Anschlag in München: Deutschland muss es machen wie die Gewerkschaften
Wie kann die Gesellschaft mit schrecklichen Anschlägen wie in München umgehen? Die Gewerkschaften machen es vor: Zusammenhalten!
S chon wieder ein Anschlag. Schon wieder ist der Täter ein Mensch, der als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist. Schon wieder sind auch Kinder unter den Verletzten, eines schwebt in Lebensgefahr. So viel Schmerz.
Vor allem anderen muss das Mitgefühl stehen, mit den Verletzten und Angehörigen, mit denen, die den Anschlag von München miterlebt haben und sich nun womöglich unsicher fühlen, wenn sie ihr Grundrecht ausüben: an einer Demonstration teilnehmen, für die eigenen Rechte kämpfen. Auch von ihnen haben viele eine Migrationsgeschichte.
Doch so schrecklich der Anschlag auf die Verdi-Demonstration in München ist, so sehr macht Hoffnung, dass die Reaktion auf die Tat eine andere ist als nach dem Anschlag von Aschaffenburg. Das liegt vor allem an der besonnenen Reaktion der Gewerkschaften. Betroffene und Angehörige riefen nach der Tat zu einer Kundgebung auf. Sie stellen ihr Mitgefühl und ihre Solidarität in den Vordergrund.
Auch Betroffene haben Migrationsgeschichte
Sie trauern mit den Verletzten und wollen sich nicht spalten lassen durch politische Kräfte, die furchtbare Anschläge für ihre Hetze missbrauchen. Sie bleiben solidarisch mit ihren Kolleginnen und Kollegen, egal woher sie kommen. Als Gewerkschafter wissen sie: Zusammen sind wir stärker.
Anders als bei den vergangenen Anschlägen haben die Opfer diesmal eine starke, laute Stimme. Das macht es schwerer, sie zu instrumentalisieren. Doch wie kann die Gesellschaft mit solchen schrecklichen Taten umgehen?
Es ist bei aller Wut und Trauer nötig, jeden Fall einzeln zu betrachten. Denn bei näherem Hinsehen sind die Anschläge, die Deutschland in den vergangenen Monaten beschäftigten, so unterschiedlich, wie sie eben sein können. Wer die Taten grob zusammenfasst, der schaut nur auf eines: Der Täter war ein Ausländer.
Der Täter von München hatte eine Aufenthaltserlaubnis und war polizeilich nicht auffällig. Durch Abschiebungen hätte man diesen Fall nicht verhindern können. Der Täter von Aschaffenburg war mehr als ein Dutzend Mal straffällig geworden und psychisch krank. Der Täter von Magdeburg war ein Anhänger der AfD. Er handelte in seiner verqueren Logik aus Hass gegen den Islam.
Und so lautet die Lösung
Gewalt muss verhindert werden. Dafür braucht es polizeiliche Arbeit und die Durchsetzung von Gesetzen. Die Lösung muss sein: mehr Mittel für Integration, mehr Mittel für die psychische Betreuung von Migranten. An beidem hat die Ampel zuletzt gespart. Und es braucht mehr Mittel für die Bekämpfung von Islamismus und Rechtsextremismus.
Heute sprechen alle über die Tat von München, auch in der taz haben mehrere KollegInnen über den Fall berichtet. In der gedruckten Ausgabe vom Freitag findet sich die furchtbare Tat auf der Titelseite und in einem großen Text. In der kurzen Spalte daneben finden sich zwei Nachrichten, die ebenso viel Aufmerksamkeit verdient hätten.
In Brandenburg hat die Polizei einen rechtsextremen Anschlag auf ein Flüchtlingsheim verhindert. Ein 21-Jähriger hatte offenbar einen Anschlag mit einer Kugelbombe geplant. Unter der kurzen Meldung berichteten wir über die Zahlen zur rechtsextremen Gewalt in Deutschland. 2024 gab es über 40.000 rechtsextreme Straftaten, darunter über 1.400 Gewalttaten. Beide Zahlen sind ein Rekord. Es ist kein Whataboutism, darauf hinzuweisen, dass diese Nachrichten deutlich weniger Aufmerksamkeit bekommen. Auch sie verändern das Sicherheitsgefühl.
Wenn Deutschland ein sicheres und offenes Land bleiben will, muss die Gesellschaft sich ein Vorbild an den Gewerkschaften nehmen: Sich nicht spalten lassen. Zusammenhalten. Gemeinsam für ein besseres Leben für alle kämpfen.
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