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Annäherung zwischen Trump und PutinFür die Ukraine nur noch der Katzentisch

Kommentar von Barbara Oertel

Der sich anbahnende Deal zwischen Trump und Putin ist ein Desaster für die Ukraine. Mitschuld hat auch Europa wegen seiner Planlosigkeit.

Selenskiy und die Ukraine: am Ende klein gemacht von der Planlosigkeit der EU Foto: Volodymyr Zelenskiy/Reuters

E in Bruch des Völkerrechts, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zahlen sich aus: Russlands Präsident Wladimir Putin spielt wieder mit im Konzert der Großen. Die Aufwertung des Kremlchefs, der mit europäischen Po­li­ti­ke­r*in­nen zu verhandeln ohnehin für unter seiner „Würde“ hält, geht auf das Konto von US-Präsident Donald Trump. Der steckte in einem Telefonat mit Putin am Mittwoch den Rahmen für Friedensverhandlungen zur Beendigung des Krieges in der Ukrai­ne ab. Tenor: Eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine wird ausgeschlossen, dauerhafte Gebietsverluste sind unvermeidlich.

Nach dem Motto „Wir sind raus“ soll sich Europa, was die Ukraine angeht, in Gänze um die Resteverwaltung sowie um seine eigene Sicherheit und Verteidigung kümmern. Freundlicherweise wurde der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von dem Zwie­gespräch zumindest in Kenntnis gesetzt. Übrigens: Von etwaigen Möglichkeiten der USA, auch auf Moskau Druck auszuüben, wie noch in einem Plan des US-Ukraine-Sondergesandten Keith Kellogg vom vergangenen November nachzulesen war, ist keine Rede mehr.

Washingtons ultimative Ansage ist mit der Formulierung eines „schwarzen Tages für Kyjiw“ noch wohlwollend umschrieben. Fast drei Jahre Krieg mit zigtausend Toten, Verwundeten, heimatlos geworden Ukrai­ne­r*in­nen und flächen­deckenden Zerstörungen haben das Land gezeichnet. Jetzt könnte ein Szenario Wirklichkeit werden, das viele Ukrai­ne­r*in­nen mit Angst erfüllt: dass bei Trumps großem Deal für die Ukraine allenfalls am Katzentisch ein Stuhl bereit steht.

Es könnte noch härter kommen

Dort dürften, so wie es aussieht, auch führende europäische Po­li­ti­ke­r*in­nen Platz nehmen. Die EU hatte nie einen Plan, geschweige denn, dass sie mit einer Stimme gesprochen hätte. Deshalb trägt Brüssel mit die Verantwortung für eine Entwicklung, die nicht mehr aufzuhalten scheint. Ja, viele europäische Länder haben geliefert – mitunter zögerlich und in Summe nie das, was die Ukraine, trotz gegenteiliger Verlautbarungen, wirklich brauchte. Das dürfte nicht besser werden. Eine der drängendsten Fragen ist, wer für die Ukraine künftig Sicherheitsgarantien übernimmt, wie diese aussehen und durchgesetzt werden sollen.

Der Westen wäre gut beraten, bei Verlautbarungen aus dem Kreml auch zwischen den Zeilen zu lesen. Moskau, so hieß es am Donnerstag, wolle mit Trump auch über die „Sicherheit in Europa“ sprechen. Das erinnert an einen Forderungskatalog Russlands vom Dezember 2021. Länder der früheren Sowjetunion dürften nicht Nato-Mitglieder werden, und die Nato müsse sich aus Ländern zurückziehen, die nach Mai 1997 dem Verteidigungsbündnis beigetreten seien, hieß es darin. Was am 24. Februar 2022 folgte, ist bekannt und lässt nur einen Schluss zu: Es könnte noch härter kommen.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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26 Kommentare

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  • Auf Europa werden harte Zeiten zukommen. Die Europäer haben die Wahl. Ein Separatistisches "Weiterso" in kleinklein. Oder Stellung beziehen und der neuen Welt die Grenzen aufzeigen. Das was Trump sich hier anmaßt ist unglaublich. Verhandelt vor den Augen der Weltöffentlichkeit über die Abwicklung der Ukraine. Die Ukraine selbst und Europa bleiben aussen vor.



    Trump will einen Deal, mit Putin und Xi und nebenbei ein paar Hotels an der Küste des Gaza Streifens bauen. Am besten ohne Einheimische.

  • Es ist dies ein Tag der Schande für den Westen, historisch nur vergleichbar mit dem Münchner Abkommen von 1938!



    Was den Umgang mit unserem "Freund" Trumpmuskovia formerly known as USA angeht, sollten wir Europäer glasklar kommunizieren: " Keine NATO? Kein Schutz? Dann kaufen wir auch keine amerikanischen Waffen mehr! Schliessen eure Basen! Und Strafzölle für die Internetoligarchen, McDonald's usw.! " Grab them by the Money!

  • "...in Gänze um die Resteverwaltung sowie um seine eigene Sicherheit und Verteidigung kümmern."



    Nicht zu verschweigen: Wiederaufbau, Wohnungen und Infrastruktur, stabile Einbindung in Märkte für Industrie und Landwirtschaft. Neue Sicherheitsarchitektur.



    Trump hat nicht verstanden, dass es hier auf europäischer Ebene nicht um die Zentralmacht und Bundesstaaten geht.



    Wahrscheinlich wird auch u.a. dieses bald, vielleicht schon in München, wieder auf der Tagesordnung stehen:



    taz.de/Atomarer-Sc...r-Europa/!6004929/

  • " Mitschuld hat auch Europa wegen seiner Planlosigkeit."







    Mitschuld haben auch die Democrats, weil sie keine wählbare Politik angeboten haben. Etwa beim Leugnen von Joe Bidens medizinischer Diagnose.

  • Hören wir also auf, anbiedernd von transatlantischer Partnerschaft zu reden. Sie ist perdue! Seit Trumps Machtübernahme ist Europa (incl. Großbritannien) nur noch Verhandlungsmasse, über dessen Kopf hinweg die autokratisch regierte Großmächte USA, Russland und China ihre Entscheidungen treffen. Genau diese Großmächte sind gerade dabei, die Welt nach Macht- und Einflusssphären unter sich aufzuteilen.



    Wir stehen, wenig mehr als 110 Jahre nachdem der europäische Imperialismus im Blutbad des Ersten Weltkriegs untergegangen ist, an der Schwelle zu einem neuen imperialen Zeitalter - einem imperialen Zeitalter orwellscher Dimension.



    Für die Länder, die weiland dem Warschauer Pakt zuzurechnen waren, kann die derzeitige Entwicklung tragisch enden - besonders für die baltischen Staaten. Deren Schicksal ist seit Trumps Telefonat mit Putin gefallen. Sie sind die ersten Dominosteine, die fallen werden. Ihr Weg führt zurück ins Russische Reich.



    Eines ist klar: Den desaströsen Weg, den die Entwicklung jetzt nimmt, hätte sie, nicht nehmen müssen.

  • Wer bei diesen beiden Autokraten (Putin&Trump) noch vernünftige Lösungen erwartet wird enttäuscht werden. Das Problem ist auch dieses uneinige Europa, das insgesamt immer mehr nach Rechts rückt. Ist es schon zu spät? Sollte Europa jetzt wirklich aufrüsten? Ich schau mir das Ganze von Australien aus an und bin entsetzt.

  • Schlafwandeln in den dritten Weltkrieg. Wer glaubt, dass die russischen Faschisten zufrieden sein werden mit der Ukraine nachdem das Land auf Kriegswirtschaft umgestellt hat, träumt.

    Und auf die USA ist Null Verlass.

    Es ist höchste Zeit, dass die EU ein gemeinsames Verteidigungskonzept aufsetzt.

  • Die teilen jetzt die Welt unter sich (und noch ein paar anderen) auf. Russland hat Rohstoffe, und die seltenen Erden der Ukraine größtenteils dazu. Ein guter Deal, vor allem, wenn man sie gegen China ausspielen kann.

  • Mal abwarten was am Ende wirklich passiert. Im Moment gibt es nur Worte und noch keinerlei Taten. Und zumindest hat Trump die Waffenlieferungen der USA, die aus dem letzten Paket noch laufen, noch nicht abgebrochen und auch nichts in der Hinsicht geäußert.

  • Für die Ukraine nur noch der Katzentisch... wie für die restlichen Europäer auch.

  • Sorry, aber das war doch von Anfang an klar, dass dieser Krieg von der Ukraine nicht gewonnen werden kann. Wundert sich hier jemand? All die Toten sind sinnlos gestorben. Auch ohne Trump hätte es nie eine andere Lösung gegeben. Ja klar ist das alles nicht gerecht, klar ist Putin ein Verbrecher, aber was nützt es?

  • Interessant wird es werden, wenn im Zuge eines Deals die USA und Russland ihre Wirtschaftsbeziehungen wieder vollumfänglich aufnehmen. Das dürfte ja sehr im Interesse von Trump sein, um Russlands Abhängigkeit von China zu verringern. Was wird dann auf dieser Seite des Atlantik geschehen? Wird die EU weiterhin gegen Russland gerichtete Sanktionspakete aufeinander stapeln und sich somit vollends isolieren? Ich denke, spätestens dann werden auch maßgebliche Kapitalfraktionen hierzulande den Konfrontationskurs nicht länger mittragen.

  • Wenn das wahr wird, dann wäre Europa aufgerufen massiv aufzurüsten, es wäre aufgerufen die Amerikaner unverzüglich aus Europa zu verbannen, es wäre aufgerufen mit den Putinfreunden in Europa wie mit Kriegsgegnern umzugehen. Massive, harte Maßnahmen. Nur so können wir unsere Freiheit sichern. Schuldenbremse war gestern, jetzt geht es um's Ganze!

  • Kann ich nur zustimmen . Das ist ausgesprochen gefährlich. Die ukrainischen Soldaten, die seit drei Jahren kämpfen, sehen sich vernächlässigt .



    "Die Intensität der Kämpfe hier unterscheidet sich von allem, was sie im Westen kennen", setzt der 31-Jährige an.



    "Die Rohre der Artillerie seien völlig abgenutzt. Veteranen westlicher Armeen, die in Afghanistan oder Irak im Einsatz gewesen sind, könne er kaum ernst nehmen. "Ihr hattet alle Waffen der Welt und habt gegen Trottel mit Maschinengewehren gekämpft. Aber hier sind die Trottel mit den Gewehren leider wir."



    www.tagesschau.de/...ine-front-104.html

    " Wir", das sind nicht nur die Soldaten an der Front. Politisch betrachtet wird das für uns alle böse enden.

  • 》Das erinnert an einen Forderungskatalog Russlands vom Dezember 2021. Länder der früheren Sowjetunion dürften nicht Nato-Mitglieder werden, und die Nato müsse sich aus Ländern zurückziehen, die nach Mai 1997 dem Verteidigungsbündnis beigetreten seien, hieß es darin. Was am 24. Februar 2022 folgte, ist bekannt und lässt nur einen Schluss zu: Es könnte noch härter kommen.《



    .



    Vielleicht sollten Sie den Zwischenschritt nicht überschlagen: Verhandlungen über diesen Forderungskatalog, die Russland vorgeschlagen hatte, hat die NATO brüsk zurückgewiesen.



    .



    Sie hat also den darauf folgenden Einmarsch entweder nicht kommen sehen - oder ihn in Kauf genommen.



    .



    Sicher jedenfalls wäre es damals, mit Biden als Präsident, leichter und erfolgversprechender (aus ukrainischer und europäischer Sicht) gewesen zu verhandeln, als heute nach Trumps Vorstellungen.

  • Ich frage mich seit drei Jahren, worauf die europäischen Staaten eigentlich warten.

    Die militärische Unabhängigkeit von den USA sollten wir schleunigst vorantreiben. In ein paar Jahren werden wir uns gegen Russland verteidigen müssen. Ohne Hilfe der Amerikaner.

    Notfalls muss Deutschland hier mit den baltischen Ländern, Skandinavien und Polen ein eigenes Verteidigungsbündnis aufbauen.

    Wer nicht mitmachen will muss dann eben alleine für die eigene Sicherheit sorgen.

    Leider ist angesichts der Bedrohung durch die Präsidenten der großen Atommächte gerade keine andere Vorgehensweise möglich.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Wenn es dumm läuft, müssen wir uns gegen die Russen und die USA verteidigen.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Das sind keine Präsidenten. Und Polen ist die nächste tolle Idee, fantastisch. Dort ist The One in etwa das was das russ. Pendant für viele Deutsche ist, wobei auch das bei euren östl. Nachbarn nicht so wenige Bewunderer hat. Wie überhaupt feiste Männer, komisch aber das scheint irgendwie zusammenzuhängen, auch historisch müsst ihr mal drauf achten. Da würd ich mich wenigstens noch mal mit den Dänen kurzschliessen. Nein ich glaube es wird weit überschaubarer, aber so auch intim, stabil und bestenfalls resilient. Je schwerer es fällt desto wichtiger sich nicht in Angst und Pessimismus aufzulösen, man kann wenigstens konstatieren, dass es gerade die reichsten Länder Europas sind, die als harter Kern blieben, ich glaube schon dass das'n Pfund ist. Gerade wo soviele de facto am Tropf hängen wie in Europa. Leider steht hinter Deutschland dabei mal wieder das grösste Fragezeichen, ich sehe leider nicht die Köpfe, die es dafür braucht. Und vermutlich auch nicht den Rückhalt in der Bevölkerung, nicht über Nord/-westdeutschland hinaus. Auch wenn ich sonst zustimme etwas enge Sichtweise, es geht nicht nur um mil. Unabhängigkeit, wenn überhaupt. Geht um fast alles.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Benelux können wir gerne auch noch mitnehmen.



      Wenn eine Partei in ihrem Wahlprogramm die Entwicklung deutscher Nuklearwaffen anstreben würde - ich würde sie wählen.

    • @Gnutellabrot Merz:

      In ein paar Jahren werden wir uns gegen Russland verteidigen müssen. Ohne Hilfe der Amerikaner.

      Ich bezweifle das wir noch "ein paar Jahre" Zeit haben. Mich würde es nicht wundern wenn Trump und Putin gerade die halbe EU untereinander aufteilen.

  • Man stelle sich vor, die Europäer hätten eine schlagkräftige Armee und Atomwaffen - würde dann über Grönland gesprochen? Oder so über die Ukraine? Wir glauben schön an das weiter so mit starrem Blick über den Atlantik, machen deals mit Musk (Meloni) oder wollen billiges Gas von Putin, anstatt endlich zu begreifen: Es ist vorbei, das Spiel ist aus. Ärmel hochkrempeln, Zusammenschließen, Interessen definieren und - durchsetzen - das hat die Glocke geschlagen. Aber nein, der Nationalstaat soll uns retten - Teutschland gegen den Rest der Welt, oder Austausch USA gegen Russland. Zum Verzweifeln (oder Kotzen).

    • @Alex59:

      Korrekt. Wir erleben gerade das, was in der Welt bis zu WKII die Normalität war. Multilateralismus oder besser gesagt dessen naive wie schöne Idee wird abgewickelt. Man traut es sich kaum zu sagen, aber Carl Schmitts Theorien über Staaten und Bünde sind so aktuell wie nie.

    • @Alex59:

      Tja, warum haben wir keine schlagkräftige Armee in der EU?

      Hier die Ausgaben für Verteidigung 2022 laut Sipri (umgerechnet in Millionen US$)

      Alle EU-Staaten 322.505,8



      Russia 109.454,4



      China 296.438,6



      United States of America 916.014,7

      Die EU-Staaten geben bereits jetzt drei mal soviel wie Russland für Rüstung aus, haben den zweit größten Militäretat der Welt und können uns mit der ganzen Kohle nicht allein verteidigen?

    • @Alex59:

      "Man stelle sich vor, die Europäer hätten ... Atomwaffen"



      Haben sie. Und?



      "Aber nein, der Nationalstaat soll uns retten - Teutschland gegen den Rest der Welt"



      Welche der Parteien Deutschland gegen alle anderen propagiert, ist Ihrer Fantasie überlassen.

    • @Alex59:

      " ... Interessen definieren und - durchsetzen - ..." Wie? Das was Putin noch davon abhält seine "Interessen" durchzusetzen dürften ja eher noch amerikanische Atomwaffen sein, wie lange noch ist von dem erratischen Mann im weißen Haus abhängig.

  • Historische Schande.