Als Anfänger auf dem Oktoberfest: Behutsame Initiation

Da wollte er niemals hin? Jetzt ist er nun mal da! Unser Autor verirrt sich auf die Oide Wiesn und trifft aufgeschlossene Rosenheimer.

Eine Frau mit teilweise transparentem Kleid tanzt auf dem Tisch auf dem Oktoberfest

Kein typisches Dirndl: Die Künstlerin Stella Bossi tanzt im Schützenzelt auf der Wiesn Foto: dpa

Eigentlich zählte zu den wenigen eigenen Gewissheiten im Leben bisher, dass ein Besuch auf dem Oktoberfest um jeden Preis zu vermeiden ist. Zu viele schreckliche Vorstellungen hatten sich zu dem Begriff gesellt, entgrenztes Bierduschen, Besucher, die in menschenunwürdiger Lage auf dem Boden in Erbrochenem liegen oder Schlimmeres.

Und dann war da noch dieser Titanic-Titelentwurf, der vor langer, langer Zeit in einem der Hefte als alternatives Coverbild vorgestellt wurde: Ein Foto von dicht gedrängten Menschen, die, aus der Vogelperspektive gesehen, ihre gülden leuchtenden Maßkrüge fröhlich in Richtung der Kamera recken. Dazu die Schlagzeile: „Trendgetränk Eigenurin“.

Dass der nächste Münchenbesuch ausgerechnet in die Oktoberfest-Zeit fallen würde, war nicht geplant. Eine dieser gefährlichen Gelegenheiten halt. Eher unfreiwillig dann die Entscheidung, da auch einmal vorbeizuschauen.

Mit widersprüchlichen Informationen vorab: Einerseits hieß es, besser auf die „Oide Wiesn“ gehen, diesen abgetrennten Bezirk, für den man extra Eintritt zahlen muss, der entsprechend weniger stark besucht ist und der mit „historischen Attraktionen“ aufwartet, ungeachtet seines Namens allerdings erst seit 2011. Andererseits gab es die Empfehlung, für eine „richtige“ Oktoberfest-Erfahrung eines der großen Zelte zu wählen, dort aber rasch und unbedingt eine Maß zu trinken, um die Fluchtreflexe zu unterdrücken.

Weltoffene Rosenheimer

Am Ende ging es dann doch erst einmal ins „Herzkasperl“-Zelt auf der Oiden Wiesn mit mäßigem Rummel, völlig überzeugenden Swing-Bands und sehr aufgeschlossenen Tischnachbarn. Die gaben sich ihrerseits als Musiker zu erkennen, die aus Rosenheim angereist waren und gleich eingangs zu Protokoll gaben, das Oktoberfest eigentlich „scheiße“ zu finden. Sie zögen das Herbstfest in ihrer Stadt vor, wo es weniger um Geld gehe und die Stimmung besser sei.

An diesem Tag waren sie gleichwohl auf die Wiesn gekommen. Wo sie allem Anschein nach bester Laune waren. Was sie auch jedes Jahr so machten, der vielfältigen internationalen Begegnungen wegen, die sie gern dazu nutzen würden, um verbreitete Vorurteile den Bayern gegenüber zu entkräften. Und für den amtierenden Ministerpräsidenten ihres Landes wollten sie schon gar keine Verantwortung übernehmen.

Gesprächsstoff ergibt sich so von selbst. Auch die wirklich wichtigen Dinge, etwa, woran man gutes Bier erkennt – weniger der Geschmack als das Ausbleiben von Kopfschmerzen am nächsten Tag sei als Qualitätskriterium zu beachten –, durften über den großen Steingutkrügen nicht fehlen.

Für die großen Zelte blieb am Ende nur Zeit für eine kurze Visite, um die Atmosphäre einzuschätzen. Um 18 Uhr war jedenfalls noch alles ruhig. Fast eine kleine Enttäuschung. Der große Exzess ließ auf sich warten. Vielleicht bleibt der eh den Touristen mit Sensations­bedarf vorbehalten.

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