Aktivist über Proteste in Belarus: „Kampf für Demokratie“

Vitali Alekssenok organisiert in Berlin eine Kundgebung. Ihn stimmt optimistisch, dass die Menschen in Belarus immer lauter gegen Lukaschenkos Regime protestieren.

Polizeikräfte tragen einen Mann weg

Festnahme eines Demonstranten in Minsk Foto: ap

taz am wochenende: Herr Alekssenok, für Samstag haben Sie in Berlin zu einer Demonstration gegen die Staatsführung in Belarus aufgerufen. Auch in anderen deutschen Städten finden am Wochenende ähnliche Veranstaltungen statt. Warum gerade jetzt?

Vitali Alekseenok: Am 9. August wählen die Belarussinnen ihren Präsidenten. Mit Sergei Tichanowski und Wiktor Babariko sitzen zwei der wichtigsten Gegenkandidaten von Alexander Lukaschenko in Haft. Am 14. Juli wird bekannt gegeben, wer bei der Wahl antreten darf. Die Gefahr besteht, dass Babariko wegen strafrechtlicher Vorwürfe von der Abstimmung ausgeschlossen wird. Darauf wollen wir aufmerksam machen.

Die Kundgebung findet vor dem Dokumentationszentrum Berliner Mauer statt. Warum gerade dort?

Der Ort symbolisiert Trennung und Unfreiheit, aber auch Demokratie. Und wir kämpfen für Demokratie in Belarus.

Derzeit gehen in Belarus viele Menschen auf die Straße. Was sind die Gründe dafür?

Empörung über die undemokratischen Maßnahmen während des Wahlkampes. Verzweiflung, die auch mit dem Handeln der Regierung während der Corona-Pandemie verbunden ist. Und Hoffnung auf positive Veränderungen. Viele fordern freie Wahlen, ja überhaupt grundsätzliche Veränderungen. Und sie sind wollen sich nicht mehr einschüchtern lassen.

Die Regierung geht noch härter als sonst gegen Oppositionelle und kritische Medien vor. Warum?

Die Macht spürt, dass das Volk aufgewacht und die Gegenbewegung stärker geworden ist. Auf diese Entwicklung glaubt sie nur so antworten zu können, wie sie das jetzt tut.

Wie beurteilen Sie den politischen Kurs des Westens gegenüber Belarus?

29, ist Belarusse und Absolvent des Konservatoriums in St. Petersburg. Er ist Dirigent und lebt in Deutschland.

Das Thema Belarus wird nur beleuchtet, nur wenn es Demonstrationen der Opposition oder Repressionen gibt. Sobald alles stagniert, herrscht wieder Stille. Das empört uns. Belarus ist ein Land in der Mitte Europas und muss sich demokratischen Grundwerten annähern. Das sollte der Westen der Regierung in Minsk viel klarer machen. Auch müsste die Zivilgesellschaft vielstärker als bisher Ansprechpartner sein. Das passiert noch zu wenig.

Auch nach der Präsidentenwahl 2010 gab es wegen Fälschungen große Proteste, die aber nach kurzer Zeit einschliefen. Besteht die Gefahr, dass sich das jetzt wiederholt?

Ich bin da optimistisch. Die jetzigen Aktionen sind auch eine Folge der Proteste von 2010. Die Menschen haben sich auf den Weg gemacht. Und das bleibt im Gedächtnis gespeichert, wird also nicht sterben, sondern bleiben. Auch wenn diese Wahl wieder nichts verändert. Lukaschenkos Zeit wird nicht unendlich sein.

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Mehr Geschichten über das Leben in Belarus: In der Kolumne „Notizen aus Belarus“ berichten Janka Belarus und Olga Deksnis über stürmische Zeiten – auf Deutsch und auf Russisch.

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