AfD im Landtag von Baden-Württemberg: Alternative gegen Alternative
Die AfD im Stuttgarter Landtag hat einen Antisemiten in ihren Reihen. Aber auch die anderen sind nicht gerade harmlos. Die AfDler im taz-Check.
Fraktion „Alternative für Baden-Württemberg“
Jörg Meuthen, geboren 1961, Bundessprecher, ehemaliger Hochschullehrer, liberales Feigenblatt
Rechtsaußenfaktor: Verteidigt Björn Höcke und tritt beim Kyffhäusertreffen auf. Kungelt mit Höcke und Gauland gegen Petry.
Verschwörungsgrad: Gering, der Mann weiß, was er da tut.
Genderphobiefaktor: Meuthen lehnt die gleichberechtigte Homo-Ehe ab.
***
Anton Baron, geboren 1987, Wirtschaftsingenieur
Rechtsaußenfaktor: Nahm nach Angaben des Blogspots „keinealternative“ 2015 an einer rassistischen Demonstration in Öhringen teil.
Genderphobie: Findet, Frauen seien selbst daran schuld, dass sie weniger verdienen.
Fiesester Satz: „Wenn Frauen Arzthelferinnnen werden wollen, sind sie sich über ihre Verdienstaussichten im Klaren.“
***
Heinrich Fiechtner, geboren 1960, Onkologe
Rechtsaußenfaktor: Ruft im Landtag den anderen Fraktionen entgegen: „Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Antisemitismus.“
Verschwörungsgrad: Hält die „heilige Inquisition [für] ein Muster an klarem Denken und Beweisführung“.
Genderphobie: Mehrfach Teilnehmer der homophoben „Demo für alle“. Lehnt öffentliche Kitas ab.
Fiesester Satz: Hat den Koran mit „Mein Kampf“ verglichen und den Stuttgarter Oberbürgermeister einen „miesen, faschistoid-populistischen Scharfmacher“ genannt.
***
Rainer Balzer, geboren 1959, Fraktionsvorstand, promovierter Maschinenbauer
Rechtsaußenfaktor: Schrieb in einem Leserbrief zu Pegida, der Karlsruher OB Frank Mentrup (SPD) verunglimpfe bürgerliche Demonstranten als Rechtsextreme.
Fiesester Satz: „Katrin Göring-Eckardt MdB beleidigt die Heimatvertriebenen! Sie stellt die Asylanten den Heimatvertriebenen gleich!“
***
Stefan Herre, geboren 1992, Berater
Rechtsaußenfaktor: Ist der Meinung, Gedeons Sätze müssten in Ruhe geprüft werden.
Genderphobie: Liked auf Facebook die homophobe „Demo für alle“.
***
Daniel Rottmann, geboren 1969, Theologe und Buchhändler
Verschwörungsgrad: Hoch. Religiös motiviert.
Genderphobie: Behauptet mit dem Bildungsplan von Grün-Rot solle der „Unterschied zwischen Mann und Frau negiert werden“. Zählt zu den Unterzeichnern der Marburger Erklärung gegen den angeblichen Totalitarismus der Lesben- und Schwulenverbände.
Fiesester Satz: Teilte bei Facebook ein Bild der Geschwister Scholl mit dem Kommentar: „Damals wie heute lief in Deutschland etwas aus dem Ruder, lasst uns gemeinsam dagegen antreten.“
***
Lars Patrick Berg, geboren 1966, Offizier der Reserve, Expressesprecher von Lucke
Rechtsaußenfaktor: Keiner. Berg hat von Anfang an den Ausschluss Gedeons aus der Fraktion unterstützt.
Fiesester Satz: Berg hat im Landtag immerhin Vertrauen in den Verfassungsschutz geäußert. Er glaubt offenbar, man könne in der AfD Sachpolitik betreiben.
***
Claudia Martin, 1970, Erzieherin
Rechtsaußenfaktor: Für AfD-Verhältnisse mäßig: Teilt eifrig Artikel der Jungen Freiheit.
Genderphobie: Mitglied der Facebook-Gruppe „AfD gegen Gendermainstreaming“
Schlimmster Satz: Redet nicht.
***
Udo Stein, geboren 1983, Einzelhandelskaufmann
Rechtsaußenfaktor: Teilt FPÖ-Videos zum Treffen mit Marine Le Pen. Mag die rechtsidentitäre Band „Vermächtnis“ (Album: „Vaterländische Poesie“).
Verschwörungsgrad: Fan der Verschwörungstheoretikerband „Bandbreite“.
Genderphobie: Mitglied bei „AfD gegen Gendermainstreaming“.
Fiesester Satz: Zur Landtagsdebatte über Gedeon: „Hier ist das Urteil schon gesprochen. Das ist schlimmer als in der Nazizeit.“ Hat sich später dafür entschuldigt.
***
Thomas Palka, geboren 1954, pensionierter Techniker
Rechtsaußenfaktor: Beschreibt politische Gegner als „linke Bakterien“ und beruft sich auf Webseiten, die die NPD unterstützen.
Verschwörungsgrad: Teilt auf Facebook „Russia today“-Seiten, die die ARD-Doping-Recherchen für Westpropaganda halten.
Fiesester Satz: „Echt Grüne, entweder drogensüchtig, schwul, lesbisch, Kommunisten oder beschränkt. Es wird Zeit, dass solche Leute wegkommen.“
***
Carola Wolle, geboren 1963, Diplomkauffrau
Verschwörungsgrad: Behauptet, dass Windräder in Naturschutzgebieten gebaut würden.
Fiesester Satz: „Frühkindliche Masturbation mittels Doktorspielen soll [laut Bildungsplan] vermittelt werden.“
***
Rainer Podeswa, geboren 1957, Manager in der Automobilzulieferindustrie
Rechtsaußenfaktor: Nennt Flüchtlinge „Analphabeten aus Steinzeitkulturen“. Behauptet, dass in Heilbronn Vergewaltigungen durch „nordafrikanische Männer „dramatisch“ zugenommen haben.
Verschwörungsgrad: Glaubt, dass „Frauen mit Privilegien, Förderprogrammen und Sonderrechten zulasten von Männern ausgestattet werden“.
Genderphobie: „Die Gender-Ideologie ist der geistige Ausfluss von Spinnern mit einem kommunistischen Heile-Welt-Bild.“
Fiesester Satz: Suchen sie sich einen der oberen aus.
***
Heinrich Kuhn, geboren 1940, Arzt und Alterspräsident
Rechtsaußenfaktor: Gering. Schreibt Leserbriefe in der Jungen Freiheit.
Verschwörungsgrad: Glaubt, dass der Klimawandel die Erfindung einer amerikanischen Werbeagentur ist.
Fiesester Satz: Seine Rede als Alterspräsident war totlangweilig.
***
Klaus-Günther Voigtmann, geboren 1945, pensionierter Unternehmensberater
Rechtsaußenfaktor: Keiner. War früher mal in der SPD. Wollte wohl einfach ein Mandat.
Verschwörungsgrad: War schon 2013 Bundestagskandidat der AfD.
*****
Fraktion „Alternative für Deutschland“
Bernd Gögel, geboren 1955, Spediteur
Rechtsaußenfaktor: Will die Grenzen schließen. Unterzeichner der Erfurter Resolution.
Fiesester Satz: „Heute marschiert zwar nicht mehr die SA, aber dafür die komplette gleichgeschaltete Presse im ideologischen kriegstreiberischen Gleichschritt.“
***
Bernd Grimmer, geboren 1950, Fraktionsgeschäftsführer und Direktkandidat, Volkswirt
Rechtsaußenfaktor: War Mitglied der Grünen, davor aber bei der rechtsnationalen „Aktionsgemeinschaft unabhängiger Deutscher“. Unterzeichner von Höckes Erfurter Resolution.
***
Hans Peter Stauch, geboren 1957, Servicetechniker
Rechtsaußenfaktor: Unbeschriebenes Blatt.
Verschwörungsgrad: Will Verbot „aller religiösen Aktivitäten aus dem Ausland“.
Fiesester Satz: „Wofür ich mich politisch einsetzen will, weiß ich noch nicht.“
***
Christina Baum, geboren 1956, stellvertretende Landesvorsitzende, Zahnärztin
Rechtsaußenfaktor: Hält die Wahl von Muhterem Aras (Grüne) zur Parlamentspräsidententin für ein Zeichen der Islamisierung des Abendlandes.
Verschwörungsgrad: Sagt, die anderen Parteien wollten Pädophilie straffrei stellen.
Genderphobie: Behauptet, Kinder würden in Kitas zu homosexuellen Handlungen motiviert.
Fiesester Satz: Erklärt, die Grünen missbrauchten das Asylrecht, „um einen schleichenden Genozid der deutschen Bevölkerung hervorzurufen.“
***
Emil Sänze, geboren 1950, Rentner
Rechtsaußenfaktor: Gering. Von Pegida hält er nichts, deren Sprache gefalle ihm nicht.
***
Stefan Räpple, geboren 1981, Hypnotiseur
Rechtsaußenfaktor: Soll mal bei der Identitären Bewegung gewesen sein und diese „Jugendorganisation der AfD“ genannt haben (bestreitet er). Facebook-Mitglied der „Bürgerwehr Ortenau“.
Verschwörungsgrad: Wollte Wahlbeobachter bei der Landtagswahl.
Genderphobie: Beklagt den „Geburtenrückgang durch Feminismus und eine damit verbundene Rentenkatastrophe“.
Fiesester Satz: „Wir leben nur in einer halben Demokratie.“
***
Rüdiger Klos, geboren 1960, Unternehmensberater, Direktkandidat
Rechtsaußenfaktor: Unterzeichner der Erfurter Resolution.
Verschwörungsgrad: Parteisprecher, verweigert aber Interviews.
Genderphobie: Will weniger Geld für „Genderwahn“ und mehr für innere Sicherheit.
Fiesester Satz: Keiner. Redet ja nicht.
***
Heiner Merz, geboren 1963, Dozent
Verschwörungsgrad: Kritisierte den Bildungsplan wegen angeblicher sexueller Inhalte.
Fiesester Satz: „Statt einer Überbetonung des Sexuellen soll die Zeit lieber für ordentlichen Matheunterricht genutzt werden.“
*****
Fraktionslos
Wolfgang Gedeon, geboren 1947, Arzt im Ruhestand
Rechtsaußenfaktor: Ein Antisemit, der keiner sein will. Nennt Holocaustleugner „Dissidenten“. Hätte gern mehr Heldendenkmäler als Gedenksteine.
Verschwörungsgrad: Hält die Authentizität der „Protokolle der Weisen von Zion“ für plausibel.
Genderphobie: Warnt vor „Homosexualismus“.
Fiesester Satz: „Wie der Islam der äußere Feind, so waren die talmudischen Ghetto-Juden der innere Feind des christlichen Abendlandes.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“