piwik no script img

Alkoholverbot in Parks gekipptHoch die Flaschen!

Der Bezirk Mitte hatte das Trinken im Monbijou- und James-Simon-Park untersagt. Nun akzeptiert er ein Gerichtsurteil, das das Verbot aufgehoben hatte.

Ernährung gesichert Foto: dpa

Berlin taz | Der Bezirk Mitte wird keine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zum Alkoholverbot im Monbijou- und im James-Simon-Park. Dies erklärte ein Sprecher des Bezirksamts am Montag auf taz-Anfrage. Man nehme die Entscheidung des Gerichts „sehr ernst“ und habe daher „die Allgemeinverfügung mit dem streitgegenständlichen Alkoholverbot heute aufgehoben“.

Das Verwaltungsgericht hat am 31. August der Klage des Arbeitskreises kritischer ju­ris­t*in­nen an der Humboldt-Universität Recht gegeben und das Alkoholverbot in den beiden Parks nach einer Eilentscheidung vorerst gekippt.

Der Bezirk Mitte hatte am 21. Juli dieses Jahres befristet bis zum 11. September eine Allgemeinverfügung erlassen, nach der dort der Konsum und das Mitführen von alkoholischen Getränken zwischen 22 und 6 Uhr untersagt wurden. Begründung: Nächtlicher Alkoholkonsum und „wildes Feiern“ führe zu zahlreichen Schäden an den Grünanlagen „und widerspreche dem gesetzlichen Zweck einer Grünanlage als Ort ruhiger Eholfung für die Bevölkerung“, fasste das Gericht in einer Pressmitteilung am Montag die Argumentation des Bezirks zusammen.

Dagegen erklärte die 24. Kammer, so ein befristetes Alkoholverbot sei „nicht geeignet, die grünanlagenrechtlichen Schutzzwecke zu verwirklichen, denn der Konsum von Alkohol sowohl einzeln als auch in Gruppen stelle grundsätzlich eine widmungsgemäße Nutzung öffentlicher Grünanlagen zu Erholungszwecken dar“. Das Gesetz schreibe nicht vor, auf welche Art und Weise Anlagenbesucher nach Erholung suchen dürften, solange das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme eingehalten werde.

Trinken gegen Gentrifizierung

Die erkennbaren Missstände resultierten nicht aus dem Alkoholgenuss als solchem, sondern aus anderen Verhaltensweisen, die damit nicht zwingend im Zusammenhang stehen müssten. Zudem seien „Lärm, Vermüllung, wildes Urinieren und anderes rücksichtsloses Verhalten“ ohnehin nach dem Grünanlagen-Gesetz verboten. Dieses Verbot setze der Bezirk aber nicht konsequent durch. Auch treffe das Alkoholverbot Menschen, die den Park nicht anderweitig schädigen.

Der Arbeitskreis kritischer Ju­ris­t*in­nen (akj) begrüßte das Urteil. „Gerade in Zeiten, in denen sich wegen Gentrifizierung und starker Inflation immer weniger Menschen Freizeitausgaben leisten können, ist es falsch, Jugendliche und andere Menschen aus Parks zu vertreiben“, sagte Stefanie X. Richter, Sprecherin des akj. „Endlich können alle Menschen den Restsommer im Monbijoupark auch spätabends wieder genießen“, sagte sie.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • "Das Gesetz schreibe nicht vor, auf welche Art und Weise Anlagenbesucher nach Erholung suchen dürften, solange das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme eingehalten werde."



    Natürlich ist Alkohol nicht ursächlich verantwortlich ,doch im alkoholisierten Zustand wird die gegenseitige Rücksichtnahme für viele zum Problem.



    Übrigens ist es keine Vertreibung ,wenn man Alkoholkonsum an Brennpunkten untersagt. untersagt

  • Die Argumentation des akj kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen: „[...] Jugendliche und andere Menschen aus Parks zu vertreiben“. Ist Alkoholverbot mit Vertreibung gleichzusetzen? Ist im Weltbild des akj ein Aufenthalt ohne Alkoholkonsum nicht möglich? Und „Endlich können alle Menschen den Restsommer im Monbijoupark auch spätabends wieder genießen“? Genuss ist ohne Alkoholkonsum also laut akj nicht möglich?

    Ich frage mich, ob das Beibehalten des Alkoholverbotes dem Ziel des "den Park genießen" nicht eher gedient hätte und ob durch die Aufhebung desselben nicht mehr Leute aus dem Park vertrieben werden als andersherum.

  • Der aufgeklärte, woke Berliner ist mit einer Pulle Bier und Pommes sowie einer Grundversorgung durch Spätis zufriedenzustellen.Wenn dann noch das Nächtliche Alkoholverbot in den Parks zu Fall gebracht wird, ist die Demokratie gerettet.