Proteste gegen Regierung in Mali: Polizei erschießt drei Demonstrierende
Bei Protesten gegen die Regierung eröffnete die Polizei das Feuer auf eine Demo. Es wurden drei Menschen getötet und über 30 verletzt.
Bamako afp | Im westafrikanischen Staat Mali haben Sicherheitskräfte das Feuer auf einen Protestmarsch eröffnet und drei Menschen getötet. Mehr als 30 Menschen seien verletzt und in Krankenhäuser gebracht worden, teilten Mediziner in der Stadt Gao am Dienstagabend gegenüber AFP mit. Die Regierung in der Hauptstadt Bamako bestätigte den Tod von drei Menschen und sprach von mehreren Verletzten auf Seiten der Demonstranten und der Sicherheitskräfte. Sie kündigte eine „unabhängige Untersuchung“ der Vorfälle von Gao an.
Nach Berichten von Teilnehmern waren in Gao hunderte größtenteils junger Menschen zusammengekommen, um gegen die anstehende Umsetzung des Friedensabkommens für Mali zu demonstrieren. Nach Angaben der Veranstalter hatte der Bürgermeister den Marsch verboten, die Demonstranten setzten sich jedoch über das Verbot hinweg. „Die Sicherheitskräfte haben dann das Feuer aus schweren Waffen und mit Tränengas eröffnet“, sagte Oumar Maiga, einer der Organisatoren, zu AFP. Er sprach von einem „Verbrechen“.
Die Demonstranten hatten gegen die für Freitag geplante nächste Stufe der Umsetzung des Mali-Friedensabkommens protestiert. Das vor einem Jahr von Regierung und Rebellen unterzeichnete Abkommen sieht vor, dass dann in den fünf Verwaltungsregionen in Malis Norden zunächst ungewählte Interimsbehörden die Macht übernehmen, bis die Lage zur freien Wahl regulärer Regionalregierungen sicher genug ist. Der Protest in Gao richtete sich gegen diese ungewählten Übergangsbehörden.
Die malische Opposition kritisierte das Vorgehen der Sicherheitskräfte scharf. „Die Regierung allein ist verantwortlich für diese Todes- und Verletzungsfälle“, erklärte Oppositionsführer Soumaila Cisse.
Die Bundeswehr ist seit drei Jahren in Mali im Einsatz. Im Rahmen der EU-Trainingsmission EUTM Mali bildet sie einheimische Soldaten aus. Als Teil der Minusma-Unterstützungsmission übernimmt sie vor allem Aufklärungsaufgaben.
Mali war nach einem Armeeputsch im März 2012 ins Chaos gestürzt. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich griff im Januar 2013 militärisch ein, um das Vorrücken islamistischer Milizen in den Süden des Landes, wo auch die Hauptstadt Bamako liegt, zu stoppen und die geschwächten Regierungstruppen zu unterstützen. Später übergaben die Franzosen die Verantwortung an die UN-Truppe Minusma.
Leser*innenkommentare
Olaf Bernau
Nein, Mali ist 2012 nicht nach einem Militärputsch ins Chaos gestürzt. Ausgangspunkt war vielmehr ein Aufstand der Tuareg-Rebellenorganisation MNLA, der allerdings nur von einem Teil der Tuareg im Norden des Landes unterstützt worden ist (wobei ergänzend hinzugefügt sei, dass die Tuareg gerade mal 1/3 der Bewohner_innen des gesamten Nordens ausmachen). Für diesen Aufstand, dessen Waffen aus den riesigen Waffendepots des gestürzten Diktators Muammar al-Gaddafi stammten, hatte die MNLA den Schulterschluss mit islamistischen Gruppen im Norden des Landes gesucht. Und jene islamistischen Gruppen wiederum hatten sich seit Anfang des Jahrtausends mit ausdrücklicher Duldung des langjährigen malischen Präsidenten Amadou Toumani Touré (ATT) im Norden des Landes festgesetzt. Genau das aber war der Grund, weshalb besagter Putsch von großen Teilen der malischen Bevölkerung ausdrücklich begrüßt worden ist, auch wenn er den Vormarsch von MNLA und islamistischen Verbänden leider begünstigt hat. Nur wer diese Vorgeschichte zur Kenntnis nimmt, wird auch verstehen, weshalb Jugendliche derzeit in Mali gegen die Einsetzung von Übergangsregierungen protestieren. Denn in jenen u.a. von Frankreich stark unterstützten Interimsbehörden sind vor allem Vertreter verschiedener bewaffneter (Tuareg-)Formationen vertreten, die nunmehr die Friedensdivende einfahren (die also für ihren Waffengang belohnt werden), während die in halbwegs freien Wahlen gewählten Lokalregierungen abgesetzt sind. Dies ist nicht nur extrem undemokratisch, sondern schürt auch Ängste, dass die nunmehr mit Posten belohnten ehemaligen Rebellen eine weitere Abtrennung des Nordens vorantreiben (was wiederum im Interesse Frankreich liegt), während die große Mehrheit der Bevölkerung im Norden eine solche Abtrennung ausdrücklich nicht will. Mehr Infos: http://afrique-europe-interact.net/682-0-Hintergrund-Informationen.html