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Ambitioniertere KlimazieleGroßbritannien will schnell runter

Emissionen um 68 Prozent senken bis 2030 – Premier Johnson verkündet ehrgeizigere Klimaziele. Kritiker sagen: Da geht noch mehr.

Der britische Premierminister Boris Johnson kündigte neue Pläne in Sachen Klimaschutz an Foto: John Sibley/reuters

London taz | „Mit dem ambitionierten Ziel, unsere Emissionen schneller als jede andere führende Wirtschaft der Welt zu reduzieren, übernehmen wir heute die weltweite Führung!“ Das verkündete am Donnerstagabend der britische Premierminister Boris Johnson und kündigte damit neue Pläne in Sachen Klimaschutz an.

Laut Johnson sieht Großbritanniens neu vorgelegter Klimaschutzbeitrag vor, dass das die CO2-Emissionen auf Werte gesenkt werden sollen, die 68 Prozent niedriger als jene des Jahres 1990 sind. Das würde Großbritannien wieder auf das Emissionsniveau von 1990 bringen. Kohlenstofffrei will das Land bis 2050 sein. Ein Grünbuch der britischen Regierung zu diesem Thema soll noch vor der parlamentarischen Winterpause erscheinen.

Die Ankündigungen wurden im Rahmen des bevorstehenden virtuellen Gipfels zu Klimaambitionen am 12. Dezember gemacht, der am fünften Jahrestag des Pariser Übereinkommens stattfindet. Er gilt gleichzeitig als Auftakt zur bevorstehenden Klimakonferenz im November kommenden Jahres.

Johnson sagte, dass die Frage des Klimawandels, „globale Leistungen“ notwendig mache, bei denen auch, betonte er, „andere Weltführer*innen ihre eigenen Pläne hierzu beschleunigen müssten.“

Dennoch stießen Johnsons Ankündigungen nur auf mäßig Lob. Das britische Rechnungsamt (NAO) gab zum Beispiel an, dass weder das britische Finanzministerium noch das Energieministerium für die Pläne ausreichende Zahlen festgelegt hätten. Das Amt rechne für die Netto-null-Emmissionsziele mit Kosten in Höhe von hunderten Milliarden Pfund. Nichts zu tun komme allerdings aufgrund der schwerwiegenden Folgen noch teurer. In den letzten vier Jahren hätte die Regierung lediglich umgerechnet 22 Milliarden Euro gegen den Klimawandel bereitgestellt und im neuen Finanzhaushalt vor einer Woche nur 4,43 Milliarden Euro.

John Sauven, der Geschäftsführer von Greenpeace UK, bestätigte die neuen Ziele zwar als die ambitioniertesten der Welt. Angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise und des raschen Wachstums von Fortschritten in kohlenstofffreier Technik könnten seiner Meinung nach die Ambitionen über das nächste Jahrzehnt aber noch höher gesteckt werden.

Das britische Komitee zum Klimawandel (CCC), das eine die Regierung beratende Funktion hat, begrüßte ebenfalls die 68-Prozent-Marke, wies jedoch im gleichen Zuge darauf hin, dass hier auch Zusagen bezüglich der Senkung des internationalen Flug- und Schiffsverkehrs und klimabedingte Investitionen insbesondere für Entwicklungsländer gemacht werden müssten.

Ed Miliband, Labours derzeitiger Schattenminister für Energie, bezeichnete die 68 Prozent als ein Minimum und schlug einen sofortigen finanziellen Stimulus in Höhe von umgerechnet 33,2 Milliarden Euro für die nächsten 18 Monate vor.

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3 Kommentare

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  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Co2 Reduktion in England - trotz Brexit?



    Wie soll das gehen?

    Toyota wird erst Mitte der 2030er Jahre in den Bau von Batterie-Elektroautos in Großbritannien investieren. Dies ist ein Schlag gegen die Hoffnung, dass die britischen Autofabriken eine führende Rolle bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen spielen werden.

    Johan van Zyl, der Geschäftsführer von Toyota Motor Europe, sagte, dass Hybridautos, die sowohl Verbrennungsmotoren als auch batteriebetriebene Motoren enthalten, die einzige Option für die nächste Investitionsrunde im Werk des Unternehmens in Burnaston, Derbyshire, sein würden.

    Van Zyl sagte, Toyota sei "immer noch in Großbritannien engagiert", betonte jedoch die anhaltende Unsicherheit in Bezug auf Handelsfragen, einschließlich der Ursprungsregeln, die bestimmen, ob mit importierten Teilen gebaute Autos Zölle zahlen.

    "Die Botschaft [an Großbritannien und die EU] ist sehr einfach: Wir brauchen einen Deal", sagte er. „Und dieser Deal muss reibungslos sein. Es muss zollfrei sein und der Rechtsrahmen muss harmonisiert werden. Und wenn es keine Einigung gibt, wird dies für beide Seiten, Großbritannien und die EU, schädlich sein. "

    Klartext:

    Separatismus und Abkopplung bedeuten für diesen - und für andere Beispiele, das Festhalten in England an veralteten Technologien.

    Was in England fehlt sind Investionen in den Motorenwerken Deeside/Toyota und in Hams Hall/ BMW.

    Aber investiert schon in England in moderne Technologie wenn Rechtsradikalpopulisten den Handelsweg nach Europa abschneiden?

  • Falsch: "Laut Johnson sieht Großbritanniens neuer vorgelegter Klimaschutzbeitrag eine CO2-Senkung von 68 Prozent bis 2030 vor, statt der bisherigen 57 Prozent. Das würde Großbritannien wieder auf das Emissionsniveau von 1990 bringen."

    Das hieße, seit 1990 hääten sich die Emissionen verdreifacht, und würden durch eine Drittelung (bei 66,67% Rückgang) wieder auf Ausgangsniveau von 1990 zurückfallen.

  • Solange nur Boris das Ziel posaunt, muss man das nicht ernst nehmen. Oder wird er jetzt die gesparten EU Milliarden nicht mehr in den NHS stecken?