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Aktionstage Gerechtigkeit jetztZehn Tage lang Protest

Klima, Rassismus, Ungleichheit: Initiativen fordern Lösungen von der kommenden Bundesregierung. Dafür setzen sie auch auf Zivilen Ungehorsam.

Fridays for Future Schilder-Demo zu Pandemiezeiten – jetzt kommen wieder Menschen Foto: dpa

Berlin taz | Gerechtigkeit jetzt. Ihr lasst uns keine Wahl. Solidarisch geht anders. Es ist nicht so einfach, den Überblick zu behalten über die Akteure und Proteste, die ab Freitag in Berlin die Koalitionäre der mutmaßlich kommenden Bundesregierung unter Druck setzen wollen.

Aus Sicht der Sprecherin dieser Aktionstage, Ronja Weil, einst Pressesprecherin des Bündnisses Ende Gelände, sind die vielen Namen „ein Symptom neuer Bündnisarbeit“. Denn versucht werden soll etwas Besonderes: „Wir wollen verschiedene Gerechtigkeitsbewegungen miteinander verbinden.“ Dabei gehe es, so Weil, nicht nur um ein Zusammenkommen von Gruppen wie Fridays for Future mit Deutsche Wohnen & Co enteignen, sondern auch um ein Miteinander der Aktionsformen, von Demonstrationen und Aktionen des zivilen Ungehorsams.

„Gerechtigkeit jetzt“ heißt das neue Protestdach, unter dem sich 27 Akteure versammelt haben; Klimaschutzgruppen, antirassistische Initiativen und solche, die auf soziale Belange abzielen. „Die Krisen um Klima, Mietenwahnsinn oder Migration sind systemisch verursacht“, sagt Weil – man könnte also auch von einem neuen Antikapitalismusbündnis sprechen.

Die Kernbotschaft für die Protesttage: Die Parteien haben weder Ideen noch Ambitionen, die multiplen „Gerechtigkeitskrisen“ zu lösen. In einer Mitteilung kritisiert das Bündnis den fehlenden Plan der Ampel „für die Einhaltung der 1,5°-Grenze“, die Ablehnung einer stärkeren Besteuerung der Reichen, um Ungleichheit entgegenzuwirken, und fehlende Maßnahmen, um immer höhere Mieten zu begrenzen.

Klima – und mehr

Angekündigt ist ein zehntägiges Programm, das am Mittwoch und Donnerstag zunächst mit Aktionstrainings und -plena startet. Auf anreisende Ak­ti­vis­t:in­nen wartet das Klimacamp nahe dem Reichstag. Am Freitag soll der nächste große Klima­streik im Regierungsviertel stattfinden, zu dem FFF bundesweit nach Berlin mobilisiert.

Aktionen des zivilen Ungehorsams, etwa Blockaden, sollen parallel dazu starten und das ganze Wochenende andauern. Richten sollen sie sich laut Weil gegen „Orte der Politik oder der Zerstörung“. Der Claim für die konfrontativeren Teile des Protestes lautet „Ihr lasst uns keine Wahl“ – was zugleich ihre moralische und strategische Legitimität untermauern soll.

Für alle, die diesen Schritt nicht selbst gehen wollen, gibt es am Sonntag die Demonstration „Solidarisch geht anders“ eines gleichnamigen Bündnisses ganz ähnlicher Akteure, das sich schon im Frühjahr konstituierte, um die „soziale und ökologische Transformation“ einzufordern, aber bislang noch kaum Wahrnehmung erzeugte. Wie groß das alles wird, bleibt die spannende Frage: Tausende am Freitag, das scheint klar, aber auch danach wolle man stets „vierstellig“ sein, so Weil.

Unter dem Protestdach Platz gefunden haben auch noch eine Konferenz der Visionen nächste Woche und ein globaler Protesttag gegen Subventionen für fossile Industrien.

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4 Kommentare

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  • @AnetteThomas: es wird sicherlich nicht das letzte Mal sein, dass wir zusammen und ungehorsam in Berlin sein werden, leider.



    Spätestens im Frühjahr kannst du wieder dabei sein ;)

    • @Florian Henig:

      Das stimmt wohl.



      Trotzdem wünsche ich euch vor allem jetzt in den nächsten Tagen Gehör, Erfolg und gute gemeinsame Stunden.



      Trillert und Trötet ordentlich!

  • Es ist so spannend, das zu erleben!



    Schon immer wussten manche, dass etwas nicht stimmt. Aber man saß damit allein zuhaus oder in der WG-Küche, bestenfalls tobte man sich im StuPa oder maximal bei VerDi aus.



    Aber dass nun



    1. alle diese Menschen sich in Gruppen zusammengefunden haben, die sich



    2. vereinen, um



    3. während der Koalitionsverhandlungen laut und vernehmber zu agieren - damit endlich der Weg vom Einzelnen über das Gesamte dahin führt, wo Veränderung tatsächlich gemacht werden kann, und zwar über das Werfen von Pflastersteinen hinaus: Das ist einfach groß.



    Berlin mag ja kurz vorm Zusammenklappen sein, aber ich wünschte mir so sehr, ich wäre am Wochenende da und nicht hier im braven Stuttgart!

  • Annette Hauschild , Autor*in ,

    Sehr gut. Endlich!