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Altkanzler verklagt die BundesregierungBekommt Gerhard Schröder sein Büro zurück?

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet am Donnerstag in letzter Instanz über Schröders Büro. Der Alt-Kanzler beruft sich auf Gewohnheitsrecht.

Gerhard Schröder (SPD), Bundeskanzler von 1998 bis 2005, aufgenommen in seiner Kanzlei Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) klagt seit 2022 gegen die Streichung seines Büros – bisher ohne Erfolg. An diesem Donnerstag verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und wird wohl noch am Nachmittag entscheiden.

Im Mai 2022 beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestags, dass die Büro-Ausstattung von Schröder „ruhend gestellt“ wird. Er nehme „keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt“ mehr wahr. Bis dahin hatte Schröder vier Mitarbeiter, sieben Räume und Anspruch auf die Nutzung von Dienstfahrzeugen mit Fahrer.

Der Beschluss erfolgte nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und der heftigen öffentlichen Kritik an Gerhard Schröders Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Da der Entzug des Büros jedoch nicht mit Schröders Kreml-Nähe begründet wurde, spielt diese vor Gericht keine Rolle.

Bisher gibt es keine gesetzliche Regelung über die Ausstattung von Ex-Kanzler:innen. Schröder beruft sich in seiner Klage gegen die Bundesrepublik deshalb vor allem auf Gewohnheitsrecht. Seit dem Ausscheiden des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer (CDU) im Jahr 1963 hätten die Alt-Kanzler:innen stets ein Büro mit Personal erhalten. Außerdem rügte Schröder eine Verletzung seines Rechts auf Gleichbehandlung.

OVG: nur „politischer Brauch“, keine rechtliche Pflicht

Das bislang letzte Urteil in dieser Sache fällte im Juni 2024 das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg. Danach gebe es nur einen „politischen Brauch“, aber kein Gewohnheitsrecht, dass Alt-Kanzler:innen mit Räumen und Personal ausgestattet werden. Die Beteiligten seien nicht davon überzeugt gewesen, dass sie dabei einer rechtlichen Pflicht nachkommen. Dies zeigte sich schon daran, dass die Ausstattung sehr unterschiedlich war. Während ein Ex-Kanzler 1974 nur drei Stellen besetzen konnte, hat Ex-Kanzlerin Angela Merkel derzeit neun Mitarbeiter:innen. Die Ausstattung mit Personal und Räumen werde letztlich politisch ausgehandelt, so das OVG.

Schröder sei auch nicht rechtswidrig gegenüber anderen Ex-Kanzler:innen diskriminiert worden, entschieden die OVG-Richter:innen. Schröder könne sich nämlich gar nicht auf Gleichbehandlung berufen, weil die Ausstattung der Ex-Kanzler:innen im Interesse des Staates und seiner Repräsentation erfolge und nicht im Interesse der Politiker:innen.

Immerhin ließ das OVG die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu – wegen grundsätzlicher Bedeutung. In Leipzig dürfte es nun vor allem um die Frage des Gewohnheitsrechts gehen: ob es zumindest einen Anspruch der Ex-Kanzler:innen auf irgendeine Ausstattung mit Personal und Räumen gibt. Die Chancen Schröders stehen aber nicht gut. Nur weil etwas bisher üblich war, entsteht daraus noch keine rechtliche Pflicht.

Zuletzt wurde bekannt, dass der inzwischen 80-jährige Schröder wegen eines Burnout-Syndroms ärztlich behandelt wird. Er umging so die Vernehmung in einem Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtags zum Bau der Gas-Pipeline Nord Stream 2. Seine Klage auf ein Büro und Mitarbeiter hat er deshalb aber nicht aufgegeben.

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9 Kommentare

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  • Manntje Manntje Timpe Te....

    Geh dahin wo Du hergekommen bist !

  • Sollte das Bundesverwaltungsgericht positiv für Schröders Gewohnheitsrecht entscheiden, werde ich mich in Zukunft ebenfalls bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf das Gewohnheitsrecht berufen.

    • @Aurego:

      Schröder ist heute, in seiner Abwesenheit, mit Erfolg vor Gericht gescheitert 😉

      • @Alex_der_Wunderer:

        Na, ja, er kann ja immer noch vors BVerfG ziehen lassen.

  • Das heisst Moralout- und nicht Burnout-Syndrom !

    Seit wann müssen deutsche Steuerzahler denn die russische Kriegspropaganda bezahlen ?

  • Warum wird dieser Ex Kanzler so gepampert? Der einen funktionierendem Sozialstaat praktisch abschaffte. Mindestlöhne einführte, Eine Globalisierung einführte, ufm.



    Meines Erachtens ging es Deutschland zu der Zeit gut. Wir waren auf dem Weg zur 30H Woche. Der Wirtschaft ging es auch gut. Naklar gab es viele Arbeitslose. Die es jetzt immer noch gibt. Nur heißen sie jetzt anders.



    Was hat die Globalisierung also gebracht? Die Großen wurden noch reicher. Die amerikanischen Finanzinvestoren eroberten den deutschen Markt. Und die Arbeiter müssen die Zeche zahlen.



    Auch die Renten waren stabil. Bis „BLÜHM“ kam. Mit seiner Rentenaussage.



    Wir hatten auch alle bezahlbare Mieten. Die selten ein Drittel des Einkommens überstiegen. Und heute? Wohnen ist zum Luxus geworden.



    Alle Kosten stiegen seitdem. Ob es Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Strom-und Gas, Butter usw.



    Nicht zuletzt die sogenannte MwSt. Die ich für einen absoluten Witz halte. Denn nur der kleine Endverbraucher zahlt. Zahlen müssen!!



    Bleiben wir kurz bei den Steuern: Wie kann es sein, dass die Steuern auf ein Produkt ein Vielfaches des eigentlichen Wertes um ein mehrfaches übersteigt. Siehe Tabaksteuer. Nicht etwa uns

    • @Nosch:

      👍👍

  • Vielleicht nicht Burnout, sondern Depression.



    In Verbindung mit Schnitzelentzug, doch auch das ist letztlich Schröders Privatsache.



    Eine (nicht übertriebene) Bleibe in Berlin ist schon ok, auch damit sich niemals ein Ex-Kanzler seine Aufmerksamkeit, Geld und Streicheleinheiten bei Dritten holt. Was auch Schröder nicht tun sollte.

    • @Janix:

      Seine nicht üble Pension hat er ja auf jeden Fall und kann sich sicher eine angemessene Bleibe leisten. Sonstige Leistungen, vor allem solche, die für propagandistische Aktivitäten, die nicht im Interesse des Staates liegen, missbraucht werden können, dürfen meiner Meinung nach gerne gestrichen werden. Gazprom finanziert ihm sicher gerne ein Büro in Berlin. (und natürlich würde er seine Beziehungen zu russischen Unternehmen niemals aufgeben nur weil er ein Büro gestellt bekommt, da geht es um viel mehr Geld).