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Angst vor Enthüllern wie SnowdenDer gläserne Soldat

Die US-Armee will sich mit einem neuen Netzwerk auf Cyberkriege vorbeiten. Und ganz nebenbei die eigenen Soldaten ausspähen.

Steuert hoffentlich keine „unpassenden“ Seiten an: US-Soldat bei einer Übung 2012 Bild: dpa

Wenn amerikanische Armeeverantwortliche eine Rede halten, ist das für zivile Zuhörer wegen der eigenwilligen Rhetorik mitunter etwas gewöhnungsbedürftig. Gut also für Oberst Jennifer Buckner, dass sie im Oktober auf der jährlichen Konferenz der „Association of the U.S. Army“ zu Gast war, dem selbsternannten „Sprachrohr für jeden amerikanischen Soldaten“.

Lauter dankbare Zuhörer, denen gegenüber Buckner in Ruhe über Cyberkrieger und Operationen von nationaler Sicherheit philosophieren konnte, wie das Branchenmagazin National Defense berichtet.

Cyberkrieg ist das nicht mehr ganz neue Angstwort im Militärbereich. Eine Gefahr, der nicht mit Drohnen oder Bodentruppen beizukommen ist. Die US-Armee will sich natürlich auch für diesen Krieg weiter rüsten und einen „Wettbewerbsvorteil“ sichern, wie es Leutnant General Edward Cardon auf der gleichen Konferenz formulierte. So wurde ausführlich die Notwendigkeit einer schlagkräftigen Cyper-Truppe mit entsprechender technischer Ausstattung unterstrichen.

Die Armee warb in diesem Zuge auch massiv für das neue „Army Network 2020“, ein Netzwerk für die US-Armee, das nebenbei eine wichtige Funktion erfüllen soll: die Überwachung der Truppe. Damit ein Edward Snowden in Camouflage oder ein vergleichbarer Fall wie Chelsea Manning verhindert werden kann. Was natürlich eine gute Sache ist, wie National Defense schreibt. Das Magazin wird herausgegeben von der „National Defense Industrial Association“, dem Bindeglied zwischen US-Armee und Rüstungsindustrie.

Interessengeleitet fällt da die Feststellung leicht, dass die Truppe „ihre Infrastruktur vor bösartigen Objekten innerhalb ihres Netzwerkes schützen muss“. Eine Angst, die seit den Enthüllungen durch Edward Snowden eine vorher nicht dagewesene Dimension erreicht habe.

Eine riesige Cloud

Das „Army Network 2020“ wurde bereits in einer PR-Präsentation (pdf) für die Rüstungsindustrie im August 2011 als absoluter „game changer“ bezeichnet. Ein Netzwerk für die US-Armee, „sicher und global“ und in der Lage „die US-Armee anzutreiben“. Quasi eine riesige Cloud. Aber eine, die in ihrer Funktion bis 2020 noch ein bisschen mehr können soll, Stichwort Snowden.

Eine „verhaltensbasierte Analyse“ soll die Aktivitäten jedes Soldaten aufzeichnen und beobachten, um so Auffälligkeiten oder Anomalien zu entdecken. Die Software „wird Mustern folgen und erfassen, wie jeder einzelne operiert“, sagte Generalmajor Alan R. Lynn auf der Konferenz in Washington D.C..

„Wenn eine bestimmte Anzahl von Webseiten aufgesucht wird, erfasst es das System. Wenn eine gewisse Menge Emails verschickt wird, erfasst es das System.“ Bei ungewöhnlichem Verhalten eines Nutzers soll das Programm dann eine Warnung an entsprechende Stellen schicken. Der gläserne Soldat, ganz offen kommuniziert – jedoch weitgehend ohne amerikanische Öffentlichkeit, denn lediglich der Tech-Webseite Mashable waren die Planungen eine Meldung wert. Umsetzen will die Armee das Netzwerk inklusive Tracking-System bis 2020.

Auf Linie ist die US-Armee damit auf jeden Fall. Bereits im November 2012 – lang vor den Snowden-Enthüllungen – erhielten leitende Ministerien ein Memorandum von Barack Obama, indem der Präsident die Behörden aufforderte, effektive Programme zu entwickeln, um interne Angriffe künftig zu verhindern.

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5 Kommentare

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  • S
    Stirnrunzel

    "Sicher" ist in der Computerindustrie überhaupt nichts, eben weil sie aus globalen Software-und

    Hardwarebestandteilen besteht und weil auch die Mitteilsamkeit der Technologien globaler ist, als einen lieb sein kann.

    Man sollte meinen, dass der Facebook-effekt in Ägypten,Tunesien, Libyen sehr, sehr beeindruckend die entfachbaren Massendynamiken

    und Geheimkommunikationen, auch Anstachelungen verdeutlichte. Nur haben diesmal die Leute auch noch Zugang zu tödlichsten Waffen und sind in einer besonders psychisch belastenden Situation. Das Medium erlaubt den Transfer von Bild-und Tonmaterial und kryptifizierten Botschaften, was eben sehr schnell auch Eigenkulturen und Eigendynamiken entfalten kann und hohe Wartungskosten und mentale Konzentrationsdefizite

    wegen familiärer Belastung verursacht, welche in eine tadellose Familienbetreuung der SoldatInnen (Schule, Wohnung, Kindergarten, seelische Betreuung, effiziente Logistik zur Familie) und seelische Nachsorge und Versicherungsschutz, Krankenversorgung für SoldatInnen besser angelegt wäre. Die Programme sind das Sicherheitsrisiko an sich, Telefonate deutlich risikoärmer.

    Das System scheint hochdiversifiziert zu sein mit massenhaft vielen Einfallstoren,

    hoher Ablenkungsfähigkeit und Gängelungsmacht der operativen

    Streitkräfte. Ein gutes Militärisches System besteht auch aus vielen sehr guten Teilsystemen, die für sich Kriege gewinnen könnten und enthält keine Systeme die die Organisationsstruktur von außen

    ins Chaos stürzen können durch manipulierte Lageberichte, Trouble in sozialen Netzwerken,

    Viren, Trojaner, falsche Koordinaten usw. . Es ist bescheuert ein System zu entwickeln, welches bei Überwältigung den ganzen militärischen Komplex und letzlich den Westen ausliefert!!!! Da ist Einfachheit effizienter. Finanziell hat die Taliban den Krieg in Afghanistan gewonnen!!!

  • F
    FatalImpact

    China,Iran, Russland sind ohne unbedingt

    eine komplexe Spionagestruktur

    aufbauen zu müssen in der Lage via Internet sich sämtliche mühsam mit Mrd.-aufwand produzierten Produktionspläne von militärischen Produkten sich zu beschaffen. Mit ihren extrem guten Zugang zu Rohstoffen und ihren extrem billigen Arbeitskräften wird

    der Billionen-Dollar Vorsprung

    radikal zusammengeschmolzen und NIEMAND weiß, wie groß er tatsächlich noch ist. Das ist die Hauptdummheit und gegen die muss man Widerstand üben und wenn das bedeutet irgendwelchen hohen HerrscherInnen im Militär einmal gewaltig in den A... zu treten! Wenn es gelingt, dass das feindliche Militär Administratorenrechte für die Cloud erwirbt oder gefakte soziale Stimmungen simuliert, dann ist die Sch... perfekt.

    Ein Militär als soziales Netzwerk zu konzipieren, ähnlich wie facebook, offenbart schon totalen Unverstand. Wenn die Entfernung von SoldatIn zu Vorgesetzten so groß ist, wie

    der zwischen ZivilistIn und Geheimdienst, dann ... forget it!

  • F
    FatalImpact

    Damit das System überhaupt eine bestimmte Anzahl an Webseitenaufrufen erfassen kann,

    muss letzlich eine Permanentüberwachung ALLER stattfinden.

    Nach 9/11 hat die USA aufgehört eine Demokratie zu sein!!!

    Ein scheinbar verblödeter Bush junior hat gereicht, der in Wirklichkeit absichtlich den Grundstein zur Beseitigung der amerikanischen Bürgerrechte

    sprengen wollte. Obama geht diesen Weg weiter. Erlöser wollten sie beide sein, die Realität ist ein Crash.

    Snowden und Manning sind Helden des anständigen aber aussterbenenden Ideals des amerikanischen Gewissens. Die USA kopieren die Regierungsmodelle der Diktaturen

    und schirmen sich bestmöglich gegen eine innere Erneuerung ab,

    um Proporz und Ansehen einiger zu schützen. Nicht Snowden oder Manning sind die Probleme, sondern eine Sicherheitsinfrastruktur die anderen Staaten umfassenden Militärgeheimnisdiebstahl erlaubte. Nicht die Aufdeckung der Verbrechen der USA sind das Problem, sondern die geklauten Atombombencodes, die geklauten Baupläne für Jets, Drohnen, Panzer, Einsätzpläne und Militärstrategien. Und Clouds verstärken diese Probleme noch.

    Die Hoffung der USA liegt in seinen Ausnahmetalenten und nicht in einer faschistoiden paranoischen Gleichschaltung!!!!

    Gezüchtet wird nun aber Duckmäusertum und Despotismus

    und Vorgesetztentyrannei, Eitelkeit, Radikalität. Pfui!

  • NS
    Noch so ein Netzwerk

    Die STASI hatte ebenfalls ihr eigenes Netzwerk. Die Amis sind jedoch zu arrogant und zu paranoid, um aus der Vergangenheit zu lernen.

  • Die US-Paranoiker trauen sich nicht mal selbst.

    Könnte ja jemand die Wahrheit denken, sagen, publizieren.