piwik no script img

Angriff auf Tagesspiegel-Autor in Berlin„Du linke Drecksau“

„Tagesspiegel“-Autor Helmut Schümann wird beschimpft und geschlagen. Die körperlichen Folgen sind „halb so wild“, sagt er. Doch der Schock bleibt.

Tagesspiegel vom 30. Oktober mit der aktuellen Schümann-Kolumne (Ausriss). Foto: taz

Berlin taz | Eigentlich sei er kein ängstlicher Mensch, sagt Helmut Schümann über sich. Doch als er am Montagmorgen aus seinem Haus trat, schaute er sich doch erst einmal um. Nach links. Nach rechts. Eigentlich ist er nicht ängstlich. Aber „eigentlich“ ist seit Freitag nicht mehr.

An jenem Abend war Schümann attackiert worden: „Du bist doch der Schümann vom Tagesspiegel, Du linke Drecksau!“, soll der Täter gerufen und kurz darauf zugeschlagen haben – von hinten in den Nacken. So erzählt es der Journalist. Schümann fiel zu Boden. Eine Schürfwunde am Knie. Der körperliche Schaden sei „halb so wild“, sagt er. Doch der Schock, der habe sich nun eingenistet. „Mir geht‘s nicht gut.“

Schümann war gerade vom Einkaufen gekommen, lief die Lewishamstraße im Berliner Stadtteil Charlottenburg hinunter, dann traf ihn der Schlag. Der Angreifer rannte Richtung Kurfürstendamm weg. Ein Angriff auf ihn und auf seine Privatsphäre. Schümann hat Anzeige erstattet. Den Täter konnte er jedoch kaum beschreiben. Männlich, kein Akzent. Ein bisschen größer als er selbst. Das war‘s.

Schümann schreibt einmal pro Woche eine Kolumne auf der Titelseite des Berliner Tagesspiegel. Sein Gesicht ist illustriert. „Ich wage zu bezweifeln, dass man mich ob dieser Zeichnung erkennt“, sagt Schümann. Also muss es jemand gewesen sein, der ihn von anderswoher kennt. „Der wohnt vielleicht in meinem Kiez“, sagt Schümann, der sich in seinen Texten klar positioniert. Am Freitag stand in seiner Kolumne, warum er „niemals stolz sein werde, Deutscher zu sein“. Er schrieb über „die Versuche der Seehofers, der AfDler, der Pegidas und der besorgten Bürger, unsere Demokratie und unsere Humanität auszuhebeln“. Das scheint mittlerweile für einige schon zu genügen, um zuzuschlagen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Solche Angriffe sind nicht zu tolerieren und ich hoffe inständig das der/die Verantwortliche/n gefunden und verurteilt werden.

     

    Allerdings verwundert mich dann doch der "Schreck" ob des ganzen, Angriffe gegen Andersdenkende sind in Deutschland schon länger normal, man versuche nur mal sich in Göttingen als Verbindungsstudenten auf die Strasse zu begeben.

    Da sind Pöbeleien dann das mindeste.

    Selbiges sah man bei Angriffen auf AfD-Politiker.

     

    Es ist schon seit längerem so (und war vielleicht auch nie anders) das Leute wegen ihrer politischen Ansicht angegriffen werden und verletzt werden die Aufregung hält sich meist in Grenzen wenns nicht einen aus dem linken Lager erwischt.

     

    Es mangelt in dieser Demokratie generell an der Bereitschaft Gewaltanwendung grundlegend zu ächten, das gilt für den Galgen für Merkel bei Pegida, für den tagesspiegel-Autor, aber auch für den Angriff auf den Burschenschafter in Göttingen.

  • Es war durchaus zu erwarten, dass sich der Hass der Hassbürger mehr und mehr gegen alle richtet, die es wagen, eine andere Meinung zu haben, oder eben einfach nicht von Hass und Angst geleitet zu werden.

     

    Erwartbar, weil sich Geschichte wiederholt. Vor noch nicht einmal 100 Jahren haben auch Abgrenzer, Ausgrenzer, Nationalisten zu solchen Mitteln gegriffen. Und die NSDAP hat ja auch klein angefangen, hatte Führungswechsel durchzumachen und so weiter. Wer die Parallelen noch immer nicht sehen kann, dem kann man wahrscheinlich nicht helfen. Wehret den Anfängen (friedlich!).

  • Da sind offensichtlich einem Radikalen die Worte ausgegangen. Seine Vaterlandsehre scheint Schürman angegriffen zu haben als er davon schrieb '.. könne niemals stolz auf Deutschland sein...' (Ich hab den Artikel gesucht aber nicht gefunden, entfernt?) Wie richtig hat Schürmann bemerkt: " alles halb so schlimm" Ehrentaten sind doch mittlerweile auch in D salonfähig. So gesehen hat Schürmann vielleicht doch recht, darauf kann man wirklich nicht stolz sein.

  • >>> Sein Gesicht ist illustriert. „Ich wage zu bezweifeln, dass man mich ob dieser Zeichnung erkennt“, sagt Schümann. Also muss es jemand gewesen sein, der ihn von anderswoher kennt.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      "Sein Gesicht ist illustriert. „Ich wage zu bezweifeln, dass man mich ob dieser Zeichnung erkennt“, sagt Schümann. Also muss es jemand gewesen sein, der ihn von anderswoher kennt."

       

      Schon mal was von Google gehört?