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Am Horn von AfrikaAlte Allianzen und neue Feinde

Kolonialzeit und Kalter Krieg prägen das Selbstverständnis der Länder am Horn von Afrika. Das "westliche Lager" kämpft gegen die Islamisten von der "Achse des Bösen".

In Somalia herrschen faktisch die Islamisten. Bild: reuters

Vor 20 Jahren war die Welt der Diktatoren am Horn von Afrika noch in Ordnung. In Äthiopien, einschließlich Eritrea, regierte der kommunistische Militärdiktator Mengistu Haile Mariam. In Somalia herrschte der vom Westen gestützte Siad Barre. Jemen bestand aus zwei Staaten, der sozialistischen Volksrepublik im Süden und dem traditionalistischen Norden. Äthiopien bekämpfte sezessionistische Rebellen in seinem Nordteil Eritrea, Somalia in seinem Nordteil Somaliland. Die Region war eine heiße Front des Kalten Krieges, weil Mengistu und Barre jeweils auf östliche und westliche Unterstützung zählen konnten.

Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts erlahmte das auswärtige Interesse. 1991 fielen Somalias und Äthiopiens Diktaturen wie Dominosteine, Eritrea und Somaliland erklärten sich unabhängig. In Äthiopien gelang die Umwälzung: Eine neue Regierung etablierte sich. Auch Eritrea wurde einvernehmlich als unabhängiger Staat anerkannt.

In Somalia dagegen klappte es nicht: Weder konnten die somalischen Rebellen eine Regierung bilden, noch wurde das neue Somaliland von Somalia oder international anerkannt. Somaliland blieb danach friedlich, aber Somalia zerfiel in der Folgezeit weiter, während Äthiopien und Eritrea stabile - inzwischen miteinander verfeindete - Staaten wurden. Die Teilstaaten des Jemen wurden bereits 1990 unter nördlicher Führung vereint, später wurde ein Aufstand im Süden blutig niedergeschlagen.

Diese Konstellation - ein starkes Äthiopien, ein schwaches Somalia, ein unabhängiges Eritrea und ein ignoriertes Somaliland, dazu ein Jemen mit ungelösten Spannungen - prägt die Region bis heute. Es sind dabei auch alte Konflikte neu erwacht. Äthiopien und Somalia sind an einer gegenseitigen Schwächung interessiert und unterstützen jeweils die Sezessionisten des anderen.

Aus somalischer Sicht besetzt Äthiopien seit seiner imperialen Expansion somalisches Gebiet. In den 1970er-Jahren führte Somalia darum verlustreiche Eroberungskriege gegen Äthiopien, und heute werden aus Somalia äthiopische Rebellen unterstützt, im Verbund mit Eritrea. Aus äthiopischer Sicht ist Somalia ein aggressiver Nachbar: Seit 2006 hat Äthiopiens Armee mehrfach in Somalia interveniert, und Somalilands Sezessionsregierung ist mit Äthiopien verbündet.

Damit werden auch alte Frontlinien aus dem Zweiten Weltkrieg wieder aktuell. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren Eritrea und Somalia italienische Kolonien, was dort für Afrika untypische kulinarische Spuren hinterlassen hat, mit Nudelfabriken als strategischen Einrichtungen. Das faschistische Italien griff von diesen Territorien aus im Zangengriff Äthiopien an, was Äthiopien nur mit Hilfe Großbritanniens - der Kolonialmacht in Kenia, Sudan, Somaliland und Südjemen - abwehren konnte. Heute haben die Islamisten die Faschisten ersetzt: Das "westliche Lager" - bestehend aus Äthiopien zusammen mit den Regierungen in Dschibuti und Jemen sowie der informellen in Somaliland und der größtenteils fiktiven "Regierung" Somalias - kämpft gegen die "Achse des Bösen", die aus Somalias faktisch herrschenden Islamisten, der Diktatur in Eritrea, somalischen Piraten und jemenitischen Rebellen besteht.

Das westliche Lager erscheint derzeit stärker. Äthiopien, mit 80 Millionen Einwohnern doppelt so groß wie all die anderen Länder zusammen, befindet sich im Boom, Somalia aber versinkt im Dauerchaos und Eritrea ist eine finstere Diktatur. Solange aber in Jemen, Somalia und Äthiopien/Eritrea keine allseits anerkannte neue Staatlichkeit entsteht, die die versunkene Ordnung der Diktatoren endgültig ablösen kann, birgt der Sieg der einen Seite lediglich die Saat neuer Kriege.

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9 Kommentare

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  • P
    p.b

    An alle die hier diese unqualifizierten beitrage aus falschem Nationalbewusstsein reingestellt haben! Der Autor dieses Artikel hat in keiner weise Partei für irgendjemanden ergriffen, im Gegensatz zu vielen Zeitungen und Journalisten in diesem Land beschäftig sich die taz wenigsten mit diesem Thema! Mann wirft dem Autor vor er sei „flach“ und „dumm“ doch wenn man sich die Beiträge so durch liest fragt man sich wirklich was „flach“ und „dumm“ ist! In dem Artikel werden die Fakten dargelegt wie sie sind, ich weis genau was euch an dem Artikel nicht gefällt das der eine Diktator genannt wird und der andere nicht! Beide sind nicht gerade als Demokraten bekannt, doch eins sollte klar sein das die Bevölkerung in Eritrea sich wirklich in einer finsteren Diktatur befindet!! Man sollte nicht aus falschem Nationalbewusstsein die Augen vor den Fakten verschlissen! Ein Frage habe ich besonderst an dich Erey wenn DIA soviel Unterstützung beim Volk hat, warum verlassen soviel Menschen dieses Land! Warum sind soviel im Gefängnis, Warum, ihr verdeitigt mit so einem Eifer DIA? Wann setzt ihr euch für die Menschen ein die sich für Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie in unserem Land eingesetzt haben und dafür umgebracht oder ins Gefängnis gekommen sind! Da ihr keine Fakten und Argumente liefert tue ich dies für euch: Emmanuel Asrat, Feddehaye Yohannes, Mattewos Habteab, Medhanie Haile, Seyoum Tsehaye, Dawit Isaac, Abune Antonios, Mahmoud Ahmed Sherifo, Heile Woldense, Mesfin Hagos, Ogbe Abraha, Hamid Himid, Saleh Idris Kekya, Estifanos Seyoum, Berhane Gebrezgabiher, Astier Fesehazion, Mohammed Berhan Blata, Gemano Nati, Beraki Gebreselassie, Adhnaom Ghebremariam, Mahamoud Ahmed und viele andere! Wo ist euer Einsatz für Sie! Wo??? In Freiheit leben und eine Diktartur unterstützen das ist einfach!!! DOMINIC JOHNSON ein Artikel über die von mir genannten Menschen, das wäre mal was damit die Welt über sie erfährt!!!

  • E
    Erythrean

    Krieg und Besatzung in Somalia nützt nur Terror, den Menschen doch nix!

     

    Vergleicht man die Somalis mit Palästinensern, sind die Ethiopier ihre Israelis

  • E
    Erey

    Ein Witz! Eritrea ist wohl die einzige die sowas wie Ruhe im Land hat und diese auch allen Länder horn Africas mitgeben möchte. Ja Sie haben recht, die westliche Länder unterschtützen Äthiopien, ja den Mörder von 2005 und der die Oromo ethnische Gruppe masakiert. Sie unterschtützen ihn, weil er wacklig ist und bereit sich zu protistieren ist. Eritreische President, den Sie hier als Diktator bezeichnen, ja der als der einzige President am horn von Africa die Unterschtützung sein Leute genießt, ist der einzige der für Ruhe und Ordnung sorgt. Eritrea möchte keine Einmischung der westliche Länder und das zu Recht, denn westliche Länder stiften nur Kriege. Eritrea ist das einzige Land die Teroristen vernichtet hat, aber westliche Länder nutzen nur den Name Terorismus ohne es zubekämpfen. Im Gegenteil, sie fördern es.

    Eritrea is gerecht und wird ziegen, denn sie verkauft sich nicht.

  • I
    Immanuell

    sehr interessante link.Da ist sehr viel aufklärung für alle(für Politiker, eritreische & deutsche bevölkerungsowohl und sowohl für ahnungslossen journalisten).danke

     

    http://www.radio-utopie.de/2010/01/06/imperialistisches-hazard-in-ostafrika/

  • WE
    wedi ertra

    so lange die menschen von Eritrea hinter der Regierung

    Eritreas stehen kümmert uns nichts was die Welt über uns denkt wiesen sie wir waren schon mal30jahre isoliert und was Diktaturen an geht kennen sie irgend ein Politiker am horn von Afrika den sie als Demokrat bezeichnen {hoffe nicht[MELES SENAWI] ]dann werde ich sagen Dümmer gehst gar nicht. Lang lebe der President Eritrea

  • RT
    redaktion taz.de

    Mutig, diesen Artikel als "flach" und den Autor als "uninformiert" zu titulieren. By the way: Kommen noch Argumente?

  • E
    ermias

    Durch die vielen falschen Informationen über afrika und im speziellen über Ostafrika wird viel menschliches Leid verursacht. Sowohl bewußt( durch Unterstützung von Kriegen) oder auch unbewusst, durch falsches amateurhaftes Berichterstattung wie das dieser. Warum kann man die Sorgfalt die man für sich und seine Umgebung beansprucht nicht global anwenden. Warum immer nur diese Halbwahrheiten oder diese sorglose Vervielfeltigung( ich sag dazu paste Nachrichten) von falschen Nachrichten. Ich bitte sie alle in den Medien arbeitenden Menschen, nicht gegen die Demokratie, aber bewahren sie sich ihren Berufsethos und handeln Sie verantwortungsvoll. Bevor Sie Eritrea mit dem islamschen Terrorismus gleich setzten, lernen sie die Menschen kennen und das Land kennen.

  • A
    Abraha

    wo haben Sie denn recherchiert??

    Äthiopien ist ein Armenhaus und führt kriege mit

    vielen bewaffneten Oppositions gruppen wie :OLF;ONLF

    EPPF,und TPDM im Norden Äthiopien. nicht Somalia

    versucht Äthiopien zu schwächen,sondern Äthiopien

    Somalia und der Versuch Äthiopien auf der seite der Guten zu stellen ,indem Sie Eritrea auf seite der Islamisten in Somalia stellen zeigt wieder mal wie Journalismus im Westen funktioniert.

    Sie haben vergessen zu erwähnen ,das Äthiopien weite Teile Eritreas besetzt hält und Sie haben die Diktatur in Äthiopien nich erwähnt Zufall?

    Haben Sie beweise das Eritrea die Islamisten unterstützt??Sie behaupten Äthiopien befinde sich in Boom,was ist der Beleg dafür 12-14 Mio

    vom Hunger bedrohte Menschen?

  • A
    afrikawelle

    Dümmer gehts gar nicht. Der Bericht von D. Johnson ist echt dumm. Typisch für jemanden, der sich mit der Region sich nicht auskennt. Typisch auch für jemanden, der ziemlich flach schreibt. Ich hätte fast geschrieben, Bild "Zeitungs"-Niveau. Es ist noch schlimmer.