piwik no script img

Amtsenthebungsverfahren gegen Trump„Geständnis“ vom Stabschef

Mick Mulvaney, derzeit Stabschef im Weißen Haus, bestätigt den Druck auf die Ukraine aus innenpolitischem Kalkül. Dann rudert er zurück.

Trumps Verteidiger oder Kronzeuge? Interims-Stabschef Mick Mulvaney im Weißen Haus Foto: ap

Washington ap | Der geschäftsführende Stabschef im Weißen Haus, Mick Mulvaney, hat mit neuen Enthüllungen in der Ukraine-Affäre überrascht. Am Donnerstag räumte er vor Reportern ein, dass Präsident Donald Trump bewusst Militärhilfen an die Ukraine zurückgehalten und dies mit der Forderung verknüpft habe, dass die Führung in Kiew die Rolle des Dachverbands der US-Demokraten im Präsidentschaftswahlkampf 2016 untersuchen lasse.

Nach Mulvaneys Äußerungen schien das Weiße Haus um Schadensbegrenzung bemüht. Trumps Anwalt distanzierte sich von dessen Darstellung. Die Demokraten sprachen von einem weiteren Beleg für ein Fehlverhalten des Präsidenten, das den Vorermittlungen zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren neue Nahrung geben könnte.

Mulvaney betonte in einem seltenen Presseauftritt im Weißen Haus, dass Trump nichts Falsches gemacht habe. Denn er habe um Hilfe bei Ermittlungen zu einer früheren US-Wahl gebeten, nicht aber zum anstehenden Urnengang 2020. Mulvaney spielte damit offenbar auf unbestätigte Verschwörungstheorien an, denen zufolge es eine ukrainische Verbindung zu russischen Hackerangriffen auf den Dachverband der US-Demokraten 2016 gebene haben soll. Damals machten Gerüchte über einen angeblich in der Ukraine versteckten Server die Runde, der kompromittierendes Material über die Partei enthalten habe.

Trump sei es darum gegangen, im Zusammenhang mit dem Server gegen Korruption in der Ukraine vorzugehen. „Deshalb haben wir das Geld zurückgehalten“, sagte er über die blockierte Militärhilfe in Höhe von fast 400 Millionen Dollar.

Erklärungsnot im Weißen Haus

Trumps Bitte an die Ukraine sei außerdem im Rahmen laufender Nachforschungen im US-Justizministerium zu den Ursprüngen der Ermittlungen zur russischen Einmischung in die Wahl 2016 erfolgt, erklärte Mulvaney. Ein hoher Vertreter des Ministeriums sagte jedoch, sollte das Weiße Haus tatsächlich im Zusammenhang mit irgendeiner Untersuchung Finanzhilfen zurückgehalten habe, wäre ihm das neu.

Mulvaney ergänzte vor Reportern, dass Trump mit der Blockade der Gelder auch europäische Länder dazu habe bewegen wollen, ihre eigene Unterstützung für Kiew zu erhöhen. Politische Druckmittel bezeichnete der Stabschef zudem als probates Mittel in der Außenpolitik. So habe die Regierung etwa Hilfen an mittelamerikanische Länder blockiert, um sie zu einem Kurswechsel in der Migrationspolitik zu zwingen.

Dennoch brachten Mulvaneys Auftritt das Weiße Haus in Erklärungsnot. Trumps persönlicher Anwalt Jay Sekulow stellte klar, dass der Rechtsbeistand des Präsidenten nicht in das Pressebriefing des Stabschefs eingebunden gewesen sei.

Stunden später erhob Mulvaney in einer neuen Stellungnahme den Vorwurf, dass seine Worte falsch dargestellt worden seien. Es habe absolut keine Verbindung zwischen der Militärhilfe an die Ukraine und Untersuchungen zur Wahl 2016 gegeben. „Der Präsident hat mir nie gesagt, dass ich Geld zurückhalten soll, bis die Ukrainer bezüglich des Servers irgendetwas unternehmen.“

US-Botschafter bei der EU distanziert sich von Trump

Was Mulvaney im Vorfeld sagte, ließ sich aus Sicht der Demokraten aber nicht mehr einfangen. Der Abgeordnete Eric Salwell erklärte, der Stabschef habe „das Geständnis des Präsidenten mitunterschrieben“.

Ebenfalls am Donnerstag hatte sich der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, in der Ukraine-Affäre von Trump distanziert. Sondland sagte vor Ermittlern im Vorfeld eines möglichen Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump im Repräsentantenhaus, Trump habe ihn und andere Gesandte angewiesen, mit Trumps privatem Anwalt Rudy Giuliani bei der Ukraine-Politik zusammenzuarbeiten. Sondland sagte, sie seien über die Anweisung enttäuscht gewesen.

Trump und Giuliani haben versucht, die Ukraine unter Druck zu setzen, gegen Trumps demokratischen Rivalen Joe Biden und dessen Sohn Hunter zu ermitteln. Sondland sagte, er glaube, es sei falsch, eine ausländische Regierung zu bitten, Untersuchungen mit der Absicht einer Beeinflussung von US-Wahlen vorzunehmen.

Textnachrichten und andere Zeugenaussagen haben Sondland ins Zentrum eines außenpolitischen Dialogs mit der Ukraine gestellt, von dem Behördenvertretern fürchten, dass er die normalen Kanäle umgangen hat. Sondlands Name war in einer Beschwerde eines Whistleblowers im August aufgetaucht, die die Untersuchung zu einem Amtsenthebungsverfahren angestoßen hat. Die Textnachrichten zeigten, dass Sondland mit zwei anderen Diplomaten zusammengearbeitet hat, um im Interesse von Trump und Giuliani zu agieren.

In vorab verfassten Äußerungen, die der Nachrichtenagentur AP vorlagen, versuchte Sondland sich von jeglichen Bemühungen von Trump oder Giuliani zu lösen, gegen einen politischen Rivalen ermitteln zu lassen.

Im Zentrum der Vorermittlungen zum möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Trump steht sein Telefonat des Präsidenten mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj im Sommer. Laut einer Mitschrift forderte Trump ihn zu Korruptionsermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden und dessen Sohn Hunter auf. Die Demokraten sehen in Trumps Verhalten einen Akt des Amtsmissbrauchs, um sich Vorteile bei der Wahl 2020 zu verschaffen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Es ist immer besser, sich das Original anzusehen: www.youtube.com/watch?v=LKRjDdIGWU4

    Diese erneuten Vorwürfe sind doch arg konstruiert..

  • "Mulvaney spielte damit offenbar auf unbestätigte Verschwörungstheorien an, denen zufolge es eine ukrainische Verbindung zu russischen Hackerangriffen auf den Dachverband der US-Demokraten 2016 gebene haben soll."

    Verschwörungstheorie, so so....

    Der Hackerangriff fand im Juli 2016 statt. Als der DNC ihn bemerkte beauftragte es nicht das FBI sondern die private Cybersicherheitsfirma Crowdstrike mit den Untersuchungen und diese kam zum Schluss, die "Russen" wären verantwortlich. Das Problem: die Downloadgeschindigkeit ist bekannt und diese zu erreichen ist übers Internet technisch nicht möglich. Es muss also jemand gewesen sein, der direkten Zugriff auf den Server hatte und die Daten auf z.B. einen USB Stick geladen hat. Und zum Tatzeitpunkt befanden sich nur 2 Personen in der Nähe. Eine davon war Seth Rich, ein 26 jähriger DNC Mitarbeiter und Sandersunterstützer.

    Sollte sich der Sever nun tatsächlich in der Ukraine befinden, dann fragt sich nicht nur Trump, wie er dahin kam und was er da eigentlich zu suchen hat. Und das ist richtig so, denn es besteht der begründete Verdacht, daß es hier um wesentlich mehr geht als um irgendwelche, möglicherweise kriminellen politischen Intrigen: Rich wird noch im Juli 2016 ermordet. Angeblich ein "missglückter Raubüberfall". Der Täter ist bis heute nicht gefasst und nicht nur bitterböse "right wing conspiracy theorists" vermuten, daß hinter diesen Mord wesentlich mehr steckt.

    Dafür gibt es zwar keine Beweise, aber zahlreiche Indizien. Z.B. Wikileaks. Diese machen ihre Quellen zwar nie öffentlich haben aber 25000 Dollar Belohnung für die Ergreifung des Täters ausgelobt. Warum sollten sie das tun, wenn sie die Daten nicht von Rich erhalten hätten?