Angst vor Enthüllern wie Snowden: Der gläserne Soldat
Die US-Armee will sich mit einem neuen Netzwerk auf Cyberkriege vorbeiten. Und ganz nebenbei die eigenen Soldaten ausspähen.
Wenn amerikanische Armeeverantwortliche eine Rede halten, ist das für zivile Zuhörer wegen der eigenwilligen Rhetorik mitunter etwas gewöhnungsbedürftig. Gut also für Oberst Jennifer Buckner, dass sie im Oktober auf der jährlichen Konferenz der „Association of the U.S. Army“ zu Gast war, dem selbsternannten „Sprachrohr für jeden amerikanischen Soldaten“.
Lauter dankbare Zuhörer, denen gegenüber Buckner in Ruhe über Cyberkrieger und Operationen von nationaler Sicherheit philosophieren konnte, wie das Branchenmagazin National Defense berichtet.
Cyberkrieg ist das nicht mehr ganz neue Angstwort im Militärbereich. Eine Gefahr, der nicht mit Drohnen oder Bodentruppen beizukommen ist. Die US-Armee will sich natürlich auch für diesen Krieg weiter rüsten und einen „Wettbewerbsvorteil“ sichern, wie es Leutnant General Edward Cardon auf der gleichen Konferenz formulierte. So wurde ausführlich die Notwendigkeit einer schlagkräftigen Cyper-Truppe mit entsprechender technischer Ausstattung unterstrichen.
Die Armee warb in diesem Zuge auch massiv für das neue „Army Network 2020“, ein Netzwerk für die US-Armee, das nebenbei eine wichtige Funktion erfüllen soll: die Überwachung der Truppe. Damit ein Edward Snowden in Camouflage oder ein vergleichbarer Fall wie Chelsea Manning verhindert werden kann. Was natürlich eine gute Sache ist, wie National Defense schreibt. Das Magazin wird herausgegeben von der „National Defense Industrial Association“, dem Bindeglied zwischen US-Armee und Rüstungsindustrie.
Interessengeleitet fällt da die Feststellung leicht, dass die Truppe „ihre Infrastruktur vor bösartigen Objekten innerhalb ihres Netzwerkes schützen muss“. Eine Angst, die seit den Enthüllungen durch Edward Snowden eine vorher nicht dagewesene Dimension erreicht habe.
Eine riesige Cloud
Das „Army Network 2020“ wurde bereits in einer PR-Präsentation (pdf) für die Rüstungsindustrie im August 2011 als absoluter „game changer“ bezeichnet. Ein Netzwerk für die US-Armee, „sicher und global“ und in der Lage „die US-Armee anzutreiben“. Quasi eine riesige Cloud. Aber eine, die in ihrer Funktion bis 2020 noch ein bisschen mehr können soll, Stichwort Snowden.
Eine „verhaltensbasierte Analyse“ soll die Aktivitäten jedes Soldaten aufzeichnen und beobachten, um so Auffälligkeiten oder Anomalien zu entdecken. Die Software „wird Mustern folgen und erfassen, wie jeder einzelne operiert“, sagte Generalmajor Alan R. Lynn auf der Konferenz in Washington D.C..
„Wenn eine bestimmte Anzahl von Webseiten aufgesucht wird, erfasst es das System. Wenn eine gewisse Menge Emails verschickt wird, erfasst es das System.“ Bei ungewöhnlichem Verhalten eines Nutzers soll das Programm dann eine Warnung an entsprechende Stellen schicken. Der gläserne Soldat, ganz offen kommuniziert – jedoch weitgehend ohne amerikanische Öffentlichkeit, denn lediglich der Tech-Webseite Mashable waren die Planungen eine Meldung wert. Umsetzen will die Armee das Netzwerk inklusive Tracking-System bis 2020.
Auf Linie ist die US-Armee damit auf jeden Fall. Bereits im November 2012 – lang vor den Snowden-Enthüllungen – erhielten leitende Ministerien ein Memorandum von Barack Obama, indem der Präsident die Behörden aufforderte, effektive Programme zu entwickeln, um interne Angriffe künftig zu verhindern.
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