Angst der AfD vor dem Verfassungsschutz: Hausbergers Liste der No-Gos
Eine geleakte Präsentation zeigt, wie die AfD der Überwachung entgehen will. Ihr Berater rät von Antisemitismus und NS-Verharmlosung ab.
Internes Material der Stiftung, das der taz vorliegt, bestätigt die große Angst und offenbart die bemühte Grenzziehungen. Auf einem Seminar der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung zum Thema Patriotismus und Rechtsextremismus in Hamburg verhandelten die Seminarteilnehmenden darüber, was in der Partei gesagt werden kann und was nicht. Auf der Interneteite der Stiftung ist das Event nicht angekündigt. „Das war ein Probeseminar, wir werden dieses Format jetzt öfters anbieten“, sagt Hans Hausberger von der Stiftung der taz.
An welchem Oktoberwochenende das Seminar stattfand, daran erinnert Hausberger nicht ganz genau. Vor ein oder zwei Wochen, sagt er. Bei dem Event ging Hausberger – unterstützt mit einer Powerpointpräsentation – Argumentationen durch, um zu überprüfen inwieweit seine Beobachtungen dem Verfassungsschutz zuspielen könnten. Hausberger kennt sich aus, in den Neunzigerjahren unterstützte er die rechtsradikale Kleinpartei Die Republikaner bei Stiftungsbemühungen und stellte sich selbst als „Mann von Schönhuber“ vor – Gründer der Republikaner und einst bei der Waffen-SS.
In der Präsentation warnt Hausberger, dass eine „Beobachtung durch den VS“ eine „existentielle Bedrohung“ darstellen würde. Die „letzte Möglichkeit“ der „herrschenden Parteien“, mit dem Geheimdienst „die AfD wieder kleinzukriegen“. Das Argument, die AfD sei bereits zu groß um beobachtet zu werden, würde die Realität „vollkommen verkennen“. Die Medien würden begeisterten „Flankenschutz“ für die Beobachtung geben, so Hausberger. Doch die AfD hätte es auch selbst „in der Hand“, ob ihr von „interessierter Seite ein Strick gedreht werden kann oder nicht“. Die eigenen Werte müssten hierfür nicht „verraten“ werden.
Antisemitismis sei nicht hinnehmbar
Eine Formulierung, die „absolut inakzeptabel“ sei, sagt Hausberger, wäre jedoch die „Ablehnung und „Verächtlichmachung“ der freiheitlich demokratischen Ordnung. Was ebenso „gar nicht“ gehen würde, wären Aussagen zur repräsentativen Demokratie als „das, was wir leider noch haben“ und von einer „verfaulten Demokratie“ und einem „rettenden Führerstaat“ zu sprechen. „Absolut inakzeptabel“ sei des Weiteren die „Infragestellung der Menschenrechte“, so dürfte auch nicht die Religionsausübung abgelehnt werden.
Bestimmte Begriffe und Aussagen seien nicht weniger „inakzeptabel“, darunter etwa „Biodeutscher“ und der rassistische Begriff Quoten-N****, sowie die Aussagen, geflüchtete Menschen würden „schlagen, vergewaltigen, messern und morden“ und das sei „in der DNA dieser Asylforderer“ angelegt. Nicht gehen würde zudem die „Beschönigungen des Nationalsozialismus“ und die Relativierungen seiner Verbrechen.
Außerdem sei Antisemitismus nicht hinnehmbar, mahnt Hausberger. So gingen Aussagen von Wolfgang Gedeon in Baden-Württemberg nicht. Der vielfach wegen antisemitischer Äußerungen kritisierte Landtagsabgeordneter, werde „unbegreiflicherweise“ als AfD-Mitglied „geduldet“. Und Hausberger greift zudem Hans-Thomas Tillschneider an. Dem AfD-Landtagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt wird exemplarisch vorgehalten mit der „Identitären Bewegung“ zusammen zu arbeiten.
Dummschwätzer, die Mitglieder gefährden
Es wäre inakzeptabel, mit einer vom VS als „extremistisch“ ausgemachten Gruppe zu kooperieren, zudem würde ein Unvereinbarkeitsbeschluss bestehen. Die Empfehlung: bei „bewussten Verstößen“ müsste die Partei konsequent einschreiten. Alles andere wäre „verheerend“. Wenige „Dummschwätzer“ könnten die Arbeit und Berufsexistenz von „unzähligen Mitgliedern“ gefährden.
In der Präsentation betont Hausberger nicht bloß, „Angriffsflächen“ dringend zu vermeiden, sondern auch nicht zu denken, dass „die Verteidigung doch immer der Angriff“ sei. Vielmehr sei zu unterscheiden, auf welchem Feld Angriff oder Verteidigung geboten sei. „Wir haben nun in der AfD leider auch ein paar Leute, die das nicht unterscheiden können“. Und es wären „leider gerade die stets ‚offensiv‘ gemeinte Großmäuligkeit der Wenigen“, die die „ganze Partei“ in „die Defensive zwinge“.
Hausbergers Fazit: die Vorstände und Schiedsgerichte müssten konsequent gegen diese „Narren“ vorgehen. Ohne Rücksicht auf das Ansehen der Personen, müsste eine glaubhafte und rasche Distanzierung erfolgen. Werden „diese Regeln nicht“ befolgt, „würde die AfD untergehen“. Die Empfehlungen aus der Stiftung dürften in der Partei nicht allen gefallen. Denn eine AfD ohne Höcke-Typen ist für viele eine CDU 2.0.
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