Aktuelle Entwicklungen in der Coronakrise: Impfstoff-Vertrag ist ausgehandelt
Die Verhandlungen mit der Firma Biontech über den Impfstoff sind abgeschlossen. In Deutschland wurden 15.332 Neuinfektionen gemeldet.
Impfstoff-Vertrag „in trockenen Tüchern“
Den Menschen in Europa soll der vielversprechende Corona-Impfstoff der Pharmafirmen Biontech und Pfizer nach einer Zulassung schnell zur Verfügung stehen. „Die Verhandlungen mit der Pharmaindustrie sind abgeschlossen“, bestätigten Kommissionskreise am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. „Der Vertrag ist in trockenen Tüchern.“ Zuerst hatte die Bild-Zeitung darüber berichtet.
Deutschland möchte bis zu 100 Millionen Dosen erhalten. Damit sei die Bundesregierung in den Gesprächen in der EU angetreten, teilte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Dienstag in Berlin mit. Für eine Immunisierung sollen zwei Impfdosen pro Person nötig sein.
Nach Vertragsabschluss in der EU haben alle 27 Länder gleichzeitig Zugriff auf erste Lieferungen. Sie sollen nach Bevölkerungsstärke verteilt werden. Deutschland hat einen Anteil von rund 19 Prozent.
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Die Unternehmen hatten am Montag bekanntgegeben, dass ihr Impfstoff einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor Covid-19 biete. Eine Zulassung zunächst in den USA soll frühestens kommende Woche beantragt werden.
Die EU-Kommission verhandelt seit Monaten mit Biontech und Pfizer. Nach Vorgesprächen hatte die Behörde schon im September erklärt, sie wolle bis zu 300 Millionen Impfstoffdosen der Hersteller beziehen. Ein Rahmenvertrag war aber noch nicht zustande gekommen – anders als bei drei anderen Impfstoffherstellern.
Spahn erwartet einen zügigen Zulassungsprozess. So würden nicht wie üblich erst alle Daten gesammelt und dann nach Ende der Zulassungsstudie bei den Behörden eingereicht. Diesmal laufe das in direktem Austausch. Sowohl eine Zulassung in der USA als auch eine in Europa würden sehr zügig geschehen. Spahn versicherte: „Die Anforderungen, die wir stellen (...), sind nicht irgendwie abgesenkt oder geändert.“
Deutschland als attraktiver Pharmamarkt hätte wie andere große EU-Staaten mit den Unternehmen auch allein einen Vertrag schließen können, sagte Spahn. Doch mit Frankreich, Italien und den Niederlanden habe man sehr stark dafür geworben, dass dies die Kommission für alle EU-Staaten macht. Denn sonst hätten kleinere Staaten das Nachsehen gehabt. „Das ist manchmal etwas mühsamer, aber am Ende, wenn wir zusammenstehen, sind wir zusammen stärker.“ Als deutscher Gesundheitsminister könnte er der Bevölkerung nicht erklären, wenn andere Länder einen in Deutschland entwickelten Impfstoff früher erhielten, betonte Spahn zugleich erneut.
Weber sagte: „Die Verträge müssen fachlich, sachlich, rechtlich ordentlich abgeschlossen werden.“ Es habe am Schluss noch Diskussion darüber gegeben, dass Pfizer auch das Haftungsrecht Europas zu respektieren habe. Europa habe mit einer Stimme gesprochen, gegenüber dem US-Konzern Pfizer habe man so stärker auftreten können.
Spahn kündigte eine große Informationskampagne zur Corona-Impfung an. Es werde dabei auch erneut erklärt werden müssen, „warum wir priorisieren und wer zuerst geimpft wird“. Zuerst sollen Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen, Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich, Polizisten, Feuerwehrleute, Lehrer und Erzieher geimpft werden, wie der Deutsche Ethikrat, die Wissenschaftsakademie Leopoldina und die Ständige Impfkommission empfohlen hatten. Informiert werden solle auch zur Technologie und über mögliche Risiken und Nebenwirkungen.
Spahn zeigte sich optimistisch zur weiteren Entwicklung der Pandemie. Es gebe eine „sehr hohe Wahrscheinlichkeit“, dass es im ersten Quartal 2021 einen ersten Impfstoff gebe. „Das ist Licht am Ende des Tunnels.“ Spahn sagte: „Das gibt mir, und ich wünsche das allen Bürgerinnen und Bürgern, auch Kraft für die Monate, die schwer sind, zu wissen, dass es zumindest eine gute Chance gibt darauf, dass der nächste Herbst und Winter deutlich besser werden kann als dieser.“ Die Aussicht solle die Menschen auch darin bestärken, „in diesem Winter besonders aufeinander aufzupassen und sich an die Regeln zu halten“.
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) setzt auf eine Herstellung des Impfstoffs in großem Stil. „Es wird darauf ankommen, den Impfstoff nun möglichst rasch und in großen Mengen zu produzieren“, sagte Karliczek der Deutschen Presse-Agentur.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte am Montag in der ARD-Sendung „hart aber fair“, man wisse heute noch nicht, ob die, die geimpft seien, sich weiter mit dem Coronavirus infizieren und auch für andere Menschen ansteckend sein könnten. Bis ganz Deutschland bis zu einer „Herdenimmunität“ durchgeimpft ist, vergeht nach Lauterbachs Einschätzung mindestens ein Jahr. Erst danach könne man darüber reden, auf Maske und Abstand zu verzichten. Leif-Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung an der Berliner Charité, sagte, zu möglichen Nebenwirkungen lasse sich noch nicht all zu viel sagen. (dpa)
Menschen mit Depressionen leiden mehr unter Coronakrise
Eine Studie zeigt, dass Menschen mit Depressionen in Deutschland stärker von Folgen der Coronamaßnahmen betroffen sind als die Allgemeinbevölkerung. So haben sie zum Beispiel den Lockdown im Frühjahr als deutlich belastender erlebt, heißt es im neuen „Deutschland-Barometer Depression“, das die Stiftung Deutsche Depressionshilfe am Dienstag, 10. November, in Leipzig veröffentlichte. Das sei auch für den aktuellen Teillockdown zu erwarten, sagte Psychiater Ulrich Hegerl als Vorsitzender der Stiftung.
Nach Angaben der Stiftung sind in Deutschland mehr als fünf Millionen Menschen depressiv erkrankt. Im Frühjahr habe fast jeder zweite dieser Patienten Einschränkungen bei der Behandlung erlebt, zum Beispiel weil Arzttermine oder Klinikaufenthalte ausgefallen seien. Auch jetzt stellten Kliniken Ressourcen für die Behandlung von Corona-Infektionen um. Das gehe erneut auch auf Kosten der Versorgung von Menschen mit psychischen Leiden, sagte Hegerl. „Depression ist eine schwere, oft lebensbedrohliche und dringend behandlungsbedürftige Erkrankung.“
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Die Stiftung hat für ihr viertes Depressionsbarometer im Juni und Juli rund 5.000 Menschen zwischen 18 und 69 Jahren repräsentativ online befragen lassen. Daneben wertete sie in einer Stichprobe Antworten von Menschen in einer depressiven Phase aus und verglich die Werte.
Danach empfanden rund drei Viertel der Menschen mit Depressionen (74 Prozent) den Lockdown im Frühjahr als bedrückend. In der Allgemeinbevölkerung waren es 59 Prozent, heißt es in der Analyse. Menschen in einer depressiven Phase hätten zum Beispiel fast doppelt so häufig unter einer fehlenden Tagesstruktur (75 Prozent) und Grübelei (89 Prozent) gelitten als die Allgemeinbevölkerung (39 und 41 Prozent). In der häuslichen Isolation seien depressiv Erkrankte zudem deutlich häufiger tagsüber im Bett geblieben (48 Prozent versus 21 Prozent). Deutlich mehr als ein Drittel (43 Prozent) von ihnen gab an, dass es zu Konflikten und Streit kam. In der Allgemeinbevölkerung sagte das weniger als ein Fünftel (18 Prozent) der Befragten.
„Für Menschen mit einer Depression wird der Rückzug in die eigenen vier Wände durch diesen zweiten Teillockdown wieder viele negative Auswirkungen haben“, prognostizierte Hegerl. Nur für einen kleineren Teil der Patienten seien Telefon- und Videosprechstunden sowie Online-Programme eine mögliche Alternative – auch wenn die Angebote nun häufiger angenommen würden als früher. (dpa)
Knapp 15.000 Neuinfektionen gemeldet
In Deutschland haben die Gesundheitsämter dem Robert-Koch-Institut (RKI) 15.332 neue Infektionen mit dem Coronavirus binnen 24 Stunden gemeldet. Das sind knapp 2.000 Fälle mehr als am Montag, wie aus Angaben des RKI vom Dienstagmorgen hervorgeht. Im Vergleich zum Dienstag vergangener Woche ist der Wert nahezu identisch. Damals wurden 15.352 Neuinfektionen gemeldet. Der Höchststand war am Samstag mit 23.399 verzeichneten Fällen erreicht worden. Sonntags und montags sind die täglich vermeldeten Fallzahlen in der Regel niedriger als an anderen Wochentagen.
Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg bis Dienstag um 154 auf insgesamt 11.506. Am Montag betrug diese Steigerung 63 Fälle.
Das sogenannte Sieben-Tage-R lag laut RKI-Lagebericht vom Montag bei 0,98 (Vortag: 1,01). Das heißt, dass 100 Infizierte rechnerisch etwa 98 weitere Menschen ansteckten. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter eins, flaut das Infektionsgeschehen ab. (dpa)
Spahn will schnell Vertrag mit Biontech/Pfizer
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will erreichen, dass die EU so rasch wie möglich mit dem deutschen Forschungsunternehmen Biontech und dessen US-Partner Pfizer einen Vertrag über die Lieferung von deren vielversprechendem Corona-Impfstoffkandidaten abschließt. Bislang gebe es mit den beiden Unternehmen nur einen Vorvertrag, sagte Spahn am Montagabend im ZDF. Er wolle, dass die EU nun „in den nächsten Tagen“ einen Abschluss mit Biontech und Pfizer erziele.
„Ich könnte es als deutscher Gesundheitsminister jedenfalls schwer erklären, wenn in anderen Regionen der Welt ein in Deutschland produzierter Impfstoff schneller verimpft würde als in Deutschland selbst“, betonte Spahn. Deshalb mache die Bundesregierung Druck bei der EU-Kommission, „dass der Vertrag jetzt zügig unterzeichnet wird“.
Biontech und Pfizer hatten am Montag bekanntgegeben, dass ihr Impfstoffkandidat in mehr als 90 Prozent der Fälle eine Erkrankung an der von dem neuartigen Coronavirus verursachten Lungenkrankheit Covid-19 verhindere. Dies sei in der laufenden klinischen Prüfung festgestellt worden. Die beiden Unternehmen wollen nun bereits in der kommenden Woche in den USA die beschleunigte Genehmigung des Impfstoffs beantragen.
Spahn sagte, die von Biontech und Pfizer verkündeten Erfolge seien in „jedem Fall sehr ermutigend“ und machten zuversichtlich: „Wir werden – Stand heute – so schnell einen Impfstoff haben bei einem neuen Virus wie noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte.“ Eine Wirksamkeit von 90 Prozent sei sehr hoch. Ein Grippe-Impfstoff habe zum Vergleich nur 50 oder 60 Prozent Wirksamkeit, erläuterte der Minister.
Aus EU-Kreisen hieß es am Montag, dass die Europäische Union trotz der positiven Mitteilung von Biontech und Pfizer an ihrem bisherigen Zeitplan für die Zulassung eines Corona-Impfstoffs festhalten wolle. Die europäische Arzneimittelbehörde Ema müsse noch weitere Tests vornehmen, eine Zulassung in Europa sei daher frühestens „Anfang kommenden Jahres“ realistisch. (afp)
Karliczek für Maskenpflicht an Schulen
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat für eine allgemeine Maskenpflicht im Unterricht an allen Schulen plädiert. Diese Maßnahme halte sie in der aktuellen Phase hoher Infektionszahlen für „zumutbar“, auch an den Grundschulen, sagte Karliczek der Düsseldorfer Rheinischen Post (Dienstagsausgabe).
Die Ministerin räumte ein, dass das Maskentragen über den Tag hinweg „natürlich lästig“ sei. Doch sei das Tragen von Atemschutz aus ihrer Sicht das „effektivste Mittel“, um den Fortgang des Präsenzunterrichts zu ermöglichen.
Karliczek sprach sich ferner dafür aus, dass Schulen auf andere Räume – etwa in Pfarrzentren und Museen – ausweichen, um mehr physischen Abstand zu erreichen. Flexibilität forderte die Ministerin auch beim Lüften in Klassenräumen ein: „Regelmäßiges Stoßlüften hilft, auch wenn es mal kalt wird in den Räumen.“ In der derzeitigen Lage sei es Schüler:innen zuzumuten, „einen dickeren Pullover anzuziehen“. (afp)
Höchststand bei belegten Intensivbetten
Die Zahl der Coronapatient:innen auf Intensivstationen hat in Deutschland den Höchstwert vom Frühjahr übertroffen. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) meldete bereits am Montag, dass 3.005 Covid-19-Patient:innen intensivmedizinisch behandelt werden. Davon werden 1688 (56 Prozent) invasiv beatmet. Der bisherige Höchststand war laut DIVI am 18. April mit 2933 Covid-19-Patient:innen auf Intensivstationen erreicht worden.
Tatsächlich sei die Lage in den Kliniken derzeit sogar schlimmer als im Frühjahr, hatte Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Es gebe wesentlich mehr infizierte Patient:innen auf den anderen Stationen – von denen ein Teil noch auf den Intensivstationen landen werde. Die gesamte Infektionslage sei nicht mit der im April vergleichbar.
Anders als bei der Spitze am 18. April werde diesmal kein Abflauen folgen, der Anstieg werde sich vielmehr vorerst fortsetzen, sagte Janssens. Der Grund sei, dass sich die jeweilige Zahl an Neuinfektionen erst verzögert in schweren Verläufen und schließlich in der Belegung der Intensivstationen niederschlägt. „In vier Wochen werden wir die Folgen der Spitzenwerte jetzt sehen.“ Einige Zentren seien bereits am Anschlag, es müssten vereinzelt bereits Covid-19-Patient:innen in andere Kliniken gebracht werden.
Hinzu kommt, dass der Anteil älterer Infizierter nach Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) seit Ende September wieder steigt. Sie haben ein höheres Risiko, schwer zu erkranken – und damit auch dafür, zu Patient:innen auf der Intensivstation zu werden. (dpa)
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