Afghanistan-Konferenz in China: Pekings Vorstoß Richtung Kabul
Peking will beim Thema Afghanistan diplomatische Initiative übernehmen. Dabei geht es um gute Beziehungen, aber auch um den Zugang zu Rohstoffen.
In der Stadt Tunxi in der zwischen Shanghai und Wuhan gelegenen Provinz Anhui traf der Außenminister Chinas, Wang Yi, am Mittwoch zunächst die Außenminister von Pakistan und den afghanischen Taliban. Dabei regte Wang an, dass die drei Länder ihren „trilateralen Kooperationsmechanismus“ wiederbeleben sollten, der während der Gespräche zwischen Washington und den Taliban 2020/21 ins Stocken geraten war.
Nach Pekings Vorstellung geht es um drei Themen: Erstens sollen „vertrauensvolle Beziehungen“ vor allem zwischen Pakistan und Afghanistan wiederhergestellt werden, die unter der vorherigen US-gestützten Regierung in Kabul wegen Islamabads Unterstützung für die Taliban gelitten hatten.
Zweitens bot Peking an, Afghanistan an den chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridor anzuschließen, der Teil von Pekings eurasischer Road-and-Belt-Strategie ist. Nach dem Ende des Krieges in Afghanistan könnte es dort erstmals seit fast 45 Jahren hinreichend sicher sein, Rohstoffe zu erschließen.
China hatte sich bereits 2008 in Kabul Konzessionen zur Ausbeutung der Kupfervorkommen von Ainak bei Kabul gesichert, mit die größten der Erde, sowie für kleinere Öl- und Gasfelder, konnte aber kriegsbedingt nicht einmal eine grundlegende Infrastruktur entwickeln. Taliban-Bergbauminister Schahabuddin Dilawar, der ebenfalls in Tunxi ist, hatte zwar jüngst verkündet, ihm wären „erfahrenere US-Unternehmen“ lieber, aber dem stehen Washingtons Sanktionen gegen die Taliban entgegen.
Drittens geht es um Sicherheitskooperation und gemeinsame Terrorismusbekämpfung. Das betrifft vor allem den „Islamischen Staat“, der in Afghanistan und Pakistan aktiv ist und die Rohstoffprojekte gefährden könnte.
„Strategische Partnerschaft“ zwischen China und Russland
Das Dreiertreffen bildete den Auftakt für die dritte Auflage ebenfalls von Peking initiierter „Außenministertreffen der Nachbarstaaten Afghanistans“, an denen neben China, Pakistan und Afghanistan auch Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan sowie Iran teilnehmen. Die Außenminister Katars und Indonesiens waren als Gäste geladen. Beide Länder unterstützen Afghanistan humanitär und waren zentral in frühere Friedensbemühungen eingebunden. Die Außenminister der Länder sprachen sich dafür aus, dass „die von den USA geführten westlichen Länder das Eigentum des afghanischen Volkes zurückgeben“. Ein Großteil der in den USA liegenden afghanischen Staatsgelder ist noch eingefroren.
Zunächst aber hatte Außenminister Wang am Mittwoch in Tunxi seinen russischen Amtskollegen Sergei Lawrow empfangen, um ihre „strategische Partnerschaft“ sowie die außenpolitische Kooperation zu festigen. Moskau nutzte die Treffen für weitere antiwestliche Nadelstiche. Zum einen verkündete Lawrow, Russland habe jetzt einen an die Botschaft in Moskau entsandten Talibandiplomaten akkreditiert. Das untergräbt den bisherigen internationalen Konsens, die Talibanregierung nicht anzuerkennen.
Zum anderen zitierten russische Medien Lawrow, dass für Russland „die Präsenz jeglicher US- und Nato-Infrastruktur in Afghanistans Nachbarländern inakzeptabel“ sei – ein Signal an die mittelasiatischen Republiken, die dies während des Afghanistankriegs zeitweise erlaubt hatten. Weder Wang noch Lawrow äußerten sich zu den Menschenrechtsverletzungen und dem Bildungsverbot der Taliban für ältere Mädchen.
Die Tunxi-Treffen überschatteten am Donnerstag eine online veranstaltete UNO-Geberkonferenz für Afghanistan, bei der es um ein 4,4-Milliarden-Dollarpaket zur Unterstützung des Bildungs- und Gesundheitssystem gehen sollte. Nach der Taliban-Entscheidung, entgegen früheren Versprechungen höhere Mädchenschulen nicht wieder zu eröffnen, dürfte die Bereitschaft vieler Geberländer gesunken sein, dazu beizutragen. Die Weltbank stoppte ein dafür vorgesehenes 600-Millionen-Teilpaket. Wie viel Geld die UNO akquirieren konnte, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.
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