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Anglizismus des JahresUnsichtbar durch Farbe

„Blackfacing“ ist der Anglizismus des Jahres 2014. Ein Wort, das auf ein größeres Rassismusproblem in der Gesellschaft aufmerksam macht.

2013 bei „Wetten, dass...“ in Augsburg: Figuren der Augsburger Puppenkiste werden von angemalten Weißen dargestellt Bild: dpa

BERLIN taz/dpa | Der Ausdruck „Blackfacing“ ist zum „Anglizismus des Jahres“ gekürt worden. Das Wort bezeichnet schwarz geschminkte Weiße, die dunkelhäutige Menschen darstellen sollen.

Es leitet sich vom englischen Blackface ab und hat seinen kulturellen Ursprung im US-amerikanischen Varieté-Theater des 19. Jahrhunderts: Zu dieser Zeit war es selbstverständlich, dass Schwarze unmöglich auf Bühnen auftreten konnten, also übernahmen dies Weiße. Auch inhaltlich war die Tradition rassistisch; es wurden hauptsächlich stereotype, naive, dumme Sklaven dargestellt.

Mit der Wahl zum Anglizismus des Jahres wird einerseits darauf aufmerksam gemacht, dass die Unsichtbarmachung von People of Color auch in Deutschland ein Thema ist und vor allem nicht in der Vergangenheit liegt.

Das ZDF handelte sich 2013 bei einer Ausgabe von „Wetten, dass...“ Rassismus-Vorwürfe ein, nachdem bei einer Wette dazu aufgefordert wurde, die Figur des Jim Knopf aus der Augsburger Puppenkiste von weißen, mit Kohle angemalten Zuschauern darstellen zu lassen. Auch im Theater werden Schwarze immer noch oft von Weißen dargestellt. Ein anderes Beispiel: Beim WM-Spiel Deutschlands gegen Ghana haben sich viele deutsche Fans die Gesichter schwarz geschminkt.

Der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch von der Initiative „Anglizismus des Jahres“ erklärt die Problematik auf seinem Blog: „Jedes Mal, wenn ein schwarzgeschminkter Weißer irgendwo auftritt, sagt das: Schwarze können das nicht. Schwarze kennen wir nicht. Schwarze gibt es in unserer Mitte nicht. Was Schwarze von dieser Rolle halten würden, wenn es sie in unserer Mitte gäbe, interessiert uns nicht.“

Mit der Wahl zum Anglizismus des Jahres 2014 macht die Initiative um Stefanowitsch nicht nur auf Blackfacing aufmerksam. Dass sich Weiße in so vielen Situationen nach allem, was die Geschichte zu bieten hat, immer noch herausnehmen, People of Color ihre Stimme zu nehmen, sie zu repräsentieren und somit zu diskriminieren, schwingt ebenfalls mit. Für die Unsichtbarmachung schwarzer Menschen muss sensibilisiert werden und dafür gibt die Initiative den Anstoß.

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4 Kommentare

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  • 6G
    677 (Profil gelöscht)

    "Jedes Mal, wenn ein... ... Schwarze gibt es in unserer Mitte nicht."

    Und das in Bezug auf Sternsinger? Da muß man sich aber auch erst mal reingesteigert haben.

    Kopfschüttel.

  • "Auf die Unsichtbarmachung schwarzer Menschen muss sensibilisiert werden..."

    Auch auf die mangelnde schriftsprachliche Kompetenz von taz-Redalteurinnen müsste sensibilisiert werden.

  • "„Jedes Mal, wenn ein schwarzgeschminkter Weißer irgendwo auftritt, sagt das: Schwarze können das nicht. Schwarze kennen wir nicht. Schwarze gibt es in unserer Mitte nicht. Was Schwarze von dieser Rolle halten würden, wenn es sie in unserer Mitte gäbe, interessiert uns nicht.“ "

     

    Nö, das heißt ganz einfach: Es steht kein adäquater farbiger Schauspieler zur Verfügung, der die Rolle spielen könnte.

    Und wer allen Ernstes die Situation an hießigen Bühnen mit den amerikanischen Varietébühnen des 19 Jhrdts vergleicht, hat wirklich ein Problem.