Aktivistin über Kohlekraftwerk Datteln: „Kämpfen wie für den Hambi“
Die Aktivistin Kathrin Henneberger kämpfte schon für den Erhalt des Hambacher Walds. Nun protestiert sie gegen das Kohlekraftwerk Datteln IV.
taz: Kathrin Henneberger, Sie kämpfen seit Jahren im Hambacher Forst. Am Wochenende haben Sie das Steinkohlekraftwerk Datteln IV besetzt. Sind Sie nicht müde?
Kathrin Henneberger: Nein. Ich bin gerade unglaublich energiegeladen. In meinem Herzen ist große Verzweiflung, weil in der Klimakrise nicht gehandelt wird, wie gehandelt werden sollte, um die 1,5 Grad-Grenze einzuhalten. Und diese Verzweiflung gibt mir unglaublich viel Energie und Mut, mich mit Konzernen wie RWE und deren politischen Verbündeten anzulegen. Und das müssen wir auch. Datteln IV ist der Sargnagel unserer Zukunft.
Warum?
Wir rasen ungebremst auf eine Welt vier bis sechs Grad heißer zu. Wir müssen die Kohlekraftwerke ab- und nicht anschalten. Es ist wahnsinnig, im Jahr 2020 ein neues Kraftwerk ans Netz gehen zu lassen. Abgesehen davon kommt die Steinkohle, die in Datteln IV verfeuert wird, nicht aus Deutschland, sondern wird in Nordkolumbien und Sibirien eingekauft. Dort werden ganze Gemeinden zwangsumgesiedelt. Der indigenen Bevölkerung werden Landrechte entzogen.
Und Anwohnende, die sich wehren, leiden unter unglaublichen Repressionen. Sie müssen jeden Tag Angst haben, dass sie abends nicht mehr nach Hause kommen. Bei unserer Pressekonferenz in Datteln war eine sibirische Aktivistin zu Gast, Alexandra Koroleva von Ecodefense, die in Russland gegen die Steinkohle gekämpft hat und fliehen musste. Wir möchten nicht, dass dieses koloniale Gehabe weiter besteht. Dass wir hier im Norden auf Kosten der Länder im globalen Süden leben.
Wer muss handeln?
32, ist Klimaaktivistin aus Nordrhein-Westfalen und Sprecherin des Bündnisses „Ende Gelände“.
Das Parlament und die Bundesregierung, in erster Linie aber die Landesregierung von NRW unter Armin Laschet. Aber das wird nichts. Die Menschen, die auch Hambi haben räumen lassen, werden jetzt dafür verantwortlich sein, dass ein neues Kohlekraftwerk ans Netz geht. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die Politik uns vor der Klimakrise rettet, und wir können uns nicht darauf verlassen, dass Kohlekonzerne Einsicht haben. Der Konzern Uniper, der in Datteln baut, ist in der Hand des Energieversorgers Fortum. Und Fortum wiederum gehört zu 50,8 Prozent dem finnischen Staat. Wir haben also auch die finnische Bevölkerung dazu aufgerufen, sich solidarisch an unsere Seite zu stellen und Druck zu machen. Und die sind mit dabei.
Wie geht es weiter?
Ich kann noch nicht viel verraten. Datteln wird jedenfalls nicht das einzige Zentrum unserer Proteste sein. Im Juni soll das Kohlekraftwerk ans Netz gehen, deswegen werden wir im Mai groß wiederkommen. In der taz stand ja schon, dass vor dem Kraftwerk ein Kanal ist. Na ja, und wer Baumhäuser bauen kann, kann auch Flöße bauen.
Sind wieder Dauerbesetzungen geplant?
Das darf ich nicht sagen.
Wie war die Stimmung in Datteln am Wochenende?
Unglaublich. Als wir auf dem Kraftwerkgelände waren, bekamen wir Besuch von den Menschen, die hier vor Ort seit 13 Jahren im Widerstand sind. Die kamen mit ihren eigenen Fahnen und haben Präsenz gezeigt. Gemeinsam werden wir gegen dieses Kraftwerk kämpfen, wie wir für den Hambi kämpfen.
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