Animationsfilm „Luck“: Pech muss man auch haben
Im Land, wo das Glück gemacht wird: Der Film „Luck“ ist die erste Produktion von Skydance Animation. Er ist zumindest schon mal schön bunt.
Wie nennt man es, wenn der Toast beim Runterfallen garantiert auf der Marmaladeseite landet oder jede Ampel rot ist? Murphys Gesetz. Alles, was schiefgehen kann, wird schiefgehen, besagt die Lebensweisheit. Die gerade 18 Jahre alt gewordene Sam – Hauptfigur in „Luck“, einem Animationsfilm, der aktuell bei Apple TV+ zum Streamen bereitsteht – könnte das nur bestätigen.
Bislang verlief ihr Leben nicht allzu rosig, ihre Kindheit hat sie in einem Heim verbracht, doch nun steht sie auf eigenen Füßen. Nichts hätte sie lieber als einen Glückspfennig, und genau den findet sie dank einer schwarzen Katze, mit der sie eines Abends ein Sandwich teilt. Ein paar Momente später findet sich Sam im Glücksland wieder, wo grün gekleidete Kobolde und andere Fabelwesen das Glück der Menschen herstellen und mehr oder weniger gerecht verteilen.
Wenn das Konzept einer fantastischen Welt, in der seltsame Wesen die Wege der Menschen lenken, an Filme wie Pixars „Alles steht Kopf“ oder „Soul“ erinnert, in dem Emotionen beziehungsweise gleich die Seele produziert wurden, ist das sicher kein Zufall.
Denn „Luck“ ist der erste Film des Animationsfilmstudios „Skydance Animation“, und dort ist seit drei Jahren John Lasseter in führender Position beschäftigt. Genau der John Lasseter, der über 20 Jahre lang der wichtigste Kopf bei Pixar war und entscheidend an der fast einzigartigen Erfolgsserie des Animationsstudios beteiligt war.
Pixar in Folge von #MeToo verlassen
Von 1995 bis 2009 produzierte Pixar zehn Filme, von „Toy Story über „Die Unglaublichen“ bis „Oben“, die bis auf „Toy Story 2“ allesamt Originalgeschichten erzählten, durch die Bank kommerziell und künstlerisch erfolgreich waren und insgesamt fünf Oscars als beste Animationsfilme gewannen, eine Kategorie, die erst 2002 eingeführt wurde.
In der Folge kamen zwar weitere sechs Oscars hinzu, doch die Qualität und vor allem Originalität der Filme ließen langsam nach, was auch daran lag, dass aus kommerziellen Gründen zunehmend Fortsetzungen produziert wurden.
Lasseter selbst verließ Pixar 2017, als im Zuge von #MeToo Anschuldigungen laut wurden, dass er Grenzen überschritten, Angestellte berührt und geküsst habe. Bei Skydance Animation fand er bald eine neue Heimat und begann sofort, die erste Produktion „Luck“ zu beeinflussen.
„Luck“. Regie: Peggy Holmes. USA 2022, 105 Min. Läuft auf Apple TV+
Der ursprüngliche Regisseur Alessandro Carloni verließ die Produktion wegen der in solchen Fällen gern zitierten „künstlerischen Differenzen“ und wurde von Peggy Holmes ersetzt, die bislang keine Erfahrung mit einer Produktion dieser Größenordnung hatte.
Nicht die besten Vorzeichen für einen erfolgreichen Debütfilm eines Studios, mit dem Apple auf dem lukrativen Animationsfilmmarkt gerne etablierten Firmen wie Pixar oder DreamWorks Konkurrenz machen würde. Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg, denn „Luck“ erweist sich trotz seines nicht uninteressanten erzählerischen Ansatzes als typische moderne Streaming-Ware, die zwar leidlich unterhaltsam wegzugucken ist, aber wenig Spuren hinterlässt.
Allzu willkürlich mutet das bonbonbunte Glücksland an, in dem alle naselang betont lustige Gestalten wie kleine Häschen, Drachen oder Kobolde für Ablenkung sorgen. Eine moralische Lektion darf selbstverständlich auch nicht fehlen, und so versteht Sam am Ende der Geschichte, dass Pech nur die Kehrseite von Glück ist und eines nicht ohne das andere existieren könnte.
Viel Luft nach oben also, aber vielleicht sieht die Zukunft rosig aus: Vor ein paar Monaten wurde bekannt, dass Brad Bird seinen langgeplanten Film „Ray Gunn“ bei Skydance Animation drehen wird. Jener Brad Bird also, der bei Pixar mit „Ratatouille“ und „Die Unglaublichen“ große Erfolge feierte. Sein damaliger Chef: John Lasseter.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart