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Akademikerfeindlichkeit in Trumps USAWiderstand als einzige Chance

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

US-Präsident Trump erpresst die Columbia-Universität und greift die Welt der akademischen Freiheit an. Es ist schwierig, darauf angemessen zu reagieren.

Die Universität sollte sich nicht einschüchtern lassen: Pro-Palästinensisches Protestcamp auf dem Campus der Columbia Universität Foto: Yuki Iwamura/ap

A llen Autokraten oder solchen, die es werden wollen, sind Universitäten mit voller akademischer Freiheit ein Dorn im Auge. Wer, wie Donald Trump, keinerlei Widerspruch erdulden kann, dem ist das Ambiente eines von Erkenntnissuche und Debatte geleiteten Universitätscampus ein absolutes Gräuel. Der Crackdown der Trump-Regierung gegen Wissenschaft und Forschung in den USA geht insofern viel weiter, als dass es sich lediglich um eine konservative Abneigung gegen Gender Studies, Race Studies, Klimaforschung und tatsächlichen oder vermeintlichen Antisemitismus handeln würde.

Der erpresserische Ultimatumsbrief, den die Regierung der Universitätsleitung der New Yorker Columbia University zukommen ließ, hat von Tonfall und Inhalt erkennbar nichts damit zu tun, irgendwelche tatsächlichen Probleme in den Griff zu bekommen. Ähnlich wie beim berüchtigten Treffen mit Ukraines Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus geht es um Unterwerfung und Demütigung.

Genau das macht es für die Universitätsleitung so unglaublich schwierig, darauf zu antworten. Aus einer akademischen – und demokratischen – Ethik heraus muss sie jede einzelne der neun Forderungen ablehnen. Dann bleiben die 400 Millionen Dollar Bundesmittel gestrichen, Personalkürzungen folgen – und Trumps MAGA-Meute wird dennoch nicht aufhören, auch noch die letzten Widerstandsnester auf dem Campus ausräuchern zu wollen.

Gibt sie aber klein bei und sagt zu, die Forderungen zu erfüllen, wird sie mit zum Totengräber akademischer Freiheit. Ein solcher Erfolg würde Trumps Speichellecker erst recht dazu bringen, auch alle anderen Universitäten auf Linie bringen zu wollen.

Im Prinzip sind alle Rechte, die Trumps autoritäre Wahnvorstellungen gerade von der Macht her angreifen, aus der Verfassung abzuleiten. Nur entsteht in den USA gerade nicht das Gefühl, sich auf ein funktionierendes Justizwesen verlassen zu können, das die Regierung in die Schranken weist. Der Widerstand muss schon vom Campus kommen, vom ganzen Campus. Business as usual geht jedenfalls gar nicht.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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4 Kommentare

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  • Brain-Drain transatlantisch möglich und in vielen Fächern hilfreich und willkommen.

    www.spiegel.de/wis...-900d-b4776c816505

  • Das ist halt das Dilemma, wenn's in Richtung Faschismus geht:



    Mache ich mit, oder leiste ich Widerstand?

    Schon vor dem Ermächtigungsgesetz, als Hitler demokratisch halbwegs korrekt zum Reichskanzler ernannt wurde, haben deutsche Universitäten ihre jüdischen Professoren geschasst, um sich für die neuen Machtverhältnisse gut zu positionieren.

    Opportunismus macht Individuen (und Organisationen) das tägliche Leben leichter, auf lange Sicht kann das aber durchaus kontraproduktiv sein.

  • Wird Trump " Widerstand vom ganzen Campus" interessieren?

    Er wird einfach die Mittel streichen und das war's, oder?

    Mit 400 Millionen Dollar kann er sich anderswo Beliebtheit erkaufen.

  • Erpressung, Gängelung, Hetze, Diskriminierung, Drohung.



    Es ist die Phase der Machtübernahme eines Mafiaclans, der Stärke beweisen muss, bevor die Selbstbereicherung in den Vordergrund rückt.



    Anderes, was dazugehört:



    www.theguardian.co...trump-funding-cuts