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Aktivist über den Einsatz gegen rechts„Wir wollen nicht ins Exil gehen“

Das Bündnis „Wann wenn nicht jetzt“ startet eine Tour durch den Osten. Es will die Wende von links, sagt Mitorganisator René Hahn.

Die Marktplatztour im Osten will dazu inspirieren, gemeinsam anzupacken. Ohne die AfD Foto: dpa
Katharina Schipkowski
Interview von Katharina Schipkowski

taz: Herr Hahn, am 20. startet eine Marktplatztour durch Sachsen, Brandenburg und Thüringen unter dem Motto „Den Osten nicht den Rechten überlassen“. Was steht dahinter?

René Hahn: Wir wollen die Menschen vor Ort miteinander ins Gespräch bringen, Anwohner, Zugezogene, Geflüchtete oder auch die CDU. Wir alle tragen eine gesellschaftliche Verantwortung dafür, dass die AfD nicht weiter Zulauf bekommt oder gar an einer Regierung beteiligt wird. Dafür müssen wir auch Bildungsarbeit leisten und solidarisch miteinander sein. Es ist wichtig, jetzt gegenzusteuern und aus unserer Geschichte zu lernen, damit sich Verhältnisse wie in der 1930er Jahren nicht wiederholen.

Wie soll das aussehen?

In Zwickau wird es zum Beispiel ein Streetsoccer-Turnier geben, einen Graffiti-Workshop, Lesungen zu den Themen „Hooligans und Gewalt“ und „Aufbruch im Osten“, Infostände von Initiativen aus der Nachbarschaft, Ausstellungen, Konzerte und außerdem einen Workshop, in dem wir uns mit der Frage beschäftigen: „Wie kann ein kreativer Umgang mit Leerstand aussehen?“

Die Tour wird auch von Gruppen wie der Interventio­nistischen Linken in Hamburg unterstützt. Kommt jetzt die Großstadt-Antifa und versucht, kurz vor den Landtagswahlen was zu reißen?

Es ist ein großes Projekt mit vielen Partnern. Deshalb kommen auch Leute aus Städten wie Leipzig, Hamburg und Berlin, um hier mit anzupacken, aufzubauen, mit zu organisieren. Sie kommen nicht einfach an, um sich einzumischen, sondern wir haben vieles im Vorfeld miteinander abgestimmt.

Trotzdem gucken jetzt kurz vor den Wahlen plötzlich alle in den Osten und kriegen einen Schreck angesichts der bevorstehenden Ergebnisse. Wie nehmen Sie das wahr?

Es ist wichtig, über die Wahlen hinaus dranzubleiben, das haben wir den Kooperationspartnern im Vorfeld vermittelt. Wir hoffen, dass langfristige Partnerschaften zwischen den Initiativen und Engagierten entstehen. Egal wie erschreckend die Wahl ausgehen wird – wir leben ja immer noch hier. Wir wollen auch nicht alle ins Exil gehen.

Es soll auch darum gehen, die Wende von links aufzuarbeiten. Was bedeutet das?

Nach der Wende hat ja die Treuhand viele Unternehmen abgewickelt und Betriebe geschlossen. Da muss man ins Gespräch kommen und sich anschauen, was das ausgelöst hat, welchen Frust, und was vielleicht den Nährboden für die AfD geliefert hat. Wir wollen den Menschen signalisieren, dass wir gemeinsam anpacken können. Sie müssen dafür nicht die AfD wählen.

Im Interview: René Hahn

38, ist Mitglied im Jugendverein Roter Baum Zwickau und Mitorganisator der „Wann wenn nicht jetzt“-Kampagne. Außerdem sitzt er seit 10 Jahren für die Linke im Stadtrat.

Welche Antworten können Sie anbieten, die die Parteien links von der AfD offenbar nicht haben?

Gemeinsam Projekte zu starten, ist sicherlich besser, als in Depressionen zu verfallen oder sich zu verkriechen. Fridays for Future sind auch ein gutes Beispiel: Den jungen Menschen wurde immer vorgehalten, unpolitisch zu sein, und sie wurden von den Politiker*innen nicht ernst genommen. Ihnen muss man Anknüpfungspunkte geben, ihre Kritik ernst nehmen und sie mit einbeziehen.

Im Vergleich zur vergangenen Landtagswahl im Jahr 2014 wird die AfD ihren Stimmenanteil am 1. September wahrscheinlich verdoppeln. Merken Sie im Alltag, wie die Stimmung sich verändert hat?

Als Jugendverein beobachten wir gesellschaftliche Prozesse natürlich, aber wir sind nicht permanent damit konfrontiert. Vielleicht liegt das aber auch an der eigenen Filterblase. Manchmal merkt man eine gewisse Verunsicherung, wie mit den Entwicklungen umgegangen werden soll.

#wannwennnichtjetzt

Auftakt der Tour durch Sachsen, Thüringen und Brandenburg:

20. Juli, 10 Uhr, Hauptmarkt Zwickau

Infos: wannwennnichtjetzt.org

Wie bereiten Sie sich auf die Zeit nach der Wahl vor?

Wir sitzen nicht da und bereiten uns darauf vor, wie es dann mit der AfD als stärkster Partei ist. Wir organisieren ja etliche Projekte selbst und stecken auch finanzielle Mittel selbst rein. Da sind wir erst mal abgesichert. Für größere Projekte müssen wir vielleicht kreativ werden, um Fördermittel und Genehmigungen zu bekommen. Vor allem sollten wir aber auch gelassen bleiben und weiter überzeugt unsere Werte und Projekte vertreten.

Wie ist die Marktplatztour finanziert?

Es gab unter anderem ein Crowdfunding. Nach den Ergebnissen der Kommunalwahlen hat man richtig gemerkt, dass die Spendenbereitschaft zugenommen hat. Aber man sieht ja auch bei der Seenotrettung, dass die Bereitschaft da ist. Wir sind optimistisch, dass es immer noch Leute gibt, die sagen: „Wir müssen genau in solchen Momenten zusammenstehen und geben, was wir haben – ob Geld, Zeit oder andere Mittel.“

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12 Kommentare

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  • Vielleicht wollen die Ostdeutschen nicht schon nach 30 Jahren wieder in einer DDR leben? Die Zwangsbereicherung durch Wirschaftsflüchtlinge ist den Bürgern im Sachsen ebenfalls nicht zu vermitteln. Demokratie bedeutet auch die Entscheidung der Wähler zu respektieren. Es ist auch dann noch Demokratie, wenn das Ergebnis nicht jedem gefällt.

  • Was ich irgendwie nie lese: der größte Verlust nach der Wende kann auch dieser sein: Das Wegfallen eines totalitären Staates, der für Ordnung gesorgt hat, wenn auch wirtschaftlich eher mittelprächtig. Wer nichts zu verbergen hatte, hatte ein geregeltes Auskommen. Die Bevölkerung war weitgehend homogen deutsch. Was, wenn ziemlich viele Menschen das zurück haben wollen? Das Angebot macht nur die AfD (was die wirtschaftlich Vorhaben, muss der kleine Mann ja nicht verstehen).



    Und solche Leute erreicht man nicht mit Marktplatzaktionen, wenn die IL dabei ist, schon gar nicht. "Zurückholen" von "Patrioten" ist Energieverschwendung. Stimmenanteile reduzieren durch Mobilisierung von Nichtwählern könnte gehen. Aber ob eine Truppe von Westg-Gutmenschen da erste Wahl ist? Dann auch noch aus dem linksextremen Hamburg (G20 und so).

    • @LeSti:

      "Die Bevölkerung war weitgehend homogen deutsch. Was, wenn ziemlich viele Menschen das zurück haben wollen? Das Angebot macht nur die AfD (was die wirtschaftlich Vorhaben, muss der kleine Mann ja nicht verstehen)."

      Schlagen Sie vor, dass auch andere Parteien sich den ethnischen Reinheitsfantasien anschliessen sollen?

    • @LeSti:

      "Wer nichts zu verbergen hatte, hatte ein geregeltes Auskommen." Homosexuelle, Oppositionelle, Menschenrechtler, kirchlich Engagierte... die Liste an Personen, die etwas "zu verbergen" hatten, ist lang!



      "Die Bevölkerung war weitgehend homogen deutsch." Und trotzdem hatte der Staat solche Angst vor dem homogenen deutschen Volk, dass er die Bürger dazu brachte, sich gegenseitig auszuspionieren.



      "Was, wenn ziemlich viele Menschen das zurück haben wollen?"



      Dann müssen diese Personen überwacht werden und falls sie eine Gefahr für die fdgo darstellen, mit rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden.

  • Eine Frage:



    gibt es für die Demonstration von #unteilbar durch Dresden am 24. August auch ein Sicherheitskonzept?



    Dresden ist die Hauptstadt des Rechtsradikalismus (alle Strömungen sind mit einer Geschäftsstelle und einem Verlag vertreten).



    Nach den zahlreichen Angriffen auf WGs dort, dem Überfall auf den Leipziger Stadtteil Connewitz, und den Abläufen in Chemnitz würde ich mit Gewalt auf Anreisende und Angriffen auf die Demo von rechtsradikaler Seite rechnen. und damit, dass die Polizei nichts tut.



    Ja, die Fortschrittlichen in Ostdeutschen brauchen dringend Unterstützung.



    Die Vorstellungen von einer fortschreitenden Machtergreifung der faschistischen Kräfte, Mitläufer und behördlichen Unterstützer werden durch #unteilbar-Aktivitäten herausgefordert.

  • Vorschlag zur Ungüte:



    Überlassen Sie die Umsiedlungsphantasien denen, die sie meinen.



    Und was die Kritik der „Jammerlappen“ angeht: was wollen Sie dem Lesenden vermitteln?



    Sollten nur die Menschen Kritik üben dürfen, die es am allerhärtesten trifft? Und das scheinen dann ja auch nicht jene zu sein, die Sie vorschlagen umzusiedeln!? Fühlen sie sich am härtesten getroffen?



    Sie geben ja allerhand handfeste Beispiele, wie anzupacken sei!



    Ne cherchez plus mon coeur.

    • @Hans-Georg Schimmel:

      @ Janus: siehe oben

  • Vorschlag zur Güte: Ein Migrationsprogramm aus Berlin in den ländlichen Osten starten. So kann man dafür sorgen das sich die Mehrheitsverhältnisse im Osten ändern und die Jammerlappen aus der Hauptstadt bekommen endlich was sie unbedingt wollen: bezahlbaren Wohnraum.

    • @Januß:

      Eine Aktion gegen den Rechtsruck als Mimimi von Jammerlappen zu diskreditieren. Hut ab. Manchmal geht es halt mit einem durch, nicht wahr?

      • @Hampelstielz:

        Nicht die Aktion gegen Rechts, sondern die Berliner, die sich über hohe Mieten beschweren. Etwas genauer lesen bitte. ;-)

        • @Januß:

          Sehr witzig, wirklich sehr witzig. Mit dieser Art von Ironie kannst du dich auf die nächste Montagsdemo stellen und viele neue Freunde finden. Vielleicht triffst du ja auch alte.



          Im Artikel geht es um den Rechtsruck und du verweist süffisant auf die quengeligen Jammerberliner, die man umsiedeln sollte. Gar nicht mein Humor.

    • @Januß:

      Der Markt wird's schon regeln...