Aktionsplan für Menschenrechte: Feilen an der Umfrage
Bei einer geplanten Befragung von Unternehmen möchte das Bundeskanzleramt positive Ergebnisse – und greift darum zu fragwürdigen Tricks.
Welchen Stellenwert die Menschenrechte in den ausländischen Zulieferfabriken bundesdeutscher Unternehmen haben, soll eine Befragung der Firmen zeigen. Bundeskanzleramt und Wirtschaftsministerium versuchen nun aber, die Methodik der Umfrage so zu beeinflussen, dass das Ergebnis positiver ausfällt. Dies belegt der Zwischenberichtsentwurf zum sogenannten Monitoring für den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte, der der taz vorliegt.
Im Aktionsplan ist festgelegt, dass mindestens die Hälfte großer deutscher Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten bestimmte menschenrechtliche Sorgfaltspflichten erfüllen müssen (taz berichtete). Sie sollen beispielsweise ermitteln, ob die sozialen Rechte der Arbeitnehmer*innen bei ihren Zulieferern in Kambodscha oder Bangladesch gewährleistet sind. Dabei geht es unter anderem um erträgliche Bezahlung und Arbeitszeiten. Außerdem brauchen die Firmen ein funktionierendes Verfahren, damit sich Arbeiter*innen beschweren können.
Damit die Umfrage als repräsentativ gilt, müssen von rund 7.100 großen deutschen Unternehmen etwa 400 teilnehmen. Für den Fall, dass von diesen nicht mindestens die Hälfte die Sorgfaltspflichten erfüllt, droht die Bundesregierung mit einem Gesetz. Das Entwicklungsministerium hat bereits einen Entwurf erarbeitet. Bundeskanzleramt und Wirtschaftsministerium legen jedoch offenbar Wert darauf, dass das Ergebnis gut ausfällt und kein Gesetz nötig ist.
Im Entwurf des bislang unveröffentlichten Zwischenberichts will das Kanzleramt deshalb einige Änderungen vornehmen. Firmen, die die Kriterien knapp verpassen, sollen demnach als „Grenzfälle“ und „Erfüller“ gewertet werden können. Und Unternehmen, die den Online-Fragebogen nicht komplett bearbeiten, sollen statt „nicht erfüllt“ die Einstufung „nicht geantwortet“ erhalten.
Damit würden sie beim Ergebnis nicht berücksichtigt – und die Chance stiege, dass mehr als 50 Prozent der Firmen gut abschneiden. Die Ministerien für Entwicklung, Arbeit, Umwelt und Justiz lehnen die Änderungen nach Informationen der taz ab. Augenblicklich könne man keine Auskünfte geben, sagte ein Regierungssprecher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel