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Aktivisten über türkisches MilitärGrenzsoldaten erschießen Flüchtlinge

Türkische Soldaten sollen mindestens acht flüchtende Syrer erschossen haben. Darunter waren den Angaben nach auch vier Kinder. Die Armee weist das zurück.

Flüchtlinge in einem Camp an der syrisch-türkischen Grenze Foto: reuters

Beirut afp/rtr | Türkische Grenzsoldaten haben nach Angaben von Aktivisten am Sonntag mindestens acht syrische Flüchtlinge erschossen, darunter vier Kinder. Acht weitere Menschen seien verletzt worden, teilweise schwer, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die Gruppe war demnach vor Gefechten um die nordsyrische Stadt Manbidsch in der Provinz Aleppo auf der Flucht.

Die Gruppe gelangte der Beobachtungsstelle zufolge über die nordwestliche Provinz Idlib an die Grenze zur Türkei. Dort hätten türkische Soldaten das Feuer eröffnet. Die in der Syrische Nationalen Koalition zusammengeschlossenen Gegner von Staatschef Baschar al-Assad gaben die Zahl der Todesopfer mit elf an. Das von der Türkei unterstützte Bündnis mit Sitz in Istanbul sprach von einer „fürchterlichen Tragödie“. Die Tötung „schutzloser Syrer“ widerspreche der „Gastfreundschaft der türkischen Regierung und des türkischen Volkes“.

Die türkische Armee wies die Darstellung zurück. Es habe in der Nacht einen Versuch gegeben, die Grenze illegal zu überqueren. „Es wurden aber keine Schüsse direkt auf Menschen abgefeuert.“ Es habe lediglich Warnschüsse Richtung einer Gruppe von sieben oder acht Personen gegeben. Diese habe sich dann in die Wälder zurückgezogen.

Nach Angaben der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle erschossen türkische Grenzsoldaten seit Jahresbeginn mindestens 60 Menschen, alles Zivilisten. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf den Grenzsoldaten in einem im Mai vorgelegten Bericht vor, syrische Flüchtlinge mit tödlicher Waffengewalt an der Einreise in die Türkei zu hindern. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bestreitet das, und die türkische Armee beharrt darauf, lediglich auf bewaffnete Schmuggler, nicht auf Zivilisten zu schießen.

Nach UN-Schätzungen wurden in Syrien seit Beginn des Gewaltkonflikts im März 2011 mehr als 280.000 Menschen getötet. Millionen Syrer sind wegen der Gewalt auf der Flucht.

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1 Kommentar

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  • In einem anderen Artikel wird (zu Recht) der Rücktritt des Innenministers gefordert, weil seine Argumentation mit falschen Zahlen gravierende Folgewirkungen für kranke Flüchtlinge haben könnte.

     

    Wenn man diesen Maßstab konsequenterweise auch an den oben geschilderten Skandal anlegt, müsste aber noch wesentlich vehementer der Rücktritt einer anderen Person postuliert werden: Der deutschen Kanzlerin nämlich.

     

    Der sogenannte EU-Türkei-Deal ist zu 99% aus Merkels Feder geflossen und auch heute noch lobt die Kanzlerin diesen Pakt als das zentrale Element zur „Sicherung der EU-Außengrenzen“. Einer der elementaren Fehler in diesem Deal ist aber, dass es der Türkei weitgehend selbst überlassen bleibt, wie diese „Sicherung der EU-Außengrenzen“ realisiert wird. Und nun zeigen sich eben die Folgen dieses „tollen“ Vertrags.

     

    Die Erschossenen sind also in hohem Maße auch Merkels Opfer.