Anschlag in Mali: Blauhelme als Zielscheibe
Zum zweiten Mal in dieser Woche sterben UN-Soldaten bei einem Anschlag in Mali. Erstmals an einem Ort, an dem deutsche Soldaten stehen.
Einem Bericht zufolge explodierte erst eine Autobombe auf dem Gelände und der Beschuss von außen folgte, als die alarmierten Soldaten aus ihren Wohneinrichtungen kamen. Wenig später kam das Gelände eines UN-Minenräumteams unter Beschuss.
Die Angriffe zielten nicht auf das niederländische UN-Camp, wo 340 Bundeswehrsoldaten stationiert sind. Aber das angegriffene chinesische UN-Lager liegt nicht weit entfernt und dort leben unter anderem deutsche UN-Polizisten. Erst Anfang dieser Woche waren weitere 72 deutsche Soldaten nach Gao aufgebrochen, wobei von offizieller Seite unterstrichen wurde, dort sei es bisher noch nicht zu Anschlägen gekommen.
Die von Algeriern geleitete Terrorgruppe al-Mourabitoun, eine Umtergruppe von al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQMI) bekannte sich am Mittwoch zu den Angriffen und erklärte, sie befinde sich in Gao im Kampf gegen „kreuzzüglerische Besatzungskräfte“.
Vor den Angriffen war in Gao der Strom ausgefallen. Alles war stockdunkel, berichten lokale Medien – ob auch das auf einen Anschlag zurückzuführen ist, bleibt unklar.
Eine nicht endenwollende Serie
Erst am 29. Mai waren fünf UN-Blauhelmsoldaten aus Togo getötet worden, als sie in der Nähe von Mopti im Zentrum Malis auf eine Mine fuhren – in einem Gebiet, das ansonsten nicht im Aktionsradius bewaffneter Islamisten liegt.
Am 18. Mai waren fünf UN-Soldaten aus Tschad in der nordmalischen Wüste Sahara bei Aguelhoc in einem Hinterhalt getötet worden. Zu einem weiteren Anschlag kam es am Mittwoch: Drei Polizisten wurden im Nachbarland Burkina Faso getötet, in einem Ort direkt an der malischen Grenze.
Die UN-Mission in Mali zählt knapp 12.000 Blauhelmsoldaten und UN-Polizisten und ist die im Vergleich zur Stationierungsdauer seit 2013 verlustreichste der Welt, mit bereits 86 Todesopfern vor den Anschlägen dieser Woche.
„Spielplatz für Terroristen“
Die internationalen Truppen werden gezielt angegriffen, um den Eindruck zu vermitteln, die Regierung habe die Lage nicht im Griff. Diesen Eindruck haben immer mehr politische Kräfte in Mali selbst und auch Teile der ehemaligen Tuareg-Rebellen, die beklagen, dass die Umsetzung der Friedenvereinbarungen mit ihnen aus dem Jahr 2015 auf der Stelle trete.
Am Montag kam es deswegen zu Demonstrationen in den nordmalischen Städten Kidal und Timbuktu. „Sackgasse!“ titelte am Mittwoch die Wochenzeitung Le Canard Déchaîné und schrieb in ihrem Editorial: „Es hat sich nichts geändert. Der Norden Malis bleibt Spielplatz für Terroristen und Banditen aller Art, die staatliche Verwaltung ist nicht präsent und die Bevölkerung ist sich selbst überlassen.“ Geschrieben wurde das vor dem Terrorangriff auf Gao.
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