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Ampel-Entwurf zum WeiterbildungsgesetzKein Grund zur Zufriedenheit

Gastkommentar von Kristof Becker

Ursprünglich hatte die Ampel versprochen, allen Jugendlichen eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Echte Verbesserungen sind nicht erkennbar.

Die Ampel findet ihren Entwurf super – Von der Ausbildungsgarantie bleibt hingegen nicht viel übrig Foto: Kay Nietfeld

D en mehr als 2,3 Millionen jungen Menschen ohne Berufsabschluss muss es wie blanker Hohn vorkommen, was die Bundesregierung jetzt vorhat. Schon im Februar will das Kabinett ein Weiterbildungsgesetz beschließen, das auch den Ausbildungsmarkt pushen soll. Doch von der im Koalitionsvertrag angekündigten Ausbildungsgarantie bleibt kaum mehr als das Wort selbst. Dabei hatte die Ampel dort noch versprochen, allen Jugendlichen eine vollqualifizierende Berufsausbildung zu ermöglichen.

Stattdessen legt Bundesarbeitsminister Heil nun einen Referentenentwurf vor, der eine Praktikumsinitiative, ein paar bezahlte Familienheimfahrten und 7.000 zusätzliche außerbetriebliche Ausbildungsplätze vorsieht – selbstredend unter Finanzierungsvorbehalt der Bundesagentur für Arbeit. Eine Garantie sieht anders aus, von einem Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz ganz zu schweigen.

Dabei wäre beides bitter nötig, denn noch nie wurde so wenig ausgebildet wie heute – nur noch knapp 20 Prozent aller Betriebe tun dies. Und auch wenn die Zahl der Jugendlichen, die eine Ausbildung machen wollen, scheinbar zurückgeht: Neben den erwähnten 2,3 Millionen ausbildungslosen Jugendlichen landen zusätzlich jedes Jahr gut 230.000 frische Schul­ab­sol­ven­t*in­nen in Ersatzmaßnahmen ohne Perspektive.

Der Markt allein kann es nicht regeln. Seit Jahrzehnten überbieten sich die Arbeitgeber mit Selbstverpflichtungen für mehr Ausbildungsplätze. Echte Verbesserungen? Fehlanzeige! Der heute vielfach beklagte Mangel an Fachkräften geht auch darauf zurück.

Die Ampel sollte also besser wirksame Antworten für eine Trendwende bei der Ausbildung finden: Eine echte Ausbildungsgarantie gibt es nur mit einem Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz. Anreize für mehr Plätze in den Betrieben gibt es nur mit einem Zukunftsfonds, in den alle Unternehmen einzahlen und aus dem neue betriebliche Ausbildungsstellen gefördert werden. In der Baubranche funktioniert das ähnlich seit Jahrzehnten gut.

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1 Kommentar

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  • Ich hätte mir ein etwas ausführlicheres Eingehen auf die Inhalte des Referentenentwurfs im Zusammenhang mit den vorgetragenen Bedenken dem gegenüber gewünscht. Das ist aber kein Nörgeln. Denn ich teile die kritische Position des Autors aus anderer Perspektive. Übrigens: Ist der Verfasser der DGB-Jugendsekretär?



    Meine Bedenken, Sorgen: Ein Gesetz hat Lenkungsfunktion. Wie wird die ausgestaltet sein in Bezug z. B. auf Jugendliche ohne Ausbidungsplatz? Welche Rolle werden die Jugendberufsagenturen haben? Wird sich da eine Spannungsfeld zeigen z. B. zwischen den Berufswünschen und Berufsmöglichkeiten der Jugendlichen nach ihren (wie geplant festzustellenden Talenten, soweit mir bekannt) u. den "Erfordernissen des Arbeitsmarktes"? Also "Lenkung" der Jugendlichen in solche Berufsfelder hinein. Ich begrüsse ja die Weiterbildungsinitiative auch im neuen Bürgergeld sehr. Aber die bisher aus Hartz IV bekannte doch sehr autoritäre Haltung, dass muss noch lange nicht vorbei sein. Zu groß ist die Versuchung der "Agenda-SPD" wieder solche Lenkungs-/Steuerungsmechanismen einzubauen. In dem Zusammenhang würden mich die Erfahrungen interessieren, die der DGB mit den Jugendberufsagenturen bisher gemacht hat.

    Referentenentwurf vom 16.12.2022 - ist der aktuell?

    www.bmas.de/Shared...ublicationFile&v=2

    der ist natürlich lang, eine Zusammenfassung gefunden vom SoVD Sozialverband Deutschland:

    www.sovd.de/aktuel...iterbildungsgesetz