Alte Herren im Verteidigungsministerium: „Rechtsextremistisch beeinflusst“
Der Alte Herr Jan H. feiert das Fechten als „waffenstudentischen Tradition". Er ist nicht der einzige Burschenschaftler im Verteidigungsministerium.
![Burschenschaftler in Uniform stehen mit gezücken Degen im Innenhof der Wartburg in Eisenach. Burschenschaftler in Uniform stehen mit gezücken Degen im Innenhof der Wartburg in Eisenach.](https://taz.de/picture/6299226/14/31890446-1.jpeg)
E ine Mensur ist kein Freizeitsport, meint Jan H. Er ist Alter Herr der Landsmannschaft „Mecklenburgia-Rostock“ zu Hamburg und findet, dass das Duellieren in erster Linie die Wehrhaftigkeit schult. Die Idee, beim Fechten besser von einer „kampf- und körperbetonten Sportart“ zu sprechen, kommt H. fast einem Werteverrat gleich. Ohnehin hält er eine „Anpassung an den Zeitgeist“ bei nahezu jeder Tradition von Landsmannschaften als einen Verlust von Ehre und Identität.
Wehrhaftigkeit, die durchs Fechten geübt werden soll, beschäftigt H. auch beruflich. Er ist Referent beim Bundesverteidigungsministerium (BMVg), in der Abteilung Planung I „Strategische Steuerung und Planung“, Unterabteilung BMVg Plg I 5 „Multinationale Verteidigung NATO, EU und VN, Interoperabilität, Standardisierung“.
Die Position zur Mensur legte H. in einem Artikel für das Magazin des Coburger Convent (CC) dar. In dem Dachverband ist die Landsmannschaft Mitglied. Den Beitrag veröffentlichte Martin Vaupel, Pressesprecher des CC und Chefredakteur des Magazins, aber nicht. Die Aussagen H.s kommen für Vaupel ungelegen, versuchen doch die schlagenden Verbindungen gegenwärtig einen Dreh zu finden, um das Fechten zu beschönigen. Schon länger steht ein mögliches Verbot im Raum.
Dem Alten Herrn im Ministerium ficht das nicht an. Der „Geist“ ihrer „waffenstudentischen Tradition mit den Leitbegriffen von Ehre, Freiheit, Freundschaft, Vaterland“ verlange von den Landsmannschaften, „nicht nur mit dem Wort, sondern auch mit der Tat, d.h. mit der Waffe in der Hand, wehrhaft zu sein“. Der Wille, sich auch „gegen unsere Gegner zu wehren“, käme „auch in der Mensur zum Ausdruck“. Das Fechten solle nicht sportlicher Teil einer bunten Gesellschaft werden.
H.s Landsmannschaft ist nicht bloß eine von vielen Landsmannschaften. Bereits 1993 erklärte der Verfassungsschutz Hamburg, dass die Mecklenburgia „zumindest rechtsextremistisch beeinflusst“ sei. Enge Kontakte bestehen auch zur Hamburger Burschenschaft „Germania“, die der Verfassungsschutz auch schon in seinen Jahresbericht erwähnte. Bei Nachfragen ist das BMVg dennoch sehr zurückhaltend. „Ich bitte um Verständnis, dass wir zu Einzelpersonen aus Gründen des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte keine Auskünfte im Sinne Ihrer Fragestellung erteilen und nicht erteilen dürfen“, sagt eine Sprecherin.
Der Alte Herr ist nicht der einzige Korporierte, der im BMVg auffiel. Jan G. und Marko B. von der Hamburger Burschenschaft „Germania“ sollen ebenso im Ministerium tätig sein: G. als Regierungsdirektor und B. als höherer Beamter. 2020 und 2021 wurde ihre Mitgliedschaft in der Burschenschaft bekannt. Das BMVg teilte damals mit, dass eine Überprüfung liefe. Ob und wie die ausgegangen ist, ist allerdings offen: „Zu Fragen im Zusammenhang mit etwaigen Disziplinarverfahren können und dürfen wir keine Auskunft erteilen“, erklärt eine Sprecherin auf Nachfrage.
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