piwik no script img

Anleitungen zu sexuellem MissbrauchNeuer Paragraf soll Kinder schützen

Im Internet kursieren Handbücher, die zu sexualisierter Gewalt an Kindern anleiten. Die Justizministerin will Besitz und Verbreitung nun verbieten.

Mehr Schutz für Kinder: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht während einer Kabinettssitzung Foto: Jens Schicke/imago

Freiburg taz | Wer Anleitungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern verbreitet oder abruft, macht sich künftig strafbar. Einen entsprechenden Gesetzentwurf von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat das Bundeskabinett an diesem Mittwoch beschlossen.

Es geht dabei insbesondere um ein englischsprachiges Handbuch, das seit Jahren vor allem im Darknet zirkuliert. Ein anonymer Autor oder eine anonyme Autorin schildert darin, wie man Kontakt zu Kindern herstellt, diese gefügig macht und wie man die Taten vor der Polizei verschleiert. Das Handbuch, das immer wieder ergänzt wird, umfasst Medienberichten zufolge inzwischen mehrere Hundert Seiten.

Bisher war der Besitz und die Verbreitung solcher Missbrauchs-Anleitungen in Deutschland straflos. Die Koalitionsfraktionen wollen das aber ändern, weil bei Miss­brauch­stä­te­r:in­nen immer wieder solche Anleitungen gefunden werden. Die Fraktionen hatten deshalb die Bundesjustizministerin beauftragt, eine Formulierungshilfe zu verfassen. Dieser Entwurf für einen neuen Paragraf 176e Strafgesetzbuch wurde jetzt im Bundeskabinett beschlossen.

Künftig soll das Verbreiten und Zugänglichmachen solcher Anleitungen mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder Geldstrafe sanktioniert werden. Wer die Anleitung abruft oder besitzt, soll bis zu zwei Jahren Gefängnis oder eine Geldstrafe erhalten. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hält das neue Delikt für quantitativ relevant. Selbst wenn es nur eine einzige Anleitung gebe, könne diese tausendfach heruntergeladen werden und zu „Tausenden Strafverfahren“ führen.

Neuer Strafparagraf geplant

Laut Gesetzentwurf können allerdings auch neutrale Schriften als eine solche „Anleitung“ geeignet sein. Das Ministerium nennt in der Gesetzesbegründung als Beispiel „eine medizinische Abhandlung über Besonderheiten der Geschlechtsorgane eines Kindes“. Wer ein solches Lehrbuch verbreitet, soll sich allerdings nur dann strafbar machen, wenn er dabei die Absicht hat, bei anderen die Bereitschaft zum Missbrauch „zu fördern oder zu wecken“.

Polizist:innen, Staats­an­wäl­t:in­nen und Gutachter:innen, die Missbrauchsanleitungen besitzen, sollen sich nicht strafbar machen – solange dies dienstlichen Zwecken dient.

Der Kinderschutzbund begrüßte das Vorhaben der Koalition, gab aber zu bedenken, dass sich nicht zuletzt Jugendliche strafbar machen könnten. „Jugendliche bewegen sich teilweise recht sorglos im Netz, laden Dateien herunter, speichern sie und teilen gelegentlich sehr unbedarft Daten unterschiedlichster Themen und Inhalte“, heißt es in der Stellungnahme des Kinderschutzbundes.

Der neue Strafparagraf wird nun von den Koalitionsfraktionen per Änderungsantrag in den Gesetzentwurf gegen Feindeslisten eingefügt. Inhaltlich gibt es zwar keine Verbindung hierzu, aber der Gesetzentwurf gegen Feindeslisten ist weit gediehen und soll bereits im Mai oder Juni im Bundestag beschlossen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare