von IS über die Türkei gehe, wo die Regierung behaupte, davon nichts zu wissen.

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2 Kommentare

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  • "Dass es für Assad in Syrien keine Zukunft und keinen Platz an der Macht gebe, wie dies Hollande seit Monaten unverändert wiederholt, wird nun zum bloßen Lippenbekenntnis." - Ich habe da so eine verrückte Idee: Lassen wir doch einfach die Syrer entscheiden, für wen es als Präsident eine Zukunft gibt! Ich meine, die betrifft es ja immerhin ... Oder nicht?

  • Die Syrische Armee gibt es kaum noch. Die Hälfte hatte sich vom Massenmord der Assad-Firmengruppe distanziert.

    Es gibt neue Milizen, Shabiha-Gangster, und vor allem iranische Revolutionsgardecorps.

    Diese Leute als Verbündete zu sehen hat zwei praktische Nachteile:

    1. man interveniert direkt an der Seite einer der Kriegsparteien und zeigt allen Sunniten, dass man gegen sie alle kämpft, man formuliert die Assad-Paranoia als offizielle EU-Linie: alle Sunniten sind Terroristen und müssen ermordet werden.

    2. diese Koalitionspartner sind eine Idee. Sie halten sich aber nicht an Absprachen.