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Angst nach den Angriffen in AmsterdamDas waren Hetzjagden

Kommentar von Daniel Uschpol

Die Gewaltszenen gegen Israelis in Amsterdam sind keine Einzelfälle. Die Lage für jüdische Fußballfans wird immer bedrohlicher.

Demonstrierende laufen mit Palästina-Flaggen und Hamas-Symbolen vor dem Spiel zwischen Ajax Amsterdam und Maccabi Tel Aviv Foto: Jeroen Jumelet/epa

D ie Szenen aus Amsterdam gingen schnell um die Welt: Nach Abpfiff des Spiels zwischen Ajax Amsterdam und Maccabi Tel Aviv am vergangenen Donnerstag kam es zu massiver Gewalt gegen die angereisten israelischen Fans. Und das sorgt für immer mehr Angst unter jüdischen Fußballfans in Europa.

Videos, die in den sozialen Medien kursieren, zeigen eine am Boden liegende Person, offenbar bewusstlos, auf die eingeprügelt wird; einen Fußgänger, der von einem Autofahrer überfahren wird; Menschen, die um Gnade flehen, die beteuern „nicht jüdisch“ zu sein in der Hoffnung, verschont zu werden; eine Person, die in eine Gracht geworfen wurde. Und das hämische Gelächter der Täter, die aussprechen, dass all dies im Namen Palästinas und Gazas geschieht. Einer rief, er sei auf einer „Judenjagd“. Ein anderer trug ein Stirnband der Hamas.

Ja, die aktive Fanszene von Maccabi Tel Aviv ist teilweise von rechten Hools geprägt, wie der Gruppe „Fanatics“. Sie randalierten selber vor dem Spiel, rissen Palästina-Flaggen von Fenstern und sangen rassistische und kriegsverherrlichende Lieder auf ihrem Weg ins Stadion. Rechtfertigt dies jedoch die zügellose Gewalt, die sich nach dem Spiel deutlich zeitversetzt abspielte? Ist es legitim gewesen, dass man die Stadt nach Israelis durchsuchte, völlig irrelevant, ob sie zu Maccabi gehören? Ist es fair, jeden einzelnen Fan ins Visier nehmen zu dürfen? Frauen, Familien, Kinder?

Das in Amsterdam waren Hetzjagden. Hetzjagden, die an Chemnitz im Spätsommer 2018 erinnerten, als ein Mob von Rechtsextremen und Nazis die Stadt nach migrantisierten Menschen durchkämmte, um ihnen Gewalt anzutun. Und genau wie in Chemnitz waren die Sicherheitsbehörden in Amsterdam schlecht auf die Situation vorbereitet.

Rache für Gaza

Die Täter waren nicht von Ajax Amsterdam, einem Verein, der eine lange jüdische Tradition hat und mit Maccabi Tel Aviv eine Freundschaft pflegt. Sondern ihr Motiv war: Rache. Rache für den Krieg in Gaza, Rache an Israelis. Und man darf auch annehmen, dass sie einen ähnlich psychologischen Effekt wie die Hamas und ihre Taten vom 7. Oktober erzeugen wollten – Erniedrigung und des Terrors.

Dass Teile der Maccabi-Fans ihnen „Gründe“ gaben, sie „provoziert“ haben, spielt keine Rolle. Jede israelische Gruppe hätte zum Ziel werden können. Denn sie fragten nach den Pässen, in denen nicht etwa drinsteht, ob man Hooligan, sondern ob man israelischer Staatsbürger ist. Fotos dieser gestohlenen Pässe teilten die Täter dann stolz in den sozialen Medien. So was wäre in einer europäischen Hauptstadt vor wenigen Jahren noch unvorstellbar gewesen und dies beunruhigt nicht nur Israelis, sondern auch die jüdische Diaspora.

Die Hetzjagden in Amsterdam waren dabei kein Einzelfall. Immer wieder kommt es im Fußball zu antisemitischen Parolen, Anfeindungen, Übergriffen. Zum Beispiel ebenfalls am Donnerstagabend in Berlin: Nach einem Jugendspiel zwischen TuS Makkabi und DJK Schwarz-Weiß Neukölln seien die jungen Makkabi-Spieler mit Stöcken und Messern verfolgt worden. Laut dem Vater eines der Makkabi-Spieler seien die Kinder auch mehrfach beleidigt und bespuckt worden.

Oder nach dem Spiel zwischen Dortmund und Celtic Anfang Oktober: Die angereisten schottischen Fans hinterließen „Fuck Hersh“-Botschaften im BVB-Stadion – als Antwort auf das Engagement zahlreicher deutscher Fußballvereine wie Werder Bremen, die an den israelischen Fußballfan Hersh Goldberg-Polin erinnerten, der am 7. Oktober 2023 von der Hamas entführt und im August dieses Jahres von der Terrororganisation per Kopfschuss hingerichtet wurde.

Gefühl der Unsicherheit

All das führt zu einem tiefen Gefühl der Unsicherheit unter jüdischen Fußballfans wie mir, die jetzt umso mehr Angst in der Kurve oder auf dem Nachhauseweg haben müssen, als wir zum Teil ohnehin schon hatten. Denn für uns gelten offenbar andere Maßstäbe. Stundenlange Hetzjagden werden zu „Ausschreitungen unter Fans“ deklariert. Und kritikwürdiges Verhalten, wie es leider von Fans aus aller Welt zu sehen ist, wird bei Israelis zur Rechtfertigung für eine kollektive Bestrafung durch Gewalt.

In Hannover gab es am Samstag eine Kundgebung, die die Vorkommnisse in Amsterdam gefeiert hat und sich solche Szenen auch hier in Deutschland wünscht. Und am kommenden Donnerstag spielt die israelische Mannschaft gegen Frankreich in Paris. Bei vielen Fans herrscht jetzt umso mehr Angst, dass die Hetzjagden aus Amsterdam sich wiederholen könnten. Und in diesen Tagen wird sich entscheiden, ob wir ein friedliches Fußballspiel erleben werden oder Israel wieder seine Flugzeuge zur Evakuierung schicken muss.

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16 Kommentare

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  • Paula , Moderatorin
    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.                  
  • Endlich berichtet nun auch die FAZ - einsam im Chor der Verteidiger der israelischen Hooligans - über die Provokationen dieser Hooligans, jedoch hinter einer paywall:



    www.faz.net/aktuel...hte-110102406.html



    Darüber hat Al Jazeera bereits vor Tagen berichtet:



    www.aljazeera.com/...sters-in-amsterdam



    Ausführlich zu lesen jetzt auch in



    perspektive-online...emitische-pogrome/



    Mehr zu diesem Grazer Medium hier:



    de.m.wikipedia.org...tive_(Zeitschrift)



    Die Provokationen der israelischen Hooligans sind keine Entschuldingung für die Hetzjagten auf die Israeli nach dem Spiel, aber ein - bewusster??? - Funke, welcher das entfachte, was insbesondere von israelischer Seite als "Pogrom" bezeichnet wurde. Es geschah - wie auch der 7. Oktober - nicht im "luftleeren Raum".

  • Der korrupte Netanjahu und seine Faschisten im Kabinett schaffen es tatsächlich Israel's Ansehen in der Welt noch weiter zu besudeln.



    Sie ignorieren jeden Appell und Kritik und reagieren dann "überrascht und empört", wenn schon ein paar rassistische Sprechchöre von besoffenen Idiotenfans im Ausland zur gewalttätigen Eskalation und Straftaten führen.

  • Für Spiele und Kulturveranstaltungen im Ausland gibt es aktuell eine Warnung der israelischen Regierung. Israelische Offizielle, der neue Aussenminster z.B. sollten sich trotz allem für die üblen, menschenverachtenden Pöbeleien der Maccabi Ultras, die ich zunächst für erfunden und gefaked gehalten habe, bei der Stadt Amsterdam entschuldigen. Da hätte die Polizei besser einige aus dem Verkehr gezogen. Allerdings hätte das den vorher abgestimmten Verlauf der Judenjagd kaum verändert.

  • "den israelischen Fußballfan Hersh Goldberg-Polin"

    Hersh war einer von den Aufrechten, die nicht trennen zwischen Israelis und Palästinenser, zwischen Juden und Muslimen. Für ihn gab es gutwillige Menschen und böswillige Menschen.

    Hersh liebte Fußball. Er packte den Nahostkonflikt an, wo er immer weiter fortgesetzt wurde. Bei der nächsten Generation.

    Hersh Goldberg-Polin organisierte Fußballturniere für israelische und palästinensische Kinder. Mit gemischten Mannschaften. Jüdische und muslimische Kinder zusammen, und Fair Play sowieso.

    Er zeigte uns allen den Weg. Ewige Verdammnis seinen Mördern!

    Ruhe in Frieden, Genosse!

    • Annette Hauschild , Autor*in ,
      @Ajuga:

      Vielen Dank, liebe Ajuga, für diese Informationen. Sie haben recht, Es geht nur mit Verständnis und Zusammenarbeit.

  • Natürlich sind die Hetzjagten und Gewaltszenen in Amsterdam durch nichts zu rechtfertigen. Die Sorgen von Daniel Uschpol sind durchaus nachvollziehbar. Ich würde ihn jedoch auch gern fragen wie man seiner Meinung nach mit den teils ekelhaften "Fangesängen" aus den Reihen der Macabi Ultras umgehen soll? Gegröle wie: "There are no schools in Gaza because there are no children left" und "Let the IDF win to f...ck the Arabs? Die Belege hierfür lassen sich schnell im Netz finden.

    • @AnzBanz:

      Hallo, erstmal vielen Dank fürs Lesen des Artikels.

      Ich finde es zutiefst verurteilenswert was aus den Reihen der Maccabi Hooligans gekommen ist. Sowas sollte man auf jeden Fall anzeigen. Was ich jedoch problematisch finde, ist dass dies als Anlass genommen wurde die israelischen Fans kollektiv zu bestrafen. Ironischerweise waren unter den meisten Opfern gewöhnliche, friedliche Fans, während die Hooligans diejenigen gewesen sind, die die Täter in die Flucht schlagen konnten. Dass dies von vornherein auch abgesprochen gewesen ist, lässt den Eindruck erwecken, dass sie nicht als Hooligans, sondern als Israelis Ziel geworden sind

      LG



      Daniel Uschpol

  • Jemanden wegen seines Glaubens, seiner Herkunft, seines Aussehens, ... abzustempeln, zu beleidigen oder gar tätlich anzugehen geht bitte nicht.



    Egal, wo, egal, wer.

    Ja, Netanyahu ist genauso reif für den Strafgerichtshof von Den Haag wie die Hamas-Spitze, so sie noch nicht außergerichtlich getötet wurde.



    Ja, Fußball-Fans gehen sich gegenseitig schon häufiger an.



    Ja auch, es gab da auch bei Maccabi-Fans widerliche Sprüche und Aktionen.



    Und nein, man kann sich trotzdem benehmen!

    Und bleiben wir dabei universal, mit den obigen Prinzipien!

  • Ja, es waren Hetzjagden und nicht tragbar. Aber nicht antisemitisch geprägt, sondern als Reaktion auf Provokationen der Israelischen Hooligans.

    • @gorg11:

      Wie das zu bewerten ist, steht doch bereits klar und deutlich im Kommentar: "Dass Teile der Maccabi-Fans ihnen „Gründe“ gaben, sie „provoziert“ haben, spielt keine Rolle. Jede israelische Gruppe hätte zum Ziel werden können. Denn sie fragten nach den Pässen, in denen nicht etwa drinsteht, ob man Hooligan, sondern ob man israelischer Staatsbürger ist."



      Ich habe keine Vorstellung davon, was Ihrer Ansicht nach noch passieren muss, damit man es "Antisemitismus" nennen "darf".

  • Danke für den Kommentar. Da gibt es nichts zu relativieren, es ist schlichter Judenhass. Nichts anderes!

    • @Sam Spade:

      Ja, es ist ein wirklich sehr treflicher Kommentar!

      Der Nahostkonflikt gebiert verlässlich überschäumende Hyperbolen, Hyperlative, sprachliche Grenzverschiebungen. Dies hier kommt ohne all das aus. Sachlich und informativ. Umfassend vom kleinen Detail bis zum großen Ganzen. Und trotz der durchgängigen Faktizität - und so schreiben zu können ist eine große Kunst, vor der ich mich verneige - spricht aus jedem Satz eine konstant schwelende, grollende Mischung aus Erschütterung, Abscheu und Zorn. Und in dieser Sache sind das nur allzu berechtigte Emotionen. Da sie aber eher unterschwellig sind, verstellen sie nicht den Blick auf die Fakten.

      Das ist nicht der Fall wenn - wie es leider oft der Fall ist, wenn jemand über den Nahostkonflikt schreibt - der Schaum vorm Mund aus jeder Zeile trieft, wenn kein Wort extrem genug sein kann, wenn terroristischer Massenmord und üble Kriegsverbrechen nicht mehr die scheußlichen Straftaten sind, die sie sind, sondern direkt zum neuen Holocaust überhöht werden.

      Daniel Uschpol hat ein hochentwickeltes Wortaneinanderreihgewissen. Und das braucht man, will man das, was das Schwert anrichtet, nicht mit der Feder noch schlimmer machen.



      Chapeau!

  • "Die Lage für jüdische Fußballfans wird immer bedrohlicher."

    Nicht nur für jüdische Fußballfans, auch für jüdische und/oder israelische Bürger:innen allgemein.

    Ich empfinde Scham und Entsetzen darüber, dass jüdische und/oder israelische Menschen in Europa wieder gejagt werden und nicht von staatlichen Institutionen geschützt werden können. So weit hätte es nie (wieder) kommen dürfen.



    Meiner Meinung nach muss die Antisemitismus-Resolution des Bundestags in Gesetze überführt werden, damit wir zumindest und gerade hier in Deutschland (!) Antisemitismus nachhaltig verfolgen und juristisch konsequent ahnden können.

    Und wieder einmal bin ich froh darüber, dass es Israel gibt und hoffe, dass die Unterstützung der USA und Deutschlands Israel für immer erhalten bleibt.



    (Ich glaube übrigens nicht, dass die Judenverfolgung in Europa/Deutschland enden würde, wenn die Palästinenser einen eigenen Staat hätten. Das ist meiner Meinung nach eine Ausrede.)

    Da es bei "Amsterdam" naheliegend ist, erinnere ich an Anne Frank und die ca. sechs Millionen von uns ermordeten Jüdinnen und Juden.

  • Es ist erschreckend zu sehen was auf europäischen Straßen wieder möglich ist. Und ebenso schlimm wie diese Hetzjagden arabischstämmiger Mobs auf unseren Straßen ist die offensichtliche Relativiererei durch sich selbst als progressiv und links verstehende Menschen. Nein, diese Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen und es wird Zeit aufzuwachen und mit mit aller Härte zu reagieren.

    • @Fran Zose:

      " . . . offensichtliche Relativiererei durch sich selbst als progressiv und links verstehende Menschen."

      Man muss Verständnis für diese Leute haben.

      Hinter der Hamas stecken das Mullah-Regime. Antiwestlich, antizionistisch, antisemitisch etc.

      "Progressive" Linke interpretieren da noch ein "antikapitalistisch" mit rein und wittern Revolution, die natürlich mit dem Weltfrieden endet.

      Leider vergessen diese "Linken", dass Khomeini seinerzeit Kommunisten in den Knast werfen ließ.

      Und der Khomeinismus bleibt die treibende Kraft.