Amnesty zu Todesstrafen weltweit: Zahl der Hinrichtungen rückläufig
Amnesty International gibt sich in einem neuen Report zur Todesstrafe vorsichtig optimistisch. Die NGO warnt jedoch vor Selbstgefälligkeit.
In 53 Ländern wurden mindestens 2591 neue Todesurteile gezählt – nach einem Rekordhoch von 3117 im Vorjahr 2016. Die Angaben umfassen jedoch nicht Tausende Exekutionen und Todesurteile, die es Amnesty zufolge in China gegeben hat. In der Volksrepublik gelten die Zahlen als Staatsgeheimnis. Das Land bleibe der „Top-Henker in der Welt“, hieß es in dem Bericht.
Nimmt man China aus, entfielen 84 Prozent der gemeldeten Exekutionen im vergangenen Jahr auf den Iran, Saudi-Arabien, Irak und Pakistan. Zu den Ländern, die 2017 wieder Todesurteile vollstreckten, gehörten Bahrain, Jordanien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Doch berichteten die Autoren von Amnesty auch von „erheblichen Fortschritten.“ Im Iran etwa sei die Zahl der Hinrichtungen um elf Prozent zurückgegangen, und Exekutionen mit Bezug auf Drogenvergehen um 40 Prozent. In Malaysia ließen Änderungen an Anti-Drogen-Gesetzen inzwischen einen Ermessensspielraum beim Strafmaß zu.
Exekutierung psychisch Kranker
Dennoch nannte Amnesty die anhaltende Vollstreckung der Todesstrafe bei Drogenkriminalität „erschreckend.“ In 15 Ländern seien im Jahr 2017 entweder Todesurteile ausgesprochen oder vollstreckt worden – darunter in China, dem Iran, Singapur und Saudi-Arabien. Im letzteren Land hätten „Enthauptungen wegen Drogenvergehen“ im Jahr 2016 noch 16 Prozent aller Exekutionen ausgemacht – ein Jahr später waren es schon 40 Prozent.
Amnesty zeigte sich zudem besorgt, dass im Iran mindestens fünf Menschen 2017 für Verbrechen mit dem Tode bestraft wurden, die sie als Minderjährige begangen haben sollen. 80 weitere Personen mit ähnlicher Historie säßen dort noch in den Todeszellen. In den USA, Japan, Pakistan, Singapur und den Malediven seien zudem psychisch Kranke oder Menschen mit geistiger Beeinträchtigung exekutiert worden oder mit einer drohenden Vollstreckung der Todesstrafe konfrontiert.
Die USA seien das einzige Land auf dem amerikanischen Kontinent, das Hinrichtungen vollziehe. In den Vereinigten Staaten gab es den Angaben zufolge 23 Exekutionen – ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.
Als „Leuchtturm der Hoffnung“ wurde indes Afrika südlich der Sahara genannt: Dort sei die Todesstrafe in 20 Ländern abgeschafft worden. Nur in zwei Staaten in der Region – Somalia und Südsudan – habe es 2017 noch Hinrichtungen gegeben, hieß es. Allerdings sollen Botsuana und der Sudan erst in diesem Jahr wieder mit Exekutionen begonnen haben. Und zu Jahresbeginn kündigte Ugandas Präsident Yoweri Museveni an, erstmals seit fast 20 Jahren wieder Todesurteile unterzeichnen zu wollen. Um Kriminelle abzuschrecken, sollen nach seinen Worten „ein paar gehängt“ werden.
Angesichts von mindestens 21.919 bekannten Todeskandidaten in der Welt warb Amnesty International zudem für anhaltendes Engagement: „Jetzt ist nicht die Zeit, den Druck herauszunehmen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!