AktivistInnen blockieren Rheinmetall: Mit Bob Dylan gegen Panzerbauer
ProtestlerInnen von „Lebenslaute“ haben am Montag das Rheinmetall-Werk in Unterlüß blockiert. Der Konzern produziert dort schwere Waffen.
Die „Konzertaufstellung“ habe Fahrzeuge und Angestellte von Rheinmetall daran gehindert, die Waffenfabrik und den Dienstplatz zu erreichen. „Lieferverkehr war nicht möglich“, sagte Weigel.
An allen vier Blockadepunkten erklang klassische und populäre Chor- und Instrumentalmusik. Die Polizei war vor Ort, schritt aber nicht gegen die Blockierer ein. Die Blockade wurde um elf Uhr mit einem „offiziellen Aktionskonzert“ beendet. Dabei brachten die Musiker vor einem der Werkstore verschiedene Werke zu Gehör – von Bob Dylans „Masters of War“ bis zu Georg Friedrich Händels Friedensode.
„Hier in Unterlüß liegt die Hauptproduktionsstätte der Militärsparte Rheinmetall Defence“, sagte „Lebenslaute“-Co-Sprecher Marcus Beyer. Dort produziere Rheinmetall Waffen und Munition, Komponenten für Panzer und betreibe Europas größtes privates Waffentestgelände. „Wir sind hier, weil Rheinmetall ausgehend von diesem Ort Milliardengeschäfte mit dem Tod macht. Deutschland führt heute wieder Krieg, und Krieg beginnt auch in Unterlüß“, so Beyer.
Empfohlener externer Inhalt
Cornelia Weigel fügte hinzu, Rheinmetall- Produkte würden auch an repressive und nationalistische Regierungen geliefert. Beispielsweise habe die Türkei bei ihrem völkerrechtswidrigen Angriff auf die kurdische Region Afrin in Nordsyrien im Januar 2018 deutsche Leopard-Panzer mit Kanonen und Munition aus dem Hause Rheinmetall Eingesetzt.
„Waffen befeuern Kriege“, hieß es in einer schriftlichen Mitteilung der Lebenslaute. Nicht zuletzt trage ihr Einsatz erheblich zum Klimawandel bei. Auch liefere Rheinmetall Überwachungstechnologie zur Abschottung Europas. „Lebenslaute“ setzte sich hingegen für die Beseitigung von Grenzen ein.
In Unterlüß befindet sich eine wichtige Produktionsstätte von Rheinmetall. Knapp 2.000 Menschen produzieren dort Waffen, Munition, Panzer und anderes Kriegsgerät. Die Schießanlage in Unterlüß gilt als das größte private Testgelände in Deutschland. Rheinmetall mit Hauptsitz in Düsseldorf ist allerdings nicht nur Waffenschmiede, sondern auch Automobilzulieferer. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen fast 24.000 Mitarbeiter. Zuletzt erwirtschaftete Rheinmetall einen Umsatz von knapp sechs Milliarden Euro, die Hälfte davon in der Rüstungssparte.
Im Netzwerk „Lebenslaute“ musizieren Laien und Profis gemeinsam. Auftritte gibt es schon seit 1986 – an Orten „von denen Bedrohung ausgeht“. Dazu zählen Militärstützpunkten, Atomanlagen, Abschiebeflughäfen oder Kohlegruben. Um die Konzert-Blockade in Unterlüß vorzubereiten, hatten sich die Aktivist/inn/en schon Mitte vergangener Woche getroffen. Als Quartier und Ort für Proben diente ein naher Gasthof.
Ein Teil der „Lebenslaute“-Leute besuchte Montagmittag noch die örtliche Gedenkstätte für Zwangsarbeiterinnen. In Unterlüß gab es während der Nazi-Diktatur unter anderem ein „Arbeitserziehungslager“ der Gestapo, ein Außenlager des KZ Bergen-Belsen, ein Kriegsgefangenenlager und ein Lager für Säuglinge und Kleinkinder, deren Mütter Zwangsarbeit bei der damaligen Rheinmetall-Borsig AG leisten mussten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen