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Ampel will Gesetz verschärfenStrengere Strafen für Korruption

Die Ampel will Abgeordnete sanktionieren, die ihr Mandat nutzen, um Geschäfte zu machen. Hintergrund sind die Maskendeals von Unionspolitikern.

Alfred Sauter von der CSU, hier im bayerischen Parlament, könnte nach dem neuen Gesetz wegen des Maskendeals verurteilt werden Foto: Rolf Poss/imago

Berlin taz/dpa | Juristisch war es korrekt und hat doch das Gerechtigkeitsempfinden vieler Be­ob­ach­te­r*in­nen empfindlich gestört: Im Sommer 2022 entschied der Bundesgerichtshof, dass die Maskendeals des Ex-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein und des ehemaligen bayerischen Justizministers Alfred Sauter (beide CSU) nicht den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllen. Beide hatten in der Coronapandemie Maskengeschäfte zwischen einem Unternehmen und dem Staat vermittelt und dafür Provisionen teils in Millionenhöhe kassiert.

Das Problem: Nach geltender Rechtslage war die Annahme von Gegenleistungen für Handlungen nur „bei der Wahrnehmung des Mandats“ strafbar, also etwa bei Abstimmungen im Parlament oder in den Ausschüssen. So steht es bislang in §108e des Strafgesetzbuchs. Das heißt: Deals wie die Maskengeschäfte fallen nicht unter diesen Paragrafen, weil sie außerhalb der parlamentarischen Arbeit geschlossen wurden. Und das gilt auch, wenn Po­li­ti­ke­r*in­nen dafür etwa Kontakte und Beziehungen ausnutzen, die auf ihr Mandat zurückgehen.

Diese Lücke will die Ampel nun schließen. Am Donnerstagabend steht in erster Lesung die Änderung des §108 des Strafgesetzbuchs auf der Tagesordnung des Bundestags. Damit soll die Strafbarkeit auch auf Fälle ausgeweitet werden, die nichts mit der eigentlichen Arbeit im Parlament zu tun haben, sondern sich auf die gesamte Zeit als Abgeordnete beziehen. Als Strafe sollen künftig Geldstrafen, aber auch bis zu drei Jahre Haft möglich sein.

Laut dem Gesetzentwurf gilt die Regelung für Bundestags- und Landtagsabgeordnete, für Eu­ro­pa­par­la­men­ta­rie­r*in­nen und Mitglieder von internationalen parlamentarischen Vereinigungen. In der Kommunalpolitik gilt sie nicht.

„Unsere Bürgerinnen und Bürger müssen das Vertrauen haben, dass Abgeordnete für das Allgemeinwohl und nicht den eigenen Geldbeutel arbeiten“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Johannes Fechner. Sein FDP-Kollege Stephan Thomae betonte: „Wer sein Mandat missbraucht, um sich selbst zu bereichern, darf nicht ungestraft davonkommen.

Die Grünen-Rechtspolitikerin Canan Bayram sprach von einem „Schmiergeld-Paragrafen“ und ergänzte: „Wenn Abgeordnete ihre Stellung ausnutzen, um sich selbst zu bereichern, schädigen sie damit das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität politischer Prozesse und fördern den Demokratieverdruss.“

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12 Kommentare

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  • OB das was wird? Die Hoffnung stirbt zuletzt, denn aus den bisherigen Erfahrungen bei Anpassungen hinsichtlich der Korruptions- und Lobbyüberwachung der Politiker gab es immer mal wieder Korrekturen, die aber immer genug Schlupflöcher übrig liessen, um das Spiel weiter zu betreiben. Ist auch verständlich, wenn der "Bock" die Rolle des Gärtners übernehmen soll. So viel innere Würde wird in diesem Bereich doch nur noch von wenigen gelebt.

    • @Sonnenhaus:

      Da habe ich zur Zeit ein wenig Hoffnung, dass dies Gesetz genauso durchgeht, weil auch die Strafen eher ein Witz sind und somit niemand abhalten werden.



      Der unter Generalverdacht stehende Club Der Ungleichen ist ohnehin nicht dabei und wird auch über den Bundesrat keinen Einfluss nehmen können, da es keine Länderinteressen berührt.

  • Wenn es keinen Zusammenhang mit der Mandantsausübung gibt, worin sollte dann die Korruption liegen?

    Im Übrigen wird damit jede Nebentätigkeit eines Abgeordneten strafbar.

    Bevor man ein Gesez erlässt, sollte man sich über die Folgen im Klaren sein. Dieses Gesetz wird in der im Artikel beschrieben Form am Ende nicht durchgehen.

    • @DiMa:

      Ist im Artikel eigentlich gut erläutert.

      "Nach geltender Rechtslage war die Annahme von Gegenleistungen für Handlungen nur „bei der Wahrnehmung des Mandats“ strafbar, also etwa bei Abstimmungen im Parlament oder in den Ausschüssen."

      Jetzt soll es auch strafbar sein, wenn sie für krumme Geschäfte

      "Kontakte und Beziehungen ausnutzen, die auf ihr Mandat zurückgehen."

      Völlig richtig. Politiker werden gewählt, um der Bevölkerung zu dienen; nicht ihrer Brieftasche und der Brieftasche ihrer Spezis.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Wow.

        "Krumme Geschäfte" ist sicherlich eine schöne Definition. Da wird sich der Richter bei der Auslegung freuen.

        Naja und "Kontakte und Beziehungen ausnutzen, die auf ihr Mandat zurückgehen." ist bei Berufspolitikern ebenfalls Butterweich, den bei grundsätzlich vernetzten Personen - das sind Politiker eigentlich immer - ist kaum zu unterscheiden, welche Kontakte und Beziehungen auf ein Mandat zurück gehen oder bereits geschäftlicher Natur sind.

        Wenn beispielsweise Herr Gysi in seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt also in Zukunft weiter Klimakleber strafrechtlich vertritt, geht der Kontakt zum Mandanten dann auf sein Mandat als Abgeordnetem zurück oder nicht.

        • @DiMa:

          Gysi ist Rechtsanwalt.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Ja, nur steht im Gesetz halt nichts von einer Ausnahme im Falle einer beruflichen Tätigkeit des Abgeordneten.

  • Das wird so nicht durchgehen. Die CDSUAFD wird alles dransetzen, dass es geblockt wird. Und die 5.Kolonne der CDSU in der Ampel, die Pseudo-Partei FDP wird sich den Blockierungsversuchen nicht vehement widersetzen.

  • Dann hoffen wir mal, das niemand diese Gesetzesänderung blockiert!

  • Wenn die Ampel wirklich(??) schärfer und härter gegen Korruption-Formen vorgeht.



    Super Prima



    Jedoch war die FDP bis vor ca 20 Jahren immer die Partei mit den meisten Vorstandspöstchen und Deals als Parlamentarier. Inzwischen ist die FDP ja "nur noch" Platz 2, nach der CSU.

    Ich glaube das erst wenn Politiker verknackt werden, richtig hart Zeit sitzen müssen, in harten Gefängnissen. Schließlich sind die Schäden für die Allgemeinheit riesig und alle diese Gestalten brechen ihren Diensteid und sind Zerstörer unserer Demokratie!

    Adenauer, Schäuble, Scheuer, Sauter, Nüsslein, Amthor, die Ex-Weinkönigin, die drei Aserbaidschan Minister, Schröder, usw usw

    Die Liste im Bundestag+Landtagen ist schier endlos in den letzten 75 Jahren!

    • @Arjun G. G.:

      Haben Sie den Artikel gelesen?



      »Als Strafe sollen künftig Geldstrafen, aber auch bis zu drei Jahre Haft möglich sein.«



      Das ist doch richtig süß. Oder anders ausgedrückt, dagegen haben die beiden Münchener Hobbyisten der privaten Steueroptimierung auch in Zukunft mehr zu befürchten, als jemals ein Parlamentarier in Zukunft. Und von einer Mindeststrafe über 12 Monaten ist auch keine Rede.

      Dieses Gesetzchen ist bei solchen »Höchststrafen« eher ein Feigenblatt und dient eher der Dummenberuhigung.

      • @Radium:

        Nein, sie haben Recht!



        Ich hatte sehr große Zweifel das etwas "Echtes" passieren könnte



        Aber natürlich ist es in dieser Form, eine totale Verars..hung