Anlauf für Weiterbildungsgesetz: Heil setzt auf bezahlte Auszeit

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will ein Jahr berufliche Weiterbildung möglich machen – und zwar bezahlt. Kritik kommt aus den Unternehmen.

Arbeitsminister Heil

Laut Arbeitsminister Heil soll Deutschland zur „Weiterbildungsrepublik“ werden Foto: Christian Spicker/imago

BERLIN taz/dpa | Das von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angekündigte Weiterbildungsgesetz ruft gemischte Reaktionen in der Wirtschaft hervor. Sowohl die Deutsche Industrie- und Handelskammer (IHK) als auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sehen Nachbesserungsbedarf. Am Montag hatte Heil angekündigt, ein bezahltes Weiterbildungsjahr einzuführen.

Deutschland müsse „Weiterbildungsrepublik“ werden, sagte Heil. Mit einer Bildungs(teil)zeit sollen Beschäftigten finanzielle Unterstützung für arbeitsmarkt­bezogene Weiterbildungen erhalten. Damit könnten etwa Berufsabschlüsse nachgeholt werden. Vorbild für die Pläne des Arbeitsministers ist Österreich. Dort können Beschäftigte für ein Jahr eine berufliche Auszeit für eine Aus- oder Weiterbildung nehmen – oder eine sogenannte Bildungsteilzeit für bis zu zwei Jahre.

Damit müssen sich Ar­beit­neh­me­r*in­nen für eine Weiterbildung nicht gänzlich freistellen lassen. Die Höhe des Weiterbildungsgelds entspricht in Österreich der Höhe des Arbeitslosengelds. Ähnliches plant Heil nun für Deutschland. Die Bundesagentur für Arbeit soll die Weiterbildung finanzieren. Arbeit­neh­mer*innen, die sich weiterbilden wollen, sollen für maximal ein Weiterbildungsjahr Unterhalt in Höhe des Arbeitslosengelds I erhalten – also 60 Prozent des Nettoeinkommens für Alleinstehende, 67 Prozent für Menschen mit Kind.

Auch eine Bildungsteilzeit will Heil ermöglichen. Für die Weiterbildung und weitere Maßnahmen, die Heils Gesetz enthält, soll die Bundesagentur für Arbeit bis 2026 jährlich rund 771 Millionen Euro bereitstellen. 190 Millionen Euro sollen jährlich aus dem Bundeshaushalt dazukommen. In Österreich bezogen laut einem Bericht von dessen Arbeitsministerium 2021 im Jahresdurchschnitt 13.900 Menschen Weiterbildungsgeld, 286 Millionen Euro gab Österreich dafür aus.

Firmen vermuten Probleme bei der Freistellung

Demnach wurde das Weiterbildungsgeld häufiger von Frauen als Männern genutzt, viele waren gut qualifiziert und mehrheitlich zwischen 25 und 44 Jahre alt. Kritik an Heils Plänen kommt von der IHK. Diese begrüßt zwar, dass die Weiterbildung Beschäftigter vereinfacht werden solle. Jedoch hätten Betriebe oft eine dünne Personaldecke. Es müsse sich erst zeigen, ob Mitarbeitende „in nennenswertem Umfang“ freigestellt werden könnten.

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel bemängelt, dass die Ar­beit­neh­me­r*in­nen den Plänen zufolge keinen Anspruch auf Freistellung haben werden. „Die vorgesehene Dauer der Bildungszeit und Bildungsteilzeit ist leider zu kurz, um berufliche Umstiege und Neuorientierungen tatsächlich möglich zu machen“, sagt Piel. Zudem brauche es einen Mindestbetrag für Geringverdiener. Trotzdem sagte Piel: „Arbeitsminister Heil setzt mit seinem Gesetzentwurf wichtige Akzente.“

Einer dieser Akzente ist eine Ausbildungsgarantie, die das Gesetz auch enthalten soll. Jeder junge Mensch solle die Chance auf eine Ausbildung haben, sagte Heil. „Dafür fördern wir etwa die Mobilität und Berufsorientierung von jungen Menschen.“ So sollen etwa für Prak­ti­kant*innen, die sich beruflich orientieren wollen, Unterkunfts- und Mobilitätskosten übernommen werden. Laut Arbeitsministerium soll das Gesetz in den kommenden Wochen ins Kabinett kommen und noch dieses Jahr im Bundestag verabschiedet werden. Dann könnten Teile des Gesetzes auch schon dieses Jahr in Kraft treten.

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