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Amazon-Gründer Bezos in BerlinProtest am Springerhaus

Bis zu 500 Menschen demonstrierten in Berlin gegen Jeff Bezos. Dem wird am Dienstagabend der Axel-Springer-Preis verliehen.

Verdi-Westen und Solidarnosc-Fahnen vor dem Springerhaus Foto: taz

Berlin taz | Schon am Dienstagnachmittag künden Hamburger Gitter und Mannschaftswagen der Polizei von hohem Besuch am Axel-Springer-Haus in der Dutschkestraße. Jeff Bezos, Gründer von Amazon und reichster Mann der Welt, wird am Abend zur Verleihung des Axel-Springer-Preises für visionäres Unternehmertum erwartet.

Nur anderthalb Kilometer weiter, am Oranienplatz in Kreuzberg, sammelt sich gegen 16 Uhr der Protest gegen den Unternehmer und seine Laudatoren. Aus Leipzig sind Streikende des Versandzentrums angereist, selbst aus Spanien und Polen sind Angestellte des Versandhändlers gekommen, um ihrem Unmut gegen Bezos Luft zu machen. Die Linkspartei spendiert Brezeln und Kaffee für die bis zu 200 Protestierenden. Als die Demonstration schließlich das Springerhaus erreicht, warten dort noch einmal mindestens genauso viele Protestierende.

Pascal Meiser, Abgeordneter im Bundestag für die Linken, prangert wie die anderen RednerInnen das Geschäftsgebaren des Konzerns an. Auch Attac, das Netzwerk Steuergerechtigkeit und die gewerkschaftsnahe Otto-Brenner-Stiftung sind sich einig: Dass Jeff Bezos den Axel-Springer-Preis erhält, sehen sie als „Provokation für die Demokratie“.

Bezos ist der dritte Preisträger nach Facebooks Mark Zuckerberg (2016) und dem Internetpionier Tim Berners-Lee (2017). Die Ehrung wird laut Springer Personen zuteil, „die in besonderer Weise innovativ sind, Märkte schaffen und verändern, die Kultur prägen und sich gleichzeitig ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen“. Erhebliche Zweifel haben die KritikerInnen vor allem daran, dass Bezos sich dieser gesellschaftlichen Verantwortung stellt und unterfüttern ihre These der Provokation mit einer ebenfalls am Dienstag veröffentlichten Studie. Darin wird die Steuervermeidungspraxis internationaler Konzerne untersucht – mit dem herausragenden Negativbeispiel Amazon.

Solidarität unter KollegInnen

Doch gerade Angestellte des Versandunternehmens machen auf der Kundgebung ihren Widerspruch gegen die Geschäftspraxis Amazons deutlich. Unübersehbar sind die Warnwesten der Gewerkschaft Verdi, genauso die Fahnen der polnischen Solidarnosc und mehrerer internationaler Basisgewerkschaften, die zu den Protesten aufgerufen haben.

Seit Jahren schon schwelt der Tarifkonflikt bei Amazon Deutschland. Verdi versucht in einer Serie von Streiks in den deutschen Versandzentren das Unternehmen zu zwingen, einen Tarifvertrag abzuschließen. Bereits im fünften Jahr sitzt Amazon diesen Arbeitskampf schlicht aus. Streikende aus Leipzig machen zwar deutlich, dass sie nicht glauben, dass man Bezos mit ein paar Warnstreiks in die Kniee zwingen kann, selbst wenn der Kampf über Jahre läuft. Doch ein Kollege betont: „Wenn die internationale Vernetzung so weitergeht, wird es letztlich gelingen, Amazon zum Einlenken zu bewegen.“ Und so haben die LeipzigerInnen in ihren Bussen auch Geld gesammelt – für die Reisekosten ihrer KollegInnen aus Spanien.

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