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Alternativen zu FacebookDiaspora schlägt Ello

Scharenweise ziehen die Facebook-User um zu Ello. Dabei hat das Netzwerk selbst einen unklaren Umgang mit Nutzerdaten. Aber es gibt eine Alternative.

„Wo wollt ihr denn alle hin?“ – User suchen nach Alternativen zu Mark Zuckerbergs Facebook. Bild: reuters

BERLIN taz | Ello ist in aller Munde. Scharenweise ziehen die User um. Das zeigt zumindest, dass eine große Unzufriedenheit mit dem größten aller sozialen Netzwerke besteht. Aber warum ausgerechnet zu Ello?

Ello sieht gut aus und die Nachricht über das neue soziale Netzwerk verbreitet sich viral. Das scheint vielen auszureichen, um es sich bei Ello häuslich einzurichten. Aber es werden jetzt schon die ersten kritischen Stimmen laut, vor allem wegen der mangelnden Funktionen zum Schutz der Privatsphäre.

Ello kommt ohne Anzeigen aus und das soll auch so bleiben. Aber wie lange geht das gut, bei einem unklaren Finanzierungskonzept? Wie wird Ello Firmen davon abhalten, sich Profile zuzulegen und die Benutzer mit Spam zu belästigen? Und letztendlich ändert sich nichts am Grundkonzept: Die Daten der Benutzer lagern zentral auf den Ello-Servern und sind damit der Willkür der Ello-Eigentümer ausgeliefert. Solche Bedenken lassen sich nicht durch Sätze wie dem beseitigen, den Ellos Co-Initiator Paul Budnitz von sich gegeben hat: „Wenn du ein Problem mit Ello hast, mußt du es nicht benutzen.“

Vielen unzufriedenen Facebook-Benutzern scheint Ello die einzige Alternative zu sein. Aber es gibt mehr davon. Die größte und bekannteste ist Diaspora. Ein Projekt, das allgemein für gescheitert gehalten wird, weil es still darum geworden ist. Aber Diaspora ist alles andere als tot. Nach einigen Schwierigkeiten in der Entwicklung der Software und dem tragischen Selbstmord des Mitbegründers Ilja Zhitomirskiy im November 2011 beschloss das Entwicklerteam im August 2012, das gesamte Projekt an die Open-Source-Gemeinde zu übergeben. Damit begann das zweite Leben des Projektes.

Keine Realnamenpflicht

Das Bahnbrechende an Diaspora ist, dass der Benutzer selbst entscheiden kann, wo er seine Daten lagert. Er kann sich einen eigenen Server installieren. Wenn er nicht das nötige Know-How hat, oder sich schlicht nicht die Arbeit machen will, kann er sein Profil auf einem der zahlreichen öffentlichen Diaspora-Server, den sogenannten Pods anlegen; egal ob in Deutschland oder in Australien.

Datenschutz war von Anfang an einer der wichtigsten Gesichtspunkte in der Diaspora-Entwicklung. Wenn der Benutzer nicht explizit angibt, dass seine Daten öffentlich sein sollen, sind sie es auch nicht. Wenn er nicht gefunden werden möchte, wird er es nicht. Eine Realnamen-Pflicht gibt es hier nicht. Und vor allem ist zu allen Pods eine verschlüsselte Verbindung möglich.

In den vergangenen zwei Jahren hat die Entwicklergemeinde im stillen Kämmerlein gearbeitet. Nach Aussage des Presseteams sind das eine Handvoll Kernentwickler und 271 Programmierer, die sporadisch Code zu einzelnen Modulen und Funktionen geliefert haben. Sie haben weite Teile des chaotischen Programmcodes refakturiert, das heißt neu geschrieben. Neu ist der Code für das Benutzerinterface, für die Funktionen gegen Spam und Missbrauch, für die Verwendung mit Mobilgeräten, die Benachrichtigungen, Umfragen und viele weitere Bereiche.

New York Times und Fefe

Diaspora verfügt derzeit über 54.000 aktive Benutzer (von über einer Millionen registrierten), Tendenz steigend. Allein den größten deutschen Pod Geraspora verwenden 8.400 aktive Benutzer. Darunter sind viele Nerds und Künstler, aber auch größere Medienunternehmen, wie die New York Times und private Netzprominenz wie Fefes Blog. Natürlich sollte man hier nicht zuviel erwarten. Die Anzahl der Angebote richtet sich wie überall nach der der Nutzer. Für Leute, die nicht mehr durch ihre Facebook-Timeline durchblicken, genau das Richtige.

Dabei funktioniert Diaspora wie eine Mischung aus Facebook und Twitter. Die Implementierung von Hash-Tags ähnelt Twitter sehr. Das Finden von Bekannten funktioniert, wenn sie ihren Account nicht auf demselben Pod haben, manchmal nur mit Verzögerung. Hier werden die Entwickler sicher nacharbeiten.

Diaspora funktioniert schon jetzt wesentlich besser als Ello und hat eine Datenstruktur, die dem Benutzer erlaubt, selbst über seine Informationen zu verfügen. Natürlich ist Diaspora nach wie vor in der Entwicklung. Aber je mehr Benutzer Diaspora hat, desto mehr Entwickler gibt es und umso mehr kann auf die Wünsche der Benutzer eingegangen werden - und das ist das schöne an Open Source.

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4 Kommentare

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  • ein soziales netzwerk könnte unintuitiver nicht sein. die macher scheinen das selbst zu wissen und haben gleich ein video-tutorial auf die startseite gepackt. aussagekräftige links würden der seite gut tun. so hatte ich nach einer viertel stunde keine lust mehr und hab meinen account wieder gelöscht. da können sich die ello-menschen noch einiges von fb abgucken.

  • Die Auseinandersetzung zwischen zentralen Netzwerken und dezentralen föderierenden Netzwerken scheint an der deutschen Presselandschaft völlig vorbei zu gehen. Während alle fb und twitter verlinken, ihre Leserschaft letzten Endes ans Messer liefern, begreifen sie nicht das wahrscheinlich nur ein dezentrales Netzwerk ihre Existenz sichern könnte. Die Netzwerkstruktur umfasst eigentlich diaspora, friendica und redmatrix. Alle kommunizieren untereinander über hunderte von Webseiten auf Servern in der ganzen Welt. D* ist sicherlich die Plattform für normale Nutzer, friendica ideal für Blogger (die unabhängigen Journalisten des Internetzeitalters), redmatrix weist in die Zukunft einer Post Snowden Ära. Würden deutsche Onlineangebote wie TAZ, FAZ, SZ, ZEIT und andere redmatrix für den Kommentarbereich anbieten, die Chancen die demokratiegefährdenden Monopole zu entschärfen ständen nicht schlecht. Würden Vereine und Gemeinden ihren Mitgliedern D*server zur Verfügung stellen, sie würden ihre Mitglieder nicht nur stärker an sich binden, sie würden der Gesellschaft eine Option zur monopolistischen Übermacht von ausländischen Firmen, deren Rechtsgrundlage und Rechtsverständniß nur schwer mit deutschen Recht vereinbar sind, aufweisen. Eine soziale Verantwortung der die Beteiligten offensichtlich nicht gerecht werden. Weist ihnen keiner den Weg? Wenn ja, so kann dies nur an den Strukturen der Finanzierung liegen und unter welcher federführenden Kultur sich dass Internet entwickelt hat. Diaspora ist ein Kind der Ostküste, eine Oppositionsbewegung zur Übermacht des Silikon Valley. Mittlerweile befinden sich mehr aktive Nutzer auf europäischen und deutschen Servern. Eine Schlussfolgerung aus den Erfahrungen einer Gesellschaft die sich immer noch mit den Unterlagen einer Gauckbehörde beschäftigt.

    Eine aktuelle Diskussion über die Plattformen unter den Entwicklern (auf Englisch).

    https://pod.geraspora.de/posts/2668774

  • Nichts ist alternativlos, wie gut! Aus der Diaspora jenseits der virtuellen Welt - für Diaspora. Danke dem Autor für klare Worte

    von einer nicht Eingeweihten

  • Am Anfang mag es etwas unübersichtlich sein - aber Diaspora ist tatsächlich eine schöne FB-Alternative. (Auch wenn es an manchen Stellen etwas hakt, z.B. kann man keine Postings editieren)

    Und "Content" gibt es auch schon! https://pod.geraspora.de/people/2844584a3727bbb1

    :)