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Aktivist:innen-Camp in KeyenbergAuffangstation für Lützerath

Ein verschlammtes Camp empfängt diejenigen, die in Lützerath geräumt wurden. Dort gibt es Kleidung, warmen Tee und psychologische Betreuung.

„Wer aus Lützerath geräumt wird, kommt nicht mehr hinein.“ Foto: Christian Mang/Reuters

Keyenberg taz | Es regnet schon den ganzen Donnerstagmorgen. Die Wiese des „Unser aller Camp“ in Keyenberg ist eine einzige Schlammlandschaft, trotz der milden Temperaturen tummeln sich Menschen um eine Feuertonne. Beschaulich ist es nicht, im Dauerregen zu campen, doch ohne das „Ausweichcamp“ in der Nähe von Lützerath hätten es die Be­set­ze­r:in­nen gerade noch schwerer.

Dort sieht es gerade nicht so gut aus für diejenigen, die sich für den Erhalt des Ortes und der Braunkohle darunter einsetzen: Die Räumung ist weit vorangeschritten, zwei Bagger reißen Gebäude ein.

Seit Anfang des Jahres steht das „Unser aller Camp“ (UAC) auf dem öffentlichen Sportplatz in Keyenberg. Der kleine Ort liegt knapp vier Kilometer von Lützerath entfernt – und soll wie vier weitere von den Kohlebaggern verschont werden. Auf dem Platz stehen, neben ein paar hundert Zelten, Bierbänke, eine komplette Küche unter freiem Himmel und zwei große Zirkuszelte.

Die Menschen hier wollen von außen die Besetzung des Weilers Lützerath unterstützen, sich vernetzen und auch von hier aus Aktionen starten. Es ist außerdem eine notwendige – und teils die einzige – Anlaufstelle für die Aktivist:innen, die sich aus Lützerath haben räumen lassen.

„Mein ganzes Zeug ist noch da drin“

Unter den Menschen, die jetzt noch in den Strukturen der Besetzung ausharren, planen viele, gegen Abend ins Camp zu kommen. Ihnen drohen sonst Platzverweise. „Ich weiß auch nicht, wo ich jetzt hin soll. Mein ganzes Zeug ist noch da drin“, erzählt ein Aktivist am Ortsausgang von Lützerath.

Er wurde gerade geräumt. Am „Strabag-Lager“ werden er und die anderen geräumten Ak­ti­vis­t:in­nen in Empfang genommen und zum Camp gefahren. Im „Unser Aller Camp“ finden sie warme Mahlzeiten aus der „Küche für alle“, Tee, Duschen, einen „Free-Shop“ mit frischen Klamotten und Camping-Equipment und einen sicheren Schlafplatz, außerdem psychologische Betreuungsangebote, um die Räumungserfahrungen zu verarbeiten.

„Wir fangen die Leute hier auf“, berichtet Zohra, eine Sprecherin des Camps. Die zwei Zeltwiesen des Camps sind voll. „Wir kümmern uns gerade darum, noch mehr Platz zu schaffen.“ Heute wurde die Scheune von Landwirt Eckardt Heukamp geräumt, der früher in Lützerath lebte. 70 Menschen hatten sich dort verbarrikadiert.

Demo zieht nach Lützerath

Wer aus Lützerath geräumt wird, kommt nicht mehr hinein. Bereits gegen Mittag des ersten Räumungstages Mittwoch begannen die Einsatzkräfte mit dem Bau eines doppelreihigen Zauns um die Evakuierungszone. Auch Pres­se­ver­tre­te­r:in­nen wird ohne eine gesonderte Akkreditierung durch die Polizei der Zutritt zur Besetzung verwehrt. Einige Jour­na­lis­t:in­nen wurden ebenfalls in den vergangenen zwei Tagen des Platzes verwiesen.

Von Keyenberg startete am Donnerstag auch eine Demonstration Richtung Lützerath. Die Polizei schätzte etwa 800 Menschen. Unter den Teilnehmern war auch die Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer. Sie trug ein Schild mit der Aufschrift „Klimaschutz ist Handarbeit“. Neubauer hatte der Polizei brutales Vorgehen bei der Räumung vorgeworfen. Dass die Polizei die Räumung bei Dunkelheit und bis in die Nacht hinein fortgesetzt habe, sei gefährlich und unverständlich, sagte Neubauer.

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1 Kommentar

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