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Album „I'm Good“ von NalanWach zu Hause

Nalans Stücke auf „I'm Good. The Crying Tape“ zeigen viele Charakteristika der Gegenwart. Die Stimmung der HipHop-Tracks ist besonders schwer greifbar.

Tolle Produzentin aus Berlin: Nalan Foto: Promo

Wiederholt man Worte zu oft, können zwei Dinge passieren: Entweder sie werden zum Mantra, entfalten eine Art meditative Kraft. Oder sie verlieren jede Bedeutung.

Wenn die Künstlerin Nalan in ihrem Song „I'm Good“ immer wieder beteuert, dass es ihr gut gehe – „I'm good, I'm good, I'm good“ – passiert irgendwie beides zugleich. Ihr warmer R&B-Sound wiegt einen in Sicherheit, aber sowohl die sanfte Wehmut des Songs als auch der Titel des zugehörigen Albums erzählen vom Gegenteil: „I'm Good. The Crying Tape“ heißt ihr Debütalbum.

Nalan Şeyma Karacagil kommt eigentlich aus München, lebt aber in Berlin, wo sie seit Jahren ziemlich umtriebig ist: Zum einen als Teil von Slic Unit, einem Netzwerk von Produzentinnen und DJs of color. Dazu steuert sie ihre klaren Vocals dem trippigen, sumpfigen, düsteren Südstaatenrap-Sound des Trios Gaddafi Gals bei, dem auch die Rapperin Ebow angehört.

Das Album

Nalan: „I'm Good. The Crying Tape“ (Mansions and Millions & 3 Headed Monster Posse)

Schon vor drei Jahren aber, noch vor dem Durchbruch der Gaddafi Gals, veröffentlichte Karacagil die EP „Ugly“. Ihr zerdehnter, fließender Mash-up aus TripHop, Pop, Am­bient und düsteren Spielarten von Electronica zeigte schon damals, wohin die Reise der Solistin Nalan geht. Während die Gaddafi Gals dem Herzschlag des Dirty South lauschen, hört Nalan eher auf den Beat Südlondons, wo schon seit Jahren an der Auflösung klassischer Indie- und Poprubriken gebastelt wird.

Charakteristika der Gegenwart

Da wäre etwa Nilüfer Yanya, die sanfte Gitarrenmusik spielt, ohne lupenreiner Indiepop zu sein. Oder Tirzah, an die Nalans Sound in manchen Momenten erinnert. Die Britin brachte gemeinsam mit ihrer Dauerkollaborateurin Mica Levi dem körperlosen Electronicsound, der die zehner Jahre prägte, mit ihrem minimalistischen R&B bis dato ungekannte Wärme und Intimität bei.

Und noch ein weiteres Charakteristikum der Gegenwart findet man in Nalans Musik: Es scheint, als sei dem Pop seine Hit-Vergessenheit ausgetrieben worden. Der Erfolg von Billie Eilish als Mainstream-Superstar zeigt das, insbesondere ihr zweites, sehr gutes, aber nicht sehr zugängliches Album „Happier than Ever“ aus diesem Jahr: Der Sound und sein Design ist der Star, nicht der Song; alles soll „mood“ und „vibe“ werden.

Und die mood, die Stimmung also, ist bei Nalan besonders schwer greifbar. Ihre Stücke schweben auf leichten Synthesizer-Schwingen, klingen plötzlich wieder erdverbunden und seltsam schwer in ihrer Basslastigkeit.

Sound der Uneindeutigkeit

Melodien mit Wiedererkennungswert komponiert Nalan trotzdem. Das finale Stück „Son Kez“ ist der einzige Song des Albums, den sie auf Türkisch singt, der Sprache ihrer Eltern, und er klingt wie eine Soundcloudpop-Version von Portishead.

„Rewind“ ist eine Hommage an den glanzvoll produzierten R&B der neunziger und frühen nuller Jahre, Musik aus Nalans Kindheit und Jugend; „Falling 4 You“ bedient sich mit seinen verstolperten Beats beim UK-Underground dieser Ära, hört sich aber eher nach rastlosem Wachsein zu Hause als nach Clubmusik an.

Überhaupt kultiviert Nalan auf „I’m Good. The Crying Tape“ einen Sound der Uneindeutigkeit: Musik für komische Zeiten, in denen die eigene Laune einem Kippbild gleicht.

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