AktivistInnen blockieren Rheinmetall: Mit Bob Dylan gegen Panzerbauer

ProtestlerInnen von „Lebenslaute“ haben am Montag das Rheinmetall-Werk in Unterlüß blockiert. Der Konzern produziert dort schwere Waffen.

Musiker der Gruppe "Lebenslaute" spielen und singen vor einem Standort des Waffen- und Rüstungskonzerns Rheinmetall.

Der Geiger gehört zu den fast 100 Musikern des Netzwerks Lebenslaute, die den Zugang blockieren Foto: Julian Stratenschulte/dpa

GÖTTINGEN taz | Rund 100 Aktive des Musiker-Netzwerks „Lebenslaute“ haben am Montagmorgen für mehrere Stunden die Hauptzufahrten zum Rheinmetall-Werk in Unterlüß blockiert. An den vier Zufahrten der Fabrik in der Lüneburger Heide hätten sich noch vor sechs Uhr jeweils 25 bis 30 Musizierende zu „spielfähigen Ensembles“ zusammengefunden, gesungen und Instrumente gespielt, sagte „Lebenslaute“-Sprecherin Cornelia Weigel der taz.

Die „Konzertaufstellung“ habe Fahrzeuge und Angestellte von Rheinmetall daran gehindert, die Waffenfabrik und den Dienstplatz zu erreichen. „Lieferverkehr war nicht möglich“, sagte Weigel.

An allen vier Blockadepunkten erklang klassische und populäre Chor- und Instrumentalmusik. Die Polizei war vor Ort, schritt aber nicht gegen die Blockierer ein. Die Blockade wurde um elf Uhr mit einem „offiziellen Aktionskonzert“ beendet. Dabei brachten die Musiker vor einem der Werkstore verschiedene Werke zu Gehör – von Bob Dylans „Masters of War“ bis zu Georg Friedrich Händels Friedensode.

„Hier in Unterlüß liegt die Hauptproduktionsstätte der Militärsparte Rheinmetall Defence“, sagte „Lebenslaute“-Co-Sprecher Marcus Beyer. Dort produziere Rheinmetall Waffen und Munition, Komponenten für Panzer und betreibe Europas größtes privates Waffentestgelände. „Wir sind hier, weil Rheinmetall ausgehend von diesem Ort Milliardengeschäfte mit dem Tod macht. Deutschland führt heute wieder Krieg, und Krieg beginnt auch in Unterlüß“, so Beyer.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Cornelia Weigel fügte hinzu, Rheinmetall- Produkte würden auch an repressive und nationalistische Regierungen geliefert. Beispielsweise habe die Türkei bei ihrem völkerrechtswidrigen Angriff auf die kurdische Region Afrin in Nordsyrien im Januar 2018 deutsche Leopard-Panzer mit Kanonen und Munition aus dem Hause Rheinmetall Eingesetzt.

„Waffen befeuern Kriege“, hieß es in einer schriftlichen Mitteilung der Lebenslaute. Nicht zuletzt trage ihr Einsatz erheblich zum Klimawandel bei. Auch liefere Rheinmetall Überwachungstechnologie zur Abschottung Europas. „Lebenslaute“ setzte sich hingegen für die Beseitigung von Grenzen ein.

In Unterlüß befindet sich eine wichtige Produktionsstätte von Rheinmetall. Knapp 2.000 Menschen produzieren dort Waffen, Munition, Panzer und anderes Kriegsgerät. Die Schießanlage in Unterlüß gilt als das größte private Testgelände in Deutschland. Rheinmetall mit Hauptsitz in Düsseldorf ist allerdings nicht nur Waffenschmiede, sondern auch Automobilzulieferer. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen fast 24.000 Mitarbeiter. Zuletzt erwirtschaftete Rheinmetall einen Umsatz von knapp sechs Milliarden Euro, die Hälfte davon in der Rüstungssparte.

Im Netzwerk „Lebenslaute“ musizieren Laien und Profis gemeinsam. Auftritte gibt es schon seit 1986 – an Orten „von denen Bedrohung ausgeht“. Dazu zählen Militärstützpunkten, Atomanlagen, Abschiebeflughäfen oder Kohlegruben. Um die Konzert-Blockade in Unterlüß vorzubereiten, hatten sich die Aktivist/inn/en schon Mitte vergangener Woche getroffen. Als Quartier und Ort für Proben diente ein naher Gasthof.

Ein Teil der „Lebenslaute“-Leute besuchte Montagmittag noch die örtliche Gedenkstätte für Zwangsarbeiterinnen. In Unterlüß gab es während der Nazi-Diktatur unter anderem ein „Arbeitserziehungslager“ der Gestapo, ein Außenlager des KZ Bergen-Belsen, ein Kriegsgefangenenlager und ein Lager für Säuglinge und Kleinkinder, deren Mütter Zwangsarbeit bei der damaligen Rheinmetall-Borsig AG leisten mussten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.