Affäre um Bamf-Außenstelle in Bremen: Ex-Leiterin bittet Seehofer um Hilfe
Josefa Schmid gilt als Zeugin gegen ihre Vorgängerin, die unrechtmäßig Asyl gewährt haben soll. Sie kämpft vor Gericht gegen ihre Versetzung von Bremen nach Bayern.
Seehofer hatte der Bamf-Zentrale in Nürnberg am 6. April erstmals als Bundesinnenminister einen Besuch abgestattet. Er hatte damals erklärt, das Bundesamt habe eine „Schlüsselfunktion“ bei der Bewältigung der Migrationsfragen und leiste dabei eine „hervorragende“ Arbeit.
Schmids Kontaktversuche reichen aber noch weiter zurück. „Schon seit dem 01.03.2018“ habe sie sich „hilfesuchend“ an Seehofer gewandt, schreibt Schmid in einem auf den 13. Mai datierten Brief an den Minister. Das Schreiben vom Mai liegt der dpa, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und den „Nürnberger Nachrichten“ vor, das Innenministerium bestätigt den Eingang. Schmid schreibt darin, „bereits seit Anfang März“ habe sie sich an das Vorzimmerbüro Seehofers in der Münchener Staatskanzlei gewandt. Zu diesem Zeitpunkt war Seehofer noch bayerischer Ministerpräsident, war aber schon als Kandidat für den Innenminister-Posten in Berlin bekannt.
Schmid nannte die Vorgänge in Bremen dem Schreiben zufolge gegenüber Seehofers Mitarbeitern den „größten Flüchtlingsskandal der Republik“, den sie Seehofer persönlich schildern wollte.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schmids Vorgängerin, weil diese mindestens 1.200 Menschen unrechtmäßig Asyl gewährt haben soll. In die Affäre sollen fünf weitere Beschuldigte verstrickt sein, darunter Anwälte und ein Dolmetscher.
Eilantrag gegen Versetzung
Schmid kämpft derweil immer noch vor Gericht gegen ihre Versetzung. Beim Bremer Oberverwaltungsgericht legte sie Beschwerde ein. Sie habe angekündigt, im Laufe der Woche eine Begründung abzugeben, sagte Gerichtssprecher Friedemann Traub am Montag. Die Bamf-Zentrale hatte Schmid in ihre frühere Dienststelle im bayerischen Deggendorf zurückbeordert – nur einen Tag, nachdem der interne Bericht an Mayer bekanntgeworden war, in dem sie schwere Vorwürfe gegen die Bamf-Leitung erhoben hatte.
Mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht wehrte sich Schmid vergeblich gegen die Versetzung. Nun setzt sie auf die nächste Instanz. Sobald ihre Begründung vorliege, werde das Bamf zu einer Stellungnahme aufgefordert, sagte Traub.
Die Staatsanwaltschaft versiegelte das Büro von Schmid in Bremen, um dort Beweise sicherstellen zu können. Dies sei vorsichtshalber geschehen, damit niemand etwas entferne, sagte Sprecher Frank Passade. Schmid selber gilt als Zeugin. Die Staatsanwaltschaft will sie im Laufe der Ermittlungen vernehmen. Aus dem Bundesinnenministerium hieß es: „Für das BMI hat die Aufklärung des Sachverhaltes hohe Priorität. Dabei werden die Erkenntnisse der ehemaligen interimsweise eingesetzten Leiterin der Außenstelle Bremen selbstverständlich einfließen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch