Alexei Nawalny schreibt Liebesbotschaft: Julias Liebe hat ihn gerettet
Der vergiftete Kremlkritiker Alexei Nawalny postet eine schmachtende Liebesbotschaft an seine Frau Julia. Und Instagram flippt aus.
Mitte der Neunziger Jahre schmachteten Mädchen, die keine Mädchen mehr sein wollten, zusammen mit Sandra Bullock in „Während du schliefst“ einem Typen namens Peter hinterher, der Sandra alias Lucy gar nicht beachtete. Eine Liebesgeschichte, in der die Filmheldin ihrem angebeteten zuerst das Leben rettet und sich dann, als dieser im Koma liegt, in seinen Bruder verliebt.
Nun spielen sich zwischen Russland und Deutschland – seit der Vergiftung des bekanntesten russischen Oppositionspolitikers Alexei Nawalny – keine herzzerreißenden Komödien ab. Die Ereignisse erinnern eher an einen Thriller. Doch selbst in diese vergiftete Stimmung kommt plötzlich sehr viel Herz hinein. Eben wie in einem klassischen Liebesfilm. So schreibt es jedenfalls der inzwischen genesene Nawalny in einem aktuellen Post auf Instagram – eine Liebeserklärung, die er mit den Worten „Über die Liebe“ beginnt und seiner Frau Julia widmet.
„Ich schlief und schlief und schlief. Julia kam vorbei, sprach mit mir, sang mir Lieder vor, machte Musik an. Ich werde nicht lügen: Ich erinnere mich an nichts.“ Neben diesen Worten ist ein Foto, es zeigt Nawalny auf einem Krankenhausstuhl auf dem Balkon der Charité, die Beine übereinandergeschlagen, eine Tasse in der Hand. Julia Nawalnaja sitzt auf seiner Stuhllehne, schaut hinaus auf die große Stadt. Nawalny legt seinen Arm um ihre Hüfte.
Der 44-Jährige hatte im Koma ihren 20. Hochzeitstag verpasst und schreibt ihr deshalb folgende Worte: „Ich liege, ich bin nicht mehr im Koma, ich erkenne niemanden, ich verstehe nicht, was vor sich geht. Mein Zeitvertreib besteht darin, dass ich darauf warte, dass sie kommt. Wer sie ist, ist unklar. Wie sie aussieht, weiß ich auch nicht. Aber sie ist anders, das verstehe ich, deshalb liege ich und warte die ganze Zeit auf sie. Sie richtet mir das Kissen, sie redet nicht in einem Mitleidston mit mir. Sie spricht fröhlich und sie lacht. Es ist sehr schön mit ihr. Wenn sie wieder geht, bin ich traurig und fange wieder an zu warten.“
Empfohlener externer Inhalt
Ja, dieser Post ist kitschig. Und auch Julia hatte pünktlich zu ihrem Hochzeitstag, am Bett Nawalnys weilend, Bilder ihres Lebens mit ihm gepostet. „Ich und du, unsere Kraft liegt in der Liebe.“ Nicht umsonst schreibt ein Instagram-User namens Maksim „Wer hat denn da eine Zwiebel aufgeschnitten?“.
Doch was ist schon Kitsch, wenn jemand gerade dem Tod von der Schippe gesprungen ist? Wenn jemand begreift, was für eine unglaubliche Leistung und eine unglaubliche Freiheit es ist, Atemzug nach Atemzug machen zu können, selbstständig und so selbstverständlich? Wenn jemand das Leben wiederentdeckt? Und die Liebe. Da kann der Schmachtfaktor gar nicht hoch genug sein.
Nawalny beendet seinen Post mit den Worten: „Liebe heilt und bringt einen ins Leben zurück. Julia, du hast mich gerettet, das sollte in die neurologischen Bücher geschrieben werden.“
Ach, Alexei und seine Julia. Es hagelt über eine Million Likes. Während er nicht mehr schläft. Was für eine Liebesgeschichte!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?