Amoklauf an Schule in Florida: Parkland unter Schock
Ein 19-Jähriger rennt mit Gasmaske und Schusswaffe in seine Schule. Er tötet 17 junge Menschen und verletzt Dutzende.
Es war das 18. „school shooting“ in den USA in 2018. Als Schützen identifizierten Überlebende einen ehemaligen Mitschüler, der im vergangenen Jahr von ihrer Schule verwiesen wurde. Der 19-jährige Nikolas Cruz soll am Mittwoch mit einem Sturmgewehr der Sorte AR-15 sowie riesigen Mengen Munition, einer Gasmaske und Rauchbomben in der Schule gewesen sein. Dieser Waffentyp wurde bereits bei anderen Massakern eingesetzt, wie beispielsweise dem Angriff auf das Konzert in Las Vegas im Oktober 2017. Mit Ausnahme von sieben Bundesstaaten sind ist die AR-15 in den USA frei im Handel erhältlich.
Viele Schulmassaker in den USA enden auch für die Täter tödlich. Anders in Parkland: Offenbar war der mutmaßliche Schütze, zusammen mit überlebenden Opfern, aus der Schule gerannt. Als die Polizei ihn später in der Nähe festnahm, trug er ein dunkelrotes T-Shirt des „Junior Reserve Officer Training Corps“, mit dem die Streitkräfte Sportprogramme für Schüler organisieren, um Nachwuchssoldaten zu finden.
Mitschüler beschreiben Cruz als einen Teenager ohne Freunde, der sich mit Gleichaltrigen und Lehrern anlegt und mit Schusswaffen kokettiert. Auch Cruz' Mutter wusste nicht, wie sie mit seiner Faszination für Waffen umgehen sollte. Mehrfach rief sie gar die Polizei zu sich nach Hause. Die Mutter ist im November vergangenen Jahres gestorben, der Vater war schon lange tot. Das ältere Paar hatte Cruz und seinen Bruder adoptiert.
Die Nachbarn der Familie äußerten den Eindruck, dass Cruz Depressionen und Verhaltensprobleme habe. Auch von Autismus ist jetzt die Rede. Und die Behörden scheinen Warnsignale nicht ernst genommen zu haben. Der Sheriff von Broward County, Scott Israel, sagte nach der Bluttat, die Durchsicht der sozialen Medien des jungen Mannes sei „sehr, sehr beunruhigend“. Genaueres nannte er nicht.
„Konsequenz unserer Untätigkeit“
Parkland ist eine ruhige Mittelschichtvorstadt von Miami. Sogar ein Polizist war an der Stoneman School stationiert, um für die Sicherheit der Kinder zu sorgen. Waffenfanatiker sagten unmittelbar nach der Tat, dass es besser gewesen wäre, wenn Schüler wie Lehrer bewaffnet zur Schule gegangen wären.
Republikaner in Florida, die für ihre Wahlkämpfe regelmäßig große finanzielle Hilfen von der Schusswaffenlobbygruppe NRA bekommen, reagierten zurückhaltender. Senator Marco Rubio warnte davor, „voreilige Schlüsse zu ziehen“. Und Gouverneur Rick Scott antwortete auf die Frage, ob mehr Schusswaffenkontrolle nötig sei: „Über diese Frage müssen wir zu einem anderem Zeitpunkt sprechen“.
Eine Lehrerin an der Stoneman School hingegen, die am Mittwoch 19 Kinder in der Schule versteckt hat, erklärte, dass sie sich von der Regierung im Stich gelassen fühlt. „Wir wissen genau, was wir tun müssen“, sagte Melissa Falkowski, „es ist Zeit, dass der Kongress und die Regierung das Problem lösen“.
Ebenfalls am Mittwoch meldete sich im Senat in Washington Chris Murphy zu Wort. „So etwas passiert nur in den USA“, sagte der demokratische Senator aus Connecticut, der sich seit Jahren für stärkere Schusswaffenkontrollen einsetzt, „es ist kein Zufall oder Pech, sondern eine Konsequenz unserer Untätigkeit. Wir sind verantwortlich.“
US-Präsident Donald Trump ließ per Stellungnahme erklären: „Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Betroffenen“.
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